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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Finger auf Erden zu töten. Natürlich dürften sie keine weiteren Verluste erleiden.
     

144. ENZYKLOPÄDIE
     
    ACACIA CORNIGERA: Bei der Acacia cornigera oder Flötenakazie handelt es sich um einen Strauch, der sonderbarerweise nur dann zu einem ausgewachsenen Baum wird, wenn in ihm Ameisen wohnen. Damit er gedeiht, müssen die Ameisen ihn tatsächlich pflegen und schützen. Um Ameisen anzulocken, hat der Baum sich daher im Lauf der Jahre in einen lebenden Ameisenhaufen verwandelt.
    Alle seine Äste sind hohl, und in jedem von ihnen ist ein Netz von Gängen und Kammern angelegt, die allein der Bequemlichkeit der Ameisen dienen.
    Noch besser: In diesen Gängen leben oft weiße Läuse, deren Honigtau das Entzücken der Ameisensoldatinnen und -
    arbeiterinnen ist. Die Akazie bietet den Ameisen, die sich in ihr niederlassen wollen, also Wohnung und Schutz. Zum Ausgleich erfüllen diese ihre Gastpflichten. Sie räumen alle Raupen, außen auf dem Baum lebende Läuse, Schnecken, Spinnen und andere Holzschädlinge ab, die den Zweigen hinderlich sein könnten. Jeden Morgen schneiden sie mit den Mandibeln den Efeu und andere Kletterpflanzen ab, die auf dem Baum schmarotzen möchten.
    Die Ameisen entsorgen die abgestorbenen Blätter, kratzen die Flechten ab, pflegen den Baum mit ihrem desinfizierenden Speichel.
    Eine solch gelungene Zusammenarbeit zwischen Pflanzen und Tierart ist in der Natur selten anzutreffen. Dank den Ameisen überragt die Flötenakazie oft die anderen Bäume, die ihr die Sonne nehmen könnten. Sie beherrscht die anderen Wipfel und fängt so die Sonnenstrahlen direkt ein.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Bd. 2
     

145. DIE INSEL MIT DER FLÖTENAKAZIE
     
    Der kriechende Nebel löst sich auf und bringt eine merkwürdige Umgebung zum Vorschein. Einen Strand, Riffe, Felsklippen.
    Das vorderste Termitenboot läuft auf einem Gestade mit grünem Moos auf. Flora und Fauna dort ähneln nichts Bekanntem. Zwischen Wolken aus Mücken und Libellen schwirren Fliegen mit Morastgeruch. Die Pflanzen wirken wie aufgestellt, wurzellos. Die Blüten sind dürftig, die Blätter hängen in Strähnen herunter. Unter den Algen ist der Boden hart. Von der Gischt angenagt, ist der Fels von zahlreichen Höhlungen durchbrochen und wirkt wie ein schwarzer Schwamm.
    Ein Stück weiter wird die Erde wohnlicher, und mitten darauf thront die junge Flötenakazie. Sie ist vermutlich aus einem Samenkorn hervorgegangen, das vom Wind zufällig auf diese Insel geweht wurde. Wasser, Erde, Luft – diese drei Elemente haben genügt, der Pflanze Leben einzuhauchen. Zu ihrem Wachstum fehlt ihr jedoch eines: Ameisen. Von jeher ist ihren Genen die Ehe mit den Ameisen eingeschrieben. Sie wartet schon seit zwei Jahren auf sie. So viele ihrer Akazienschwestern haben diese kosmische Begegnung verpaßt! Sie verdankt dieses glückliche Zusammentreffen indirekt den Fingern. Den gleichen Fingern, die in ihre Rinde
    »Gilles und Nathalie« geritzt haben, diese Narbe, an der sie so krankt!
    Plötzlich erbebt Nr. 103. Mitten auf der Insel liegt ein Gegenstand, der nur zu deutliche Erinnerungen auslöst. Dieser Vorsprung … ja, das kann kein Zufall sein. Das ist es. Der Turm voller Löcher mit der runden Spitze. Die erste Anomalie, die sie im weißen Land entdeckt hatten. Ohne etwas zu sagen, verläßt sie die Gruppe und betastet das Ding. Es ist hart, durchsichtig und enthält innen weißes Pulver. Genau wie beim letzten Mal.
    Die Termitensoldatinnen kommen ihr nach. Antennenkontakt.
    Was ist denn los? Warum hat sie die Gruppe verlassen?
    Nr. 103 erklärt, dieser Gegenstand sei sehr wichtig.
    Ja, sehr wichtig, wiederholt Nr. 23, es handelt sich um einen von den göttlichen Fingern geschaffenen Gegenstand! Es ist ein Monolith der Götter!
    Sogleich fangen die Gottgläubigen an, eine ähnliche Statue aus Lehm zu formen.
    Die begeisterungsfähigen Ameisen beschließen, mehrere Tage in diesem Friedenshafen zu verbringen, um sich von den Aufregungen der Reise zu erholen, die Wunden der Kriegerinnen zu verbinden und wieder frische Kräfte zu schöpfen.
    Alle wissen diese Rast zu schätzen.
    Nr. 103 macht ein paar Schritte, und gleich fällt ihr etwas auf. Ihre für die Magnetfelder der Erde empfindlichen Johnston-Organe jucken.
    Sie befinden sich auf einem Hartmann-Knoten! Die Kreuzzüglerinnen sind nicht weit von einem Hartmann-Knoten entfernt!
    Die Hartmann-Knoten sind Zonen mit einem besonderen Magnetfeld. Die Ameisen bauen ihre

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