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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Religion der Azteken lehrte, daß eines Tages Boten des gefiederten Schlangengottes Quetzalcoatl auf die Erde kommen würden. Sie würden weißhäutig sein, auf großen Vierbeinern thronen und Donner spucken, um die Gottlosen zu strafen.
    Als man ihnen also im Jahre 1519 meldete, daß gerade spanische Reiter an der mexikanischen Küste gelandet seien, dachten die Azteken, es würde sich um die »Teules« (»Götter« in der Aztekensprache Nahuatl) handeln.
    Im Jahre 1511, einige Jahre vor deren Erscheinen, hatte ein Mann sie jedoch vorgewarnt. Guerrero war ein spanischer Matrose, der an den Küsten Yucatâns gestrandet war, als Cortés Truppen noch auf den Inseln Santo Domingo und Cuba im Quartier lagen.
    Guerrero wurde ohne weiteres von der einheimischen Bevölkerung akzeptiert und heiratete eine Eingeborene. Er kündigte an, daß die Konquistadoren bald landen würden. Er versicherte ihnen, daß sie weder Götter noch Gesandte der Götter seien. Er warnte sie, sich vor ihnen in acht zu nehmen.
    Er lehrte sie, sich zu ihrer Verteidigung Armbrüste zu fertigen.
    (Bis dahin benutzten die Indios nur Pfeile und Äxte mit Spitzen aus Obsidian; doch die Armbrust war die einzige Waffe, die die metallenen Panzer von Cortés’ Männern zu durchschlagen vermochte.) Guerrero erklärte immer wieder, daß sie die Pferde nicht zu fürchten brauchten, und empfahl ihnen vor allem, nicht angesichts der Feuerwaffen in Panik zu geraten. Das seien weder Zauberwaffen noch Stücke eines Blitzes. »Wie ihr selbst sind auch die Spanier aus Fleisch und Blut. Sie können besiegt werden«, wiederholte er unentwegt. Und um es zu beweisen, brachte er sich selbst einen Schnitt bei, aus dem das allen Menschen gemeinsame rote Blut floß.
    Guerrero unterwies die Indianer seines Dorfes mit solcher Ausdauer und solchem Erfolg, daß Cortés Konquistadoren zu ihrer Überraschung erstmals in Amerika auf eine ausgebildete Indioarmee trafen, die ihrem Angriff mehrere Wochen lang widerstand.
    Doch die Nachricht hatte sich nicht über dieses Dorf hinaus verbreitet. Als im September 1519 der Aztekenkönig Monte-zuma zur Begegnung mit der spanischen Armee aufbrach, führte er als Geschenk für diese Wagen voller Edelsteine mit sich. Noch am selben Abend wurde er ermordet. Ein Jahr später zerstörte Cortés mit der Gewalt seiner Kanonen die Aztekenhauptstadt Tenochtitlân, nachdem er zuvor durch eine dreimonatige Belagerung die dortige Bevölkerung ausgehungert hatte. Guerrero kam übrigens um, während er einen nächtlichen Angriff auf ein spanisches Fort organisierte.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Bd. 2

12. LAETITIA TRITT NOCH NICHT IN ERSCHEINUNG
    Nach der raschen Auflösung des Falls Salta wurde Kommissar Jacques Méliès zum Polizeipräfekten Charles Dupeyron bestellt. Der Leiter der Polizei legte großen Wert darauf, ihm persönlich zu gratulieren.
    In einem reichgeschmückten Salon vertraute der Präfekt ihm sogleich an, daß diese »Geschichte mit den Brüdern Salta« an höchster Stelle einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen habe.
    Einige unter den prominentesten Politikern hätten seine Untersuchung als »Beispiel für die französische Art von Schnelligkeit und Wirksamkeit« bezeichnet.
    Darauf fragte der Präfekt ihn, ob er verheiratet sei. Überrascht antwortete Méliès, er sei Junggeselle, doch da sein Gegenüber nicht locker ließ, gab er zu, daß er es wie alle anderen halte, er flattere, gleich einem Schmetterling, mal hierhin, mal dorthin und versuche dabei, sich keine Geschlechtskrankheit einzuhandeln.
    Charles Dupeyron riet ihm daraufhin, sich eine Frau zu suchen. Das damit verbundene gesellschaftliche Ansehen würde es ihm erlauben, in die Politik zu gehen. Für den Anfang könne er ihn sich gut als Abgeordneten oder Bürgermeister vorstellen. Er unterstrich, die Nation hätte, wie alle Nationen, Leute nötig, die komplizierte Probleme zu lösen wüßten. Wenn er, Jacques Méliès, in der Lage sei herauszufinden, wie drei Menschen bei verschlossenen Türen umgebracht worden waren, könne er zweifellos auch andere heikle Fragen lösen, zum Beispiel: Wie man die Arbeitslosigkeit auffängt, wie man die Sicherheit in den Vorstädten gewährleistet, wie man das Defizit der Sozialversicherungen zurückführt, wie man den Haushalt ausgleicht. Kurz, sämtliche kleinen Rätsel, denen sich die Führer eines Landes tagtäglich gegenübersähen.
    »Wir brauchen Menschen, die dazu imstande sind, ihren Verstand

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