Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
kam ihm der königliche Gnadenerlaß zugute, und seitdem betete er auf der Kanzel für Seine Majestät, ohne sich um die Aufhebung Seiner Exkommunikation zu bekümmern.
»Franz!« sagte ich, nachdem ich dem Besucher Platz geboten hatte, »bring dem Herrn Pfarrer Courtil einen Becher von unserem guten Cahors-Wein, damit Monsieur de La Surie und ich mit ihm anstoßen können.«
»Herr Marquis«, sagte Pfarrer Courtil, »das nehme ich gern an, aber um der Ehre des Anstoßens willen, denn Wein trinke ich wenig, außer zur Messe. Übrigens ist der hier sehr gut«, setzte er zungenschnalzend hinzu.
»Franz«, sagte ich, »laß zwei Flaschen ins Pfarrhaus von Saint-Germain-l’Auxerrois bringen.«
»Besten Dank, Herr Marquis«, sagte Courtil. »Es ist mir eine große Ehre.«
»Herr Pfarrer, Ihr wißt doch – Ihr könnt immer auf meine gute Gesinnung zählen!«
»Und auf die meine«, sagte Monsieur de La Surie und hob ebenfalls artig sein Glas.
»Herr Marquis, ich bin Euer Diener«, sagte Courtil. »Und auch der Eure, Herr Junker.«
Worauf er seinen Wein in einem Zuge austrank und, derweise gestärkt, auch gleich zum Angriff überging.
»Herr Marquis«, sagte er, »seit Ihr wieder im Champ Fleuri zu Hause seid, sah ich Euch wohl in der Messe, aber nie zur Beichte, und das bekümmert mich.«
»Herr Pfarrer«, sagte ich und warf Miroul einen Blick zu, »das kommt, weil ich immer nur zu Ostern beichte, und an Ostern war ich beim königlichen Heer zu Laon.«
»Herr Marquis«, fuhr Courtil nach einem Schweigen fort, während dessen er meine Antwort mit feiner Waage zu wägen schien, »darf ich in aller Offenheit fragen, ob es für Euer Ausbleiben nicht noch einen anderen Grund gibt?«
»Welchen zum Beispiel, Herr Pfarrer?« fragte ich, vorsichtig eine Pfote auf diesem Terrain vorstreckend, weil ich mich im stillen fragte, ob der gute Mann mich etwa auch wie meine hübsche Herzogin verdächtigte, noch nach Hering zu stinken.
»Zum Beispiel«, sagte Courtil, »daß Ihr bei jemand anderem beichtet?«
Ha! dachte ich, nach Miroul spähend, endlich verstehe ich, mein Gevatter! Und mir scheint, dein Braten wird gesalzen sein.
»Herr Pfarrer«, sagte ich ernst und wie in meine Tugend gehüllt, »vom Reisen einmal abgesehen, würde ich mich pflichtvergessen fühlen, wenn ich einem anderen als dem Pfarrer meines Sprengels beichten würde.«
»Mein Sohn!« rief Courtil, »mögen Gott und alle Heiligen Euch für dieses Gefühl segnen! Und wollte Gott, es würde von allem geteilt, was Hof und Stadt an Prominenz zählt. Leider ist dem nicht so. Und eben da drückt mich der Schuh. Denn tagtäglich sehe ich meinen Beichtstuhl von meinen höchsten Gemeindemitgliedern gemieden. Ich fürchte, trotz meiner Gebete zu Gott dem Allmächtigen, daß dies kein Ende nimmt und ich wahrhaftig damit rechnen muß, meine besten Pfarrkinder eins nach dem anderen zu verlieren, dermaßen greift diese Mode um sich – was sage ich – diese Wut, bei den Jesuiten zu beichten.«
Der gute Pfarrer sprach das Wort »Jesuiten«, als hätte er »Ketzer« gesagt. Es klang wie ein Peitschenhieb auf bloßem Fleisch.
»Aber, Herr Pfarrer«, sagte Miroul, um gleichfalls ein wenigwider den Stachel zu löcken, »obwohl auch ich wie Monsieur de Siorac meine, daß man nur seinem Pfarrer beichten soll, beliebt mir doch zu erklären, warum es so verdammenswürdig ist, einen anderen als seinen Pfarrer zum Beichtvater zu nehmen.«
»Weil der Schaden immens ist«, sagte Courtil feurig, »für den Pfarrer sowohl wie für den Penitenten.«
»Ich verstehe«, sagte Miroul, »wenn der Penitent nicht seinem Pfarrer beichtet, ist er gegen ihn auch weniger freigebig und wendet seine Großzügigkeiten, womöglich seine Legate, dem anderen zu, der sein Gewissen lenkt. Aber inwiefern erleidet der Penitent Einbußen?«
»Ach, Herr Junker«, sagte Courtil in schmerzlichem Ton, »die Einbußen sind unzweifelhaft! Wer seinen Sprengel verläßt, um andernorts zu beichten und zu kommunizieren, verläßt den Tempel von Jerusalem und opfert in den Bergen von Samaria.«
»Um Vergebung, Herr Pfarrer«, meinte Miroul, »mag Euer Vergleich auch Euer Wissen ehren, ist er doch eher biblisch als überzeugend. Warum sind die Sakramente, wenn sie nur von einem Priester erteilt werden, in den Bergen von Samaria weniger wert?«
»Weil man dort allein ist, Monsieur!« rief Courtil, beide Hände gen Himmel hebend. »Wenn dieses Sakrament ›Kom munion ‹ heißt, so doch gerade, weil man es in
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