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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Nester im allgemeinen genau über diesen Punkten. Es handelt sich um Kreuzungen von positiv geladenen Erdmagnetlinien. Bei vielen Tieren (vor allem Säugetieren) lösen diese Punkte Unwohlsein aus, für die Ameisen hingegen sind sie Garanten des Wohlergehens.
    Mittels dieser in die Erdkruste gestochenen Akupunktur-stellen könnten sie mit ihrem Mutterplaneten Zwiesprache halten, Wasserquellen aufspüren, Erderschütterungen aus-machen. So ist ihre Stadt an die Welt angeschlossen.
    Nr. 103 sucht den genauen Ort, wo die Energien am stärksten sind. Da entdeckt sie, daß der Hartmann-Knoten unmittelbar unter der Flötenakazie liegt.
    In Begleitung von Nr. 24 und Nr. 9 macht sie sich sogleich daran, auf den Baum zu klettern. An einer Stelle ist die Rinde dünner. Gemeinsam schneiden sie die Schutzkapsel ab und entjungfern den Baum. Ein Wunder! Hier befindet sich ein leeres Ameisennest, das makellos sauber ist und nur auf sie wartet!
    Sie stürzen sich in die Wurzeln voller Kammern, die nur noch von Ameisen bewohnt zu werden brauchen. Manche weisen architektonische Merkmale auf, die sie als Speicher und Gebärkammer erkennen lassen. Es gibt sogar schon Ställe, wo sich weiße, flügellose Läuse zu schaffen machen.
    Die Belokanierinnen besichtigen die unverhoffte Wohnstatt.
    Alle Zweige sind hohl; der Saft rinnt in den dünnen Wänden der Stadt. Zum Willkommen des Ameisenvolkes setzt der deflorierte Baum seine herzlichsten Harzdüfte frei.
    Voll Bewunderung entdeckt Nr. 24 die Folge pflanzlicher Kammern. Vor Rührung öffnet sie die Kieferschere und läßt den Schmetterlingskokon los. Doch sie vergißt ihre Aufgabe nicht. Schnell hebt sie ihn wieder auf.
    Eine alte Kundschafterin teilt ihr mit, daß dieses »geschenkte Nest« einen Preis habe. Wenn man hier wohnen wolle, müsse man den Baum versorgen. Das sei eine Dauerpflicht, man müsse in seinem Herzen Gärtnerin sein. Sie gehen wieder hinaus, und die alte Kriegerin zeigt der jungen einen Quendelseidetrieb und erklärt ihr die Sache.
    Die Quendelseide entwickele sich durch die Berührung mit jeglicher Art von Fäulnis. Dann sprieße ein Stengel aus der Erde, der sich ausrolle und langsam, so etwa mit zwei Umdrehungen pro Stunde, kreise.
    Sobald dieser Stiel einen Strauch gefunden habe, lasse er seine Wurzeln absterben und entwickele Saugdornen, die sich in den Busch bohrten und es auf dessen Saft abgesehen hätten.
    Die Quendelseide sei in der Pflanzenwelt wirklich der Vampir.
    Nr. 103 zeigt gerade auf einen dieser Triebe, die nicht weit von der Akazie wachsen. Er dreht sich so langsam, daß man den Eindruck hat, es handele sich um eine vom Wind verursachte natürliche Bewegung.
    Nr. 24 zückt ihre besonders scharfen Mandibeln und schickt sich an, die Quendelseide in Stücke zu hacken.
    Nein, meint Nr. 103. Wenn du sie zerschneidest, wird jedes einzelne Stück aktiv. Eine in zehn Teile geschnittene Quendelseide ist gleich zehn Quendelseidetrieben.
    Die Ameise erzählt, einmal einem ganz erstaunlichen Phänomen beigewohnt zu haben. Zwei nebeneinander wachsende Quendelseidesprößlinge hätten auf der Suche nach einem Busch zum Aussaugen gekreist. Da sie keinen fanden, hätten sie sich umeinander geschlungen und sich gegenseitig den Saft ausgesogen, bis sie beide gestorben seien.
    Was soll man dann tun? Wenn man die hier wachsen läßt, dann findet sie irgendwann die Akazie und wickelt sich um ihren Stamm, gibt Nr. 24 zu bedenken. Man muß sie ausreißen und sofort ins Wasser werfen.
    Gesagt, getan. Sie nutzen die Gelegenheit, um auch alle anderen Pflanzen zu beseitigen, die sich als schädlich für die Akazie erweisen könnten. Dann jagen sie alle Würmer, kleinen Nager und Raupen, die in der Umgebung zu finden sind.
    Mit einemmal hören sie ein regelmäßiges Ticktack. Das ist ein Totenuhrkäfer, ein Tier, das mit regelmäßigen Schlägen im Holz bohrt. Ein zweites Ticktack antwortet ihm.
    Das ist ein Totenuhrmännchen, das sein Weibchen ruft, erklärt eine Termite, die es schon oft mit diesen Konkurrenten zu tun hatte. Tatsächlich scheinen die Schläge einander zu antworten, als würde es sich um den Gesang zweier Trommeln handeln. Sie lassen sich problemlos aufspüren, dann werden der Totenuhr-Romeo und seine Julia verspeist.
    Sobald das Lager aufgeschlagen ist, wird gemeinsame Front gegen gemeinsame Feinde gemacht.
    Die Kreuzzüglerinnen richten sich für die Nacht in dem Baum ein, der eine Stadt ist.
    Alle erkundschaften voll Verwunderung die hohle Akazie.
    In der

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