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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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weitreichenden Konsequenzen, wenn McCracken die Dinge in Zusammenhang bringt.«
    »Es sei denn, wir finden ihn, bevor ihm dies gelingt.«
    Dem Akademiker war seine angespannte Konzentration anzusehen. »Oder wir verwenden die Ergebnisse, die sein Eingreifen unvermeidlich mit sich bringen wird, gegen ihn.«
    »Wie das?« wunderte sich der bullige Mann.
    Der Akademiker erklärte es ihm.
    Für Wasili Konschenko, den russischen Botschafter in den Vereinigten Staaten, war das Essen im Hotel Mayflower ein tägliches Ritual, selbst am Sonnabend. Das Hotel war nur ein paar Ecken von der russischen Botschaft entfernt, und Konschenko genoß den Spaziergang, insbesondere im Frühling. Tatsächlich genoß er alles in Amerika, und das mehr denn je, seit die früheren Gegensätze der Vergangenheit angehörten. Er konnte sich frei in den Straßen bewegen, ohne sich darum kümmern zu müssen, ob er verfolgt oder beobachtet wurde. Seine Bewegungen wurden nicht mehr überwacht, weil es keinen Grund mehr gab, sie zu überwachen. Er hatte ein ausgelassenes Gefühl der Freiheit.
    Er bestellte die Putenkeule à la Mayflower, ohne sich die Mühe zu machen, in die Speisekarte zu sehen, und schlug dann die Samstagmorgenausgabe der New York Times auf, die er der Washington Post bei weitem vorzog. Er konnte sich kaum durch den ersten Artikel lesen, als ein Schatten neben ihm auftauchte. Da er annahm, daß der Kellner mit seinem Mineralwasser kam, sah er freundlich hoch.
    »Guten Tag, Genosse Konschenko«, begrüßte ihn Sergej Amorow.
    Amorow war der letzte Leiter der KGB-Niederlassung in Washington gewesen. Das Auseinanderbrechen der Sowjetunion hatte ihm nichts gelassen, zu dem er zurückkehren konnte. Daher war er in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten geblieben, die auch er zu lieben gelernt hatte. Wenn man von seiner Garderobe ausging, mußte Amorow in seinen Jahren als Leiter der KGB-Niederlassung ein ganz schönes Vermögen angehäuft haben. Heute trug er einen olivgrünen, maßgeschneiderten Anzug von Armani, der ihm vorzüglich paßte. Konschenko hatte ihn noch nie zweimal im gleichen Anzug gesehen.
    »Wir haben uns nichts zu sagen, Sergej Iwanowitsch«, fauchte der Botschafter ihn an und sah sich vorsichtig in dem Restaurant um, ob jemand ihr Zusammentreffen bemerkte. Zum Glück war Samstag, und das Restaurant war so gut wie verlassen.
    »Oh, ich glaube doch. Ich habe einen Cocktail bestellt. Er wird gleich gebracht.«
    »Lassen Sie ihn an einen anderen Tisch bringen.«
    Amorow runzelte die Stirn. »Wie soll ich Ihnen einen großen Gefallen tun, den ich Ihnen so gern tun möchte, Genosse?«
    »Nennen Sie mich bitte nicht so.«
    »Gewohnheit. Entschuldigen Sie bitte.«
    Konschenko fühlte sich unbehaglich, als Amorow sich neben ihm niederließ, nachdem er die Jacke seines dreiteiligen Anzugs aufgeknöpft hatte. Wieder suchten seine Blicke die anderen Tische ab. Er tat sein Mißfallen kund, indem er mit seinem Stuhl etwas von dem früheren KGB-Leiter abrückte.
    »So sollten Sie doch nicht einen Mann behandeln, der Sie zu einem Helden machen wird, Genosse – entschuldigen Sie bitte – Wasili Feodorow.«
    »Oder mich eher zum Ausgestoßenen machen könnte.«
    »Sie müssen lernen, nicht so hart zu urteilen.«
    Damit zog Amorow eine kleine Jiffytasche hervor und legte sie in Konschenkos Reichweite. Der Botschafter machte keine Anstalten, danach zu greifen.
    »Was ist das?« verlangte er zu wissen.
    »Noch eine von diesen alten Gewohnheiten, fürchte ich. Nur um die Zeit zu vertreiben, Sie verstehen.«
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Der größte Coup in meiner ganzen Karriere. Obwohl die Union aufgelöst ist, konnte ich es einfach nicht aufgeben.«
    »Was aufgeben?«
    Amorow rutschte mit seinem Stuhl näher, und diesmal machte Konschenko keinen weiteren Versuch, sich von ihm zu entfernen. »Ich habe es geschafft, eine Wanze ins Büro des Direktors der Central Intelligence Agency einzuschmuggeln.«
    »Was? Wie?« Konschenko hatte Mühe, seine Begeisterung zu unterdrücken. Alte Gewohnheiten weichen nicht so schnell, und das war etwas, was noch vor wenigen Jahren große Aufregung verursacht hätte.
    »Das Siegel der CIA hängt hinter seinem Schreibtisch. Als es vor ein paar Jahren zur Überholung herausgegeben wurde, ist es uns gelungen, eine Wanze einzubauen. Die Farbe, die wir verwendet haben, schützt sie davor, aufgespürt zu werden.«
    Konschenko schob sich unruhig hin und her. »Kommen Sie zur Sache!«
    »Nach meiner …

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