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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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freiwillig und unausweichlich anschließen würde. Die Delphi hingegen wußten, daß derselbe Einfluß erzwungen und aus der Notwendigkeit erzeugt werden mußte. Aus der Saat, die die Kommission gepflanzt hatte, waren auf der ganzen Welt Männer und Frauen hervorgegangen, die derselben Ansicht waren. Ein Geheimbund hatte sich gebildet, ein ungeduldiger Kader, der nur auf einen Mann wie Samuel Jackson Dodd wartete, der alles zusammenfügen konnte.
    Doch letztlich hatte Verzweiflung den endgültigen Zeitplan diktiert. Dem Land und der Welt blieben keine Möglichkeiten mehr. Sie war immer tiefer in den Abgrund gerutscht, ins wirtschaftliche Chaos gestürzt. Niemand hatte auch nur versucht den Trend umzukehren. Das überraschte Dodd nicht gerade. Man durfte nicht an den Symptomen herumdoktern, die einzige Hoffnung bestand in einer Radikalkur. Aber die Menschen mußten sie auch wollen. Die Menschen mußten ihn wollen.
    Die Idee – die Gunst der Stunde zu nutzen, indem er mit seinen Ansichten an die Öffentlichkeit ging und eine Kampagne startete, die ihn an den Rand der Präsidentschaft brachte – erwies sich als genauso verlockend, wie sie brillant war. Dodd hatte mit großem Interesse den fehlgeschlagenen Wahlkampf von Ross Perot beobachtet und war von dessen gewaltigem, letztlich aber verschwendetem Potential fasziniert worden. Perots Versuch hatte zumindest bewiesen, daß es geschehen konnte, daß das Land bereit war, einen politischen Außenseiter zu wählen.
    Den richtigen Außenseiter.
    Dodd hatte Perots Fehler studiert, weil er sie bei seinem Versuch nicht wiederholen wollte. Dem Mann mangelte es an Charisma. Er sprach in Allgemeinplätzen und war bei den Medien nicht besonders gut gelitten. Dodd sorgte dafür, daß die Medien ihn mit offenen Armen willkommen hießen, und schwor sich, niemals einer Frage auszuweichen oder auf Ausflüchte zurückzugreifen. Und das Charisma war für ihn nie ein Problem gewesen. Er ging mit einem beträchtlichen Vorsprung an den Start; sowohl seine Anerkennung als auch sein Bekanntheitsgrad waren wesentlich höher, als es bei Perot am Anfang der Fall gewesen war.
    Doch im Gegensatz zu Perot hatte er nicht die Absicht, auf die Präsidentenwahl zu warten, um seinen Eifer unter Beweis zu stellen. Selbst wenn er gewinnen sollte, wäre es einem gewöhnlichen Präsidenten, der von den derzeitigen Beschränkungen und Restriktionen des Amts eingeengt wurde, gar nicht möglich, die drastischen Veränderungen zu bewirken, die nötig waren, um die USA und die Welt zu retten.
    Diese Maßnahmen waren jedoch nötig, um das einzudämmen, was laut allen Analysen nicht nur einen exponentiellen Verschleiß der nationalen Wirtschaft, sondern auch einen Zerfall ihrer Gesinnung darstellte. Jeder Monat, der verstrich, war gleichbedeutend mit einem weiteren irreparablen Schaden.
    Gewissermaßen bestärkte die Erkenntnis, daß die Wirklichkeit zu einem Gottesgeschenk geworden war, seine Entschlossenheit und drängte ihn geradezu in die Rolle, sich dem Volk als jener Erlöser anzubieten, für den es ihn halten mußte. Da die nächste Wahl noch weit entfernt war – eine Wahl, die niemals stattfinden würde –, blieb ihm die Notwendigkeit erspart, einen Wahlkampfrummel zu veranstalten und sich gewissen politischen Zwängen zu unterwerfen. Und doch lernte die Öffentlichkeit sein Dogma zu schätzen und seine Botschaft der Hoffnung und Veränderung zu lieben. Wenn der Tag Delphi kam, würden sie sich um ihn scharen.
    Dodd zögerte nicht, sich der Aufgabe zu stellen. Das Ausmaß dessen, was er versuchte, jagte ihm keine Angst ein. Es war lediglich der nächste logische Schritt in der Weiterentwicklung seines Lebens. Seine Existenz hatte keinen anderen Sinn, er hatte kein anderes Ziel. Die Pflicht war zu einer Besessenheit geworden. Sam Jack Dodd konnte sich nicht mehr mit weniger zufriedengeben. Alles, was er an diesem Land liebte, alles, was ihm sein Dasein ermöglicht hatte, lag im Sterben. Um es am Leben zu halten, mußte ein schrecklicher Preis bezahlt werden, aber es ging um das Überleben der Nation, und dafür war kein Preis zu hoch. Also würden nur wenige die Wahrheit einsehen, doch letztlich würden alle sie akzeptieren müssen.
    Wie sie ihn würden akzeptieren müssen, wenn in kaum neun Tagen der Tag Delphi dämmerte.

 
DRITTER TEIL
WHITE SANDS 

    Das Weiße Haus:
Montag, 18. April 1994, 13 Uhr
     

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Die Teilnehmer der an diesem Montagnachmittag im Weißen Haus

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