Der Tag Delphi
ein Versagen der Jordan. Sie hat versucht, eine Untergebene anzuwerben, statt die vorgeschriebene Handlungsweise zu befolgen. Wir haben diese Untergebene nun im Gewahrsam und müssen herausfinden, ob sie die Informationen, die sie besitzt, noch an andere Personen weitergeben konnte.«
»Darüber hinaus«, erklärte der Vorsitzende, »habe ich vorgeschlagen, unsere letzten Vorräte von Miravo wegzuschaffen.«
»Warum verschiffen wir das Material nicht einfach vor dem Zeitplan?« fragte JAPAN:
»Wir können nichts dergleichen versuchen, bis wir genau wissen, ob die Untergebene der Senatorin ihre Kenntnisse nicht doch weitergegeben hat. Ich versichere Ihnen, daß der Zeitplan der Operation dadurch nicht beeinträchtigt wird.«
»Es ist schwierig, solch eine Versicherung zu akzeptieren, solange Sie uns nicht über die Einzelheiten dieses Zeitplans aufgeklärt haben.«
»Dann werde ich dies jetzt nachholen«, erwiderte der unbekannte Vorsitzende. »Am Dienstag in einer Woche, am 26. April, wird der Präsident dem Kongreß seinen neuen Wirtschaftsplan erläutern. Zu diesem Zeitpunkt wird er vor den Augen der Öffentlichkeit mit dem Großteil jener Personen, die dieses Land regieren, ermordet werden.«
Der Vorsitzende wartete auf eine Reaktion. Als keine kam, fuhr er fort. »Das Militär wird gezwungen sein, gewisse Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung einzuleiten. Unsere Repräsentanten in der militärischen Führung werden dann die Verfassung außer Kraft setzen, damit eine außerordentliche Neuwahl des Präsidenten stattfinden kann. Und es wird nur einen würdigen Kandidaten geben, meine Herren, nur einen.«
Die Stimme des Vorsitzenden wurde wieder von Schweigen ersetzt, aber diesmal war es die Stille der Akzeptanz, der Ehrfurcht.
Und Zwangsläufigkeit.
Nach dem Ende der elektronischen Konferenz blieb Sam Jack Dodd hinter seinem Schreibtisch sitzen und betrachtete das Kommunikationssystem, das nach seinen genauen Anweisungen konstruiert worden war.
Der charismatische Milliardär, der Mann mit den Händen, unter deren Berührung alles zu Gold wurde und der das größte Kommunikations-Konglomerat der Welt beherrschte, war vor einem Jahrzehnt der Trilateralen Kommission beigetreten und schnell zu einem ihrer freimütigsten Unterstützer geworden. Aber noch schneller zu einem ihrer frustriertesten. Dodds erste Eindrücke hatten sich als genauso angenehm erwiesen wie seine späteren als frustrierend. Hier hatten sich die größten Köpfe der Nation zusammengetan, um die Marschrichtung der Weltpolitik festzulegen und sie zu einem würdigen und vereinten Ziel zu führen. Doch der Bereich ihrer greifbaren Erfolge war unendlich klein. Die Trilaterale Kommission war nicht imstande, schnell genug auf die sich stets verändernde Dynamik zu reagieren. Sie war nicht proaktiv, sondern reaktiv. Besprechungen führten zu nichts, gutbesuchte Konferenzen waren nur wegen der kategorischen Brillanz der Männer und Frauen beeindruckend, die sie anzogen.
Dodd stellte seine Aktivitäten ein.
Doch dann nahm eine andere Gruppe Kontakt mit ihm auf, eine Gruppe, die er für einen toten Ableger der Trilat hielt, deren Ansichten den seinen nahekamen. Sie nannten sich die Delphi, nach dem griechischen Orakel, dessen Ratschläge das Geschehen und damit die Geschichte bestimmten. Genauso sahen sich schließlich die Mitglieder der Organisation, die sich von einem Unterausschuß zu einer eigenständigen Wesenheit entwickelt hatte. Und sie waren nur einen Schritt davon entfernt, ihre große Vision zu verwirklichen.
Sam Jack Dodd wurde zu diesem letzten Schritt. Im Verlauf der nächsten paar Jahre ergriff er das Ruder und trug dazu bei, die Delphi in diese Richtung zu lenken. Jede Strategie, jeder Schachzug wurde mit einem bestimmten Tag im Sinn eingeleitet. Einem Tag, an dem sich das Land – und die Welt – für immer verändern würden.
Der Tag Delphi.
Die Expansion verlief stufenweise; man bildete eine Machtbasis und baute auf ihr auf. Die Delphi übernahmen die internationalen Ziele, die in der Charta der Kommission festgelegt worden waren, von der Trilat jedoch nur überaus bescheiden verwirklicht wurden. Die ursprünglichen Trilateristen hatten eine ähnliche Vision gehabt, waren jedoch nicht bereit gewesen, die Schritte zu unternehmen, die dazu nötig waren, um sie zu verwirklichen. Ihre Brillanz brachte Vorsicht und Dünkel mit sich. Sie waren der Ansicht, ihre Logik sei so vernünftig, daß jedermann sich ihr irgendwann
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