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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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SCHRITTE BIS ZUM ENDE DER WELT
     
    Es ist Mittag. Während die Pionierinnen sich weiter auf der Cornigera-Insel einrichten, bewaffnet Nr. 103 die Vergißmeinnichtboote. Die Kreuzzüglerinnen gehen an Bord und halten sich am Flaum der Blätter fest.
    Fliegen starten als Kundschafterinnen, um vor der Landung das andere Ufer abzusuchen. Sie haben die Aufgabe, die beste, und das heißt die ungefährlichste Anlegestelle zu finden.
    Alle Boote verlassen die Reede. Die Mitglieder der Freien Gemeinschaft Cornigera begleiten sie bis zum Wasser und helfen ihnen, die Schiffe in den Fluß zu schieben. Die Antennen schnellen hoch, um Ermutigungspheromone auszutauschen. Es bleibt offen, was schwieriger ist: eine freie Gesellschaft auf einer verlassenen Insel zu begründen oder die Ungeheuer in der anderen Welt zu bekämpfen. Beide Gruppen wünschen einander Ausdauer. Was auch geschehe, dürfe man das einmal gesteckte Ziel nicht aufgeben.
    Die Boote entfernen sich vom Strand, die an die Vergißmeinnichtblätter geklammerten Schiffer sehen die von den Gottgläubigen errichteten Tonstatuen immer kleiner werden. Die Flotte rückt in einer Linie vor.
    Die von den Ruderkäfern angetriebenen zerbrechlichen Gefährte gleiten geschwind dahin. Über ihnen schlagen die Käfer Vögel zurück, die sich der schwimmenden Karawane nähern wollen. Und der Kreuzzug rückt voran, immer weiter voran.
    In die laue Luft steigt ein Pheromonkriegslied auf: Sie sind groß und überall,
    Tod den Fingern, Tod den Fingern.
    Unsere Speicher verbrennen sie,
    Tod den Fingern, wir kriegen sie!
    Unsere Städte entführen sie, Tod den Fingern, Tod den Fingern.
    Die kleinen Würmer pfählen sie,
    Tod den Fingern, nieder mit ihnen.
    Sie lassen uns keinen Platz zum Leben,
    Tod den Fingern, Tod den Fingern.
     
    Ab und an zeigen Plötzen, Forellen und Katzenwelse ihre Rückenflossen. Aber auch hier sind die Nashornkäfer auf der Hut. Sobald eines dieser Flußungetüme ein Boot bedroht, stoßen sie ihm ohne Zaudern ihre Stirnlanzen in die Schuppen.
    Die Fliegenkundschafterinnen kommen erschöpft zurück und landen auf den Blättern wie auf Flugzeugträgern. Sie haben nicht nur ganz in Ufernähe das Ende der Welt entdeckt, sondern auch eine Steinbrücke zum Anlanden. Ein Glücksfall.
    Das Graben eines Tunnels können sie sich sparen! Nr. 103 ist hocherfreut.
    Wo ist diese Brücke?
    Ein Stück weiter nördlich. Ihr braucht euch bloß mit der Strömung dorthin treiben zu lassen.
    Die Kreuzzüglerinnen erzittern: Das Ende der Welt ist jetzt ganz nah.
    Ohne große Schäden erreicht die Flotte das gegenüberliegende Ufer. Nur ein einziges Boot wurde von einem Wassermolch verschlungen. Das sind eben die Gefahren ihrer Reise!
    Aufstellung von Legionen und Arten. Vorwärts, Marsch!
    Die Fliegen haben nicht gelogen.
    Welche Erregung bei denen, die noch nie einen Blick auf das Ende der Welt erhascht haben! Dort liegt es, das von Sagen und Geheimnissen umrankte schwarze Band. Dort rollen riesige Blöcke mit schwindelerregender Schnelligkeit in einem staubigen Dunst, der nach Rauch und Kohlenwasserstoff stinkt.
    Ihre Vibrationen sind von ungeahnter Stärke. Sie haben nichts Natürliches mehr an sich.
    Für Nr. 103 sind die dunklen Klötze, die dort dahinrasen, die Wächter des Endes der Welt. Außerdem, meint sie, handele es sich um Finger in verwandelter Gestalt.
    Los, greifen wir sie an! ruft eine Termitensoldatin.
    Nein, nicht die und auch nicht hier.
    Nr. 103 vertritt die Meinung, daß das schwarze Band den Fingern eine wundersame Macht verleihe. Es sei besser, sie auf einem weniger gefährlichen Terrain anzugreifen. Auf der anderen Seite des Endes der Welt, also auf der anderen Seite der Brücke, seien sie leichter zu besiegen.
    In jeder Armee gibt es verrückte Draufgänger. Eine Termite will die Sache klären. Sie nähert sich dem schwarzen Band und wird sofort plattgewalzt wie ein Blatt. Doch so sind die Insekten. Sie müssen alles erst einmal ausprobieren, ehe sie sich überzeugen lassen.
    Nach diesem Zwischenfall defiliert der Kreuzzug Nr. 103 über die Brücke und macht sich mit vorsichtigen Schritten zu dem großen unbekannten Territorium auf den Weg, wo die Fingerherden weiden.
     

155 EIN BEKANNTES GESICHT
     
    Auf der Leiter stehend hatte jemand auf sie angelegt, von dem nur der Oberkörper und das Gewehr über der Falltür aufgetaucht waren. Als die betreffende Person die paar Sprossen hochkletterte, um sich ihnen gegenüberzustellen, stöberte Jacques Méliès

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