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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sollte die Affäre ausgehen wie gedacht.
    Was mich anging, so drängelte ich mich frech bis in die erste Reihe von Guises Gefolge, wo Quéribus zwischen zwei mir wohlbekannten Edelleuten schritt: François d’Esparbès und dem Vicomte d’Aubeterre, welcher mich wegen meiner Kleidung jedoch nicht erkannte und sich indigniert umwandte, als er sich von einem Hauptmann angerempelt fühlte.
    »Donnerschock!« sagte er hochfahrend. »Was will der hier?«
    Doch Quéribus hakte ihn unter.
    »Ich kenne ihn«, flüsterte er. »Er ist, wo er sein soll.«
    Nun faßte d’Aubeterre mich aufmerksamer ins Auge, erkannte mich und schwieg. Worauf auch d’Esparbès mich musterte, erkannte und, sich umblickend, sah, daß Monsieur de La Surie nebst unseren Männern uns dicht auf dem Fuß folgten.
    »Wir sind wenige«, sagte er leise. »Wo ist Mayenne?«
    »Er ist im Kloster geblieben«, sagte Quéribus, »bei seiner Tante.«
    »Sieh einer an!« sagte d’Esparbès zwischen den Zähnen. »Der alte Fuchs hütet sich, bei dieser Affäre in Erscheinung zu treten.«
    Doch d’Aubeterre hieß ihn mit einem Blick schweigen, und d’Esparbès verstummte, so daß wir fast hören konnten, was die Herzöge vor uns sprachen, während sie in Richtung des Notre-Dame-Klosters schritten, neben welchem, wie gesagt, das Haus von Saint-Paul lag.
    Nach der Haltung der beiden Herren zu urteilen, verlief das Gespräch auf dem ganzen Weg durchaus freundschaftlich, der Herzog von Guise trieb sogar die Herablassung so weit, daß er Saint-Paul im Gehen vertraulich die linke Hand auf die Schulter legte. Nach dem freilich, was ich Péricard während der Messe zugeraunt hatte, begriff ich den Grund der liebreichen Berührung besser. Sofort sagte ich mir, daß sich, je nach dem ruhigen oder aufgebrachten Fortgang des Gesprächs, nun gleich zeigen werde, was Guise beschlossen hatte. Und so wunderte ich mich nicht, als die Stimmen der beiden Freunde jäh lauter wurden.
    »Mein Großer«, sagte der Herzog von Guise, »ich bitte dich, mach dem Volk die Freude, und laß die spanische Garnison vom Marstor abziehen.«
    »Gnädiger Herr«, sagte Saint-Paul unnachgiebig, »das kann und das wird nicht geschehen.«
    Ein Schweigen folgte, und man konnte glauben, Guise verdaue den Rüffel, ohne sich zu rühren, doch in Wahrheit, wie sich zeigen wird, speicherte er seinen Essig nur im Mundwinkel, um seinen Zorn frisch zu halten.
    »Mein Großer«, fuhr er nach einer Weile fort, ohne seinen freundlichen Ton aufzugeben, »vor allem hättest du die Garnison nicht verstärken dürfen, ohne mich zu fragen.«
    »Es war meine Pflicht«, versetzte Saint-Paul stur. »Ich war in Eurer Abwesenheit verantwortlich für die Sicherheit der Stadt.«
    Wieder Schweigen, und ich deutete mir Saint-Pauls Arroganz und Unbeugsamkeit so, daß er dachte, da Mayenne sich zurückhielt, anstatt die Forderung seines Neffen zu unterstützen, würde er in der Affäre neutral bleiben. Und diesen Rotzbengel von Neffen ohne Nase, der sich nie auf ein Schlachtfeld gewagt hatte, mußte er wohl ohnehin verachten. Saint-Paul dachte als Soldat. Sein Gefolge war dem des Prinzen allemal gewachsen, und was ihn selbst betraf, so konnte er sich, den Degen in der Hand, mit zehn kleinen Guises messen.
    »Bevor du es tatest«, fuhr der Herzog mit schärferer Stimme fort, »hättest du meine Order einholen müssen.«
    Wäre Saint-Paul so feinhörig gewesen, wie er eitel und stolz auf sich war, hätte er bei diesem neuen Ton die Ohren gespitzt. Doch abermals sah er in dem Herzog nur einen höfischen Laffen, der sich vor einem alten Soldaten aufplusterte. Dagegen half nur ein Mittel, nämlich besagten Rotzbengel beim Schopf zu packen und mit der Nase in die eigene Scheiße zu stuken. Was er unverzüglich tat.
    Er hielt inne und stellte sich mit geschwollenem Kamm und gereckten Schultern fest auf seine muskulösen Beine.
    »Ein Marschall von Frankreich hat nicht die Order eines Provinzgouverneurs einzuholen«, sagte er. »Es ist genau umgekehrt.«
    Und um seine Worte zu unterstreichen, legte er die Hand an den Degengriff, doch, so könnte ich schwören, ohne jede Absicht, zu ziehen. Aber allein die Andeutung der Geste genügte. Der kleine Herzog wich, weiß vor Wut, einen halben Klafter zurück. Mit unerhörter Schnelligkeit zog er blank, und mit ebenso wütendem wie präzisem Angriff durchbohrte er Saint-Paul unter der linken Brustwarze. Saint-Paul schluckte, schnappte mit bebenden Lippen nach Luft und fiel. Er war

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