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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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an diesem Vormittag sprechen würde, »geh hin, bei allen Teufeln, aber drück den Hut in die Stirn und hülle dich trotz der Julihitze in einen Mantel, denn jenes Haus wird von unseren spanienfreundlichen Jesuiten und ihren Freunden mit größtem Argwohn beobachtet, kocht in seiner Hexenküche doch eine Suppe, die sie aus Frankreich vertreiben könnte.«
    »Und was sagst du zum Suppenkessel?«
    »Antoine Arnauld? Ha, der! Wie die Jesuiten ganz Geschmeidigkeit sind, ist er das leibhaftige Gegenteil. Er ist Auvergnate! Aus jenem Basalt der Auvergne gehauen, mit dem man Straßen pflastert! Man mag hundert Jahre darauf treten und nutzt ihn doch nicht ab. Und was sein advokatisches Talent angeht, weißt du ja wohl Bescheid,
mi fili

    »Nein.«
    »Ein Vulkan, aber einer der alten Art. Er brodelt, geifert, speit Feuer, er hat die überquellende Beredsamkeit aus Lava und Glut! Arme Jesuiten!«
    »Und der Mann selbst?«
    »Er ist gerade vierunddreißig, aber welch ein unermüdlicher Arbeiter! Er spart, weiß Gott, nicht an Schweiß und Lampenöl, brütet über seinen Plädoyers bis Mitternacht und knapst sich noch Schlaf ab, um seine Frau zu schwängern, der er schon vierzehn Kinder gemacht hat.«
    »Und seine Tugend?«
    » Mi fili!
Verglichen mit ihm, erscheint eine Gerade krumm! Er steht in eherner Treue zu seiner Nation, zur gallikanischen Kirche, zum König und zu seiner Gesinnung.«
    »L’Etoile doch auch«, sagte ich, »und der alte De Thou, und, weiß Gott, ebenso auch ein großer Teil der Amtsbourgeoisie.«
    »Aber De Thou ist alt und gebrechlich«, sagte Fogacer mit seinem gewundenen Lächeln, »und L’Etoile bleibt auf Abstand zum Feuer, um sich den Schnurrbart nicht zu versengen. Arnauld hingegen scheut nicht Flamme nicht Frost. Empört über die königsmörderischen Predigten des Pfaffen Boucher und des Jesuiten Commolet während der Pariser Belagerung, verfaßte er ein niederschmetterndes Pamphlet gegen die ›Sechzehn‹, gegen den päpstlichen Legaten und den Herzog von Feria, und dieses Pamphlet betitelte er
Der Anti-Spanier.
Er zeichnete es nicht mit seinem Namen, aber sein Talent zeichnete es für ihn, und scharf von den ›Sechzehn‹ bespitzelt, die schon die Messer wetzten, ihn auszulöschen, flüchtete er, als Maurer verkleidet, aus Paris.«
    »Ha! Das gefällt mir!« sagte ich.
    »Wie soll es dir nicht gefallen«, sagte Fogacer, »bist du, mein Freund, doch selbst Verkleidungen zugetan.«
    »Nein«, sagte ich, »meine Bewunderung gilt diesem hohen Kampfesmut der Feder, den ich der Tapferkeit des Schwertes an die Seite stelle.«
    »Und gegenwärtig«, sagte Fogacer, »ersetzt dieser Kampfesmut sogar das Schwert, denn wie Jeanne d’Arc will unser Anti-Spanier die Fremden aus Frankreich verjagen!«
    »Eher unser Vercingetorix«, sagte La Surie, »weil er der Vulkanwelt entsprungen ist.«
    Ich lobte Miroul für diesen Beitrag, was ihn freute und darüber tröstete, daß er mich nicht zu Maître Arnauld begleitenkonnte, bei welchem ich pünktlich um zehn erschien und zuerst von seiner Frau Gemahlin empfangen wurde, die mich ebenso kräftig dünkte wie schön. Und Kraft hatte sie, weiß Gott, nötig, um vierzehn Kinder in die Welt zu setzen, eins nach dem anderen, denn nach ihrem Aussehen mochte sie knapp über Dreißig sein. Und, schöne Leserin, zur Stunde, da ich dies schreibe, am Beginn des neuen Jahrhunderts, höre ich, daß sie es sogar auf zwanzig gebracht hat. Zwanzig Kinder, sage ich, und die Mutter soll noch immmer gesund und kräftig sein, wie ich sie an jenem Tag im Juli 1594 sah. Woraus ich schließe, daß diese Pariserin an kräftiger und ausdauernder Konstitution ihrem auvergnatischen Ehemann nicht nachstand, zu dessen Kabinett sie mich sogleich führte, ohne daß sie selbst auch nur die Zehenspitze hineinzusetzen wagte, so als sei es das Allerheiligste.
    »Herr Marquis«, sagte Antoine Arnauld, indem er sich erhob, »ich bin Euer ergebenster Diener. Erlaubt nur, daß ich einen Satz noch beende, der mir an der Federspitze hängt und den ich verlieren könnte, wenn ich ihn nicht gleich aufs Papier banne.«
    »Aber bitte, bitte, ehrwürdiger Maître!« sagte ich, »seien wir doch nicht so zeremoniell, mein Périgord liegt Eurer Auvergne nicht so fern, als daß wir uns nicht als Landsleute fühlen dürften. Also, halten wir es ganz zwanglos miteinander, auf die alte französische Art.«
    »Herr Marquis«, sagte er, wieder Platz nehmend, »habt Dank für Eure Ehrbarkeit.«
    Und schon ging er

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