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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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der Abbé Cabassus nicht daran glaubte, hatten die Inquisitoren ihn vor unseren Fenstern zu Montpellier verbrannt. Die Henker hatten das Lager gewechselt, aber der Wahnwitz war der gleiche.
    Einer so nachdenklich und bedrückt wie der andere, kehrten wir zu den Arkebusieren im südlichen Querschiff zurück.
    »Moussu«, sagte Pissebœuf, als er mich erkannte, »ein Bote von Monsieur Péricard sucht Euch im Kreuzgang, weil ich Euch dorthin gehen sah. Aber, keine Bange, wenn er Euch nicht findet, wird er wohl wiederkommen.«
    Ich lehnte mich unweit von ihnen an einen Pfeiler, schloß die Augen und betete still, Gott möge mir meinen nicht geringen Anteil an der Ermordung Bahuets vergeben, welche das Wohl des Reiches mir leider auferlegt hatte. Nach beendetem Gebet drang an mein Ohr, wie Pissebœuf und Poussevent sich mit leiser Stimme auf okzitanisch über die Grablegung Christi unterhielten, wobei meine beiden guten Hugenotten sich als ebenso lüstern erwiesen wie der erstbeste Papist. Denn nicht für die gesamte Gruppe um den Gekreuzigten interessierten sich Pissebœuf und Poussevent, sondern nur für die Frauen, deren leiblicher Hülle es nicht an Eleganz und Anmut gebrach, soweit der Künstler sie mit seinem Meißel aus dem Marmor herausgearbeitet hatte.
    »Und wer ist die da«, fragte Poussevent, »die rechts neben Maria, mit den vielen Reifen am Arm?«
    »Das müßte Elisabeth sein«, sagte Pissebœuf, der sich als ehemaliger Kirchendiener etwas auf sein geistliches Wissen zugute hielt.
    »Und wer ist Elisabeth?«
    »Die Muhme von Maria.«
    »Schön ist sie«, sagte Poussevent, »aber zu ernst.«
    »Soll sie bei dem Anblick vielleicht lachen?«
    »Trotzdem! Besser gefällt mir die Gevatterin rechts von Maria, die mit den Brüsten wie Melonen und mit dem dicken runden Bauch.«
    »Das muß Anna sein, die Mutter von Maria.«
    »Ihre Mutter!« sagte Poussevent, der nun doch einmal an Pissebœufs Unfehlbarkeit zweifelte. »Ihre Mutter, Mann! Siehst du das junge Gesicht?«
    »Heilige altern nicht«, sagte Pissebœuf mit Autorität. »Das ist eben das Gute an Heiligen. Hast du Maria jemals anders als jung und schön gesehen? Dabei muß sie beim Tod ihres Sohnes an die Fünfzig gewesen sein.«
    »Trotzdem!« meinte Poussevent. »Wenn das Anna sein soll, ist sie sehr frisch für ihr Alter. Aber die Hübsche, links davon, Cap de Diou! Ist das ein resches Weibsbild!«
    »Das muß nach der kleinen Schale, aus der sie Jesus mit Duftwasser besprengt, Maria-Magdalena sein, eine Hure!«
    »Eine Hure!« sagte Possevent. »Eine Hure, hier! Was müssen die Papisten ausschweifend sein, daß sie eine in ihren Tempel stellen, die ihren Arsch in Schenken feilbot! Und mit so tief ausgeschnittenem Mieder, daß du den halben Busen siehst!«
    Womit er Feuer schlug und bei hochgehaltener Flamme das Objekt seiner Entrüstung betrachtete, ja sich nicht enthalten konnte, mit wenngleich zögernder und zitternder Hand darüberzustreichen.
    »Pfoten weg, Poussevent!« sagte Pissebœuf, der meinen Blick auffing. »Wenn auch papistisch, aber ein Tempel ist ein Tempel, Mordiou 1 Dumme Gedanken hier sind Frevel.«
    »Und erst recht, bei Gottes heiligem Namen zu fluchen, selbst auf okzitanisch!« sagte Monsieur de La Surie in einem Ton und fast sogar mit einer Stimme wie der selige Sauveterre, wenn er unsere Leute rüffelte.
    »Holla! Da kommt wer«, sagte Poussevent.
    Es war der Bote von Péricard, der mir ein Billett seines Herrn übergab und leise hinzusetzte, ich möge es gleich nach dem Lesen vernichten. Ich entfaltete es, mußte aber wiederum erst Feuer schlagen, um es zu entziffern.
     
    Herr Marquis,
    Monsieur de Mayenne ist kurz nach Eurem Fortgang mit hundertfünfzig Mann eingetroffen, die derzeit in unseren Mauern weilen. Jedoch wurde uns auch berichtet, daß Saint-Paul gestern, nachdem er Herrn von Guise auf dessen Forderung äußerst hochfahrend geantwortet hatte, all seinen auswärtigen Truppen, vornehmlich denen zu Mézières, wo er eine starke Zitadelle hat, den Marsch nach Reims befohlen hat. Er erwartet sie heute nachmittag, um die Reimser Bürger und Herrn von Guise unter Druck zu setzen.
    Herr von Guise ist folglich entschlossen, unverzüglich zu handeln. Und da Herr von Mayenne heute die Frühmesse im Kloster Saint-Pierre-les-Dames hören will, dessen Äbtissin, Madame Renée von Lothringen, seine Tante ist, wird der Herzog von Guise seine Forderung an Saint-Paul unmittelbar nach der Messe, auf dem Heimweg, erneuern. Ich bitte

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