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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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können.
    Die Bombardierkäfer sind orange und silberblau. Sie sind sehr leicht zu erkennen. Es scheint fast, als würden sie sich dank ihrer Kanone so unverwundbar fühlen, daß sie sich getrost in bunte Gewänder kleiden können. Ganz allgemein verfügen alle Käferarten, die auffällige Farben und Deckflügel mit ausgefallenen Mustern haben, über eine »Abwehr-vorrichtung«, mit der sie Neugierige auf Abstand zu halten vermögen.
    Anmerkung: Da die Mäuse wissen, daß dieses Insekt trotz seiner »Vorrichtung« ein Leckerbissen ist, springen sie auf die Bombardierkäfer und drücken ihnen sofort den Hinterleib in den Sand, ehe die explosive Mischung ihre Wirkung entfalten kann. Die Schüsse verpuffen dann im Sand, und wenn das Insekt seine ganze Munition verschossen hat, verschlingt die Maus es vom Kopf her.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Bd. 2

149. EIN STRAHLENDER MORGEN
    In der Höhlung eines zarten Zweiges der Flötenakazie erwacht Nr. 24. Sie entdeckt längs des Zweiges kleine Löcher, die wie Bullaugen aussehen und dazu dienen, die Zellen mit Luft zu versorgen. Sie durchsticht die Membran einer Scheidewand und entdeckt einen Saal, in dem sich bestens eine Krippe einrichten läßt. Die übrigen Ameisen schlafen noch. Nr. 24
    geht ein bißchen ins Freie.
    Die Blattstiele der Akazie tragen Nektarreservoire für die Erwachsenen und Korpuskel mit Kinderportionen für die Larven. Diese Nahrungsmittel stecken randvoll mit Proteinen und Fettkörpern, die sich hervorragend als Nahrung für Ameisen jeden Alters eignen.
    Das Felsufer knirscht unter dem Ansturm der ersten Wellchen. In der Luft liegen scharfe, mentholhaltige, aber auch moschusartige Gerüche.
    Am Strand erleuchtet die rotglimmende Sonne den Fluß, auf dessen Oberfläche die Wasserwanzen schlittern. Ein abgestorbenes Holzzweigchen dient als Pier. Nr. 24 erkennt im durchsichtigen Wasser Blutegel und Mückenlarven in dichten Trauben.
    Nr. 24 läuft zur Nordseite der Insel. Eine richtige Wiese aus den runden, grünen Körnchen der Wasserlinsen, in der ab und zu die Kugelaugen eines Frosches auftauchen, schwappt sanft an die dortige Steilküste. Nicht weit davon befindet sich eine Bucht, in der weiße Seerosen mit violettem Saum sich, wie immer, punkt sieben Uhr geöffnet haben und sich auch erst gegen Abend wieder schließen werden. Die beruhigende Wirkung der Seerosen ist in der Insektenwelt berühmt. In Notzeiten dient ihr äußerst stärkehaltiges Rhizom sogar als Nahrung.
    Die Natur denkt stets an alles, sagt sich Nr. 24. Zu jedem Übel gibt es stets auch ein Heilmittel. So wachsen am Rand des Brackwassers Trauerweiden, deren Borke Salizylsäure (den Hauptbestandteil des Aspirins) enthält; damit lassen sich die Krankheiten behandeln, die man sich an derart ungesunden Orten zuzieht.
    Die Insel ist klein. Schon steht Nr. 24 am Ostufer. Es ist verziert von Amphibienpflanzen, deren Stiele im Wasser stehen. Auch Pfeilkraut, Knöterich und Ranunkeln gedeihen hier und geben dieser grünen Welt violette und weiße Farbtupfer.
    Darüber schwirren Libellenpaare. Die Männchen versuchen, mit ihren beiden Geschlechtsteilen die Weibchen zu behalten.
    Eines der Geschlechtsteile sitzt unter dem Thorax des Männchens und ein weiteres am Ende seines Hinterleibs, das Weibchen hat dementsprechend ein Geschlechtsorgan hinter dem Kopf und ein weiteres am Ende des Hinterleibs. Bei der Paarung müssen alle vier Geschlechtsorgane gleichzeitig miteinander verkoppelt werden, was eine komplizierte Akrobatik erfordert.
    Nr. 24 setzt ihren Streifzug über die Insel fort.
    Die Sumpfpflanzen im Süden wurzeln direkt in der Erde.
    Dort finden sich Schilfrohr, Binsen, Schwertlilien und Minze.
    Plötzlich tauchen zwischen den Rohren zwei scharfe Augen auf. Die Augen betrachten Nr. 24. Sie kommen näher. Sie gehören einem Salamander. Es handelt sich um eine Eidechsenart, deren schwarzes Kleid gelb und orange marmoriert ist. Ihr Kopf ist rund und flach, ihr Rücken von grauen Warzen überzogen, den letzten Überresten der Zacken ihrer Vorfahren, der Dinosaurier. Das Tier kommt näher. Die Salamander verspeisen bevorzugt Insekten, aber sie sind so langsam, daß ihre Beute ihnen meistens entwischt. Also warten sie lieber darauf, daß der Regen sie erschlägt, um sie dann einzusammeln.
    Nr. 24 galoppiert zu ihrem Akazienversteck zurück. Alarm! schreit sie in ihrer Duftsprache, ein Salamander, ein Salamander!
    Die Hinterleiber zielen durch die

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