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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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anderen. Sie sind zu gefährlich. Sogar ihre Worte vermögen uns zu töten.
    Chli-pu-ni führt aus, daß sie über die Existenz einer Rebellinnenbewegung informiert sei, deren Mitglieder weiterhin in Kontakt mit den Fingern stünden, welche unter dem Boden dahindämmerten. Im übrigen studiere sie die Finger auf diese Weise. Ihr ergebene Spioninnen hätten sich in die Rebellinnenbewegung eingeschleust und würden sie über alles unterrichten, was aus dem Fingerium komme. Sie wisse auch, daß Nr. 103 683 mit den Rebellinnen in Verbindung stehe. Sie betrachte dies als eine gute Sache. So könne auch sie, die Soldatin, ihre Unterstützung leisten.
    Am Boden liegend rafft die Königinmörderin ihre letzten Kräfte zusammen, um ein letztes Mal auszustoßen: Die Finger sind unsere Götter.
    Und dann regt sie sich nicht mehr. Sie ist tot. Die Königin schnuppert an der Leiche.
    Was bedeutet das Wort »Götter«?
    Das fragt Nr. 103 683 sich auch. Die Königin geht im königlichen Gemach auf und ab und wiederholt immer wieder, wie drängend die Vernichtung der Finger sei. Sie zähle auf ihre erfahrene Soldatin, um diese ungeheure Aufgabe zu bewältigen.
    Na schön. Nr. 103 683 benötigt zwei Tage, um ihre Truppen zu sammeln. Und dann los! Nieder mit allen Fingern der Welt!
     

30. GÖTTLICHE BOTSCHAFT
     
    Steigert Eure Gaben,
    Setzt Euer Leben ein, opfert euch,
    Die Finger sind wichtiger als die Ameisen oder die Eier.
    Vergeßt niemals, daß
    Die Finger allgegenwärtig und allmächtig sind.
     
    Die Finger können alles, denn die Finger sind Götter.
    Die Finger können alles, denn die Finger sind groß.
    Die Finger können alles, denn die Finger sind mächtig.
    So lautet die Wahrheit.
     
    Der Urheber dieser Botschaft verließ rasch die Maschine, ehe die anderen ihn entdeckten.

31. ZWEITER STREICH
    Caroline Nogard verabscheute Familienmahlzeiten. Sie war stets bestrebt, sie rasch hinter sich zu bringen, um endlich wieder in Ruhe an ihrem »Werk« arbeiten zu können.
    Um sie herum wurde gestikuliert, geschwatzt, die Teller herumgereicht, gekaut, über Probleme gestritten, die sie lächerlich fand.
    »Was für eine Hitze!« sagte ihre Mutter.
    »Der Kerl im Fernsehen hat angekündigt, daß die Hundstage erst anfangen. Er hat gesagt, das ist wegen der Umwelt-verschmutzung am Ende des 20. Jahrhunderts«, ergänzte ihr Vater.
    »Da ist Opa dran schuld. Zu seiner Zeit, in den 90er Jahren, haben sie rückhaltlos alles verschmutzt. Man hätte seine ganze Generation vor Gericht stellen sollen«, wagte sich ihre kleine Schwester vor.
    Sie saßen nur zu viert am Tisch, aber die drei anderen reichten, um Caroline Nogard zu nerven.
    »Wir gehen gleich ins Kino. Willst du mit, Caroline?«
    »Nein, danke, Mama! Ich habe mir Arbeit mit heimgebracht.«
    »Um acht Uhr abends?«
    »Ja. Die Arbeit ist wichtig.«
    »Wie du willst. Wenn du in deiner Freizeit lieber schuftest, als dich mit uns zu amüsieren, dann ist das dein gutes Recht
    …«
    Sie hielt es vor Ungeduld nicht mehr aus, als sie endlich die Tür hinter sich zweimal abschloß. Schnell holte sie ihren Koffer, nahm die Glaskugel voller Körnchen heraus, leerte den Inhalt in einen Metallbehälter, den sie über dem Bunsenbrenner erhitzte.
    Dadurch erhielt sie einen braunen Brei. Erst ging nur ein Lufthauch davon aus, dann grauer Rauch, schließlich eine Flamme, die zunächst von Rauch getrübt war, aber bald schön, klar und rein brannte.
    Der Vorgang war wohl etwas altertümlich, aber in diesem Stadium ging es nicht anders. Zufrieden begutachtete sie ihr Werk, als es läutete.
    Sie öffnete einem Mann mit rötlichem, fast rotem Bart.
    Maximilian MacHarious befahl den beiden großen Windhunden, die er an silbrigen Leinen führte, sich hinzulegen, und fragte noch vor jeder Begrüßung:
    »Ist es fertig?«
    »Ja, ich habe die letzten Schritte zu Hause durchgeführt, aber das Wichtigste ist schon im Labor erledigt worden.«
    »Sehr schön. Es sind keine Schwierigkeiten aufgetreten?«
    »Nicht die mindeste.«
    »Es hat niemand etwas mitbekommen?«
    »Niemand.«
    Sie schüttelte die ockerfarben gewordene, heiße Masse in eine dicke Flasche und reichte sie ihm.
    »Ich kümmere mich um alles. Sie können sich jetzt ausruhen«, sagte er.
    »Auf Wiedersehen.«
    Mit einem verschwörerischen Zeichen verschwand er neben seinen beiden Windhunden im Aufzug.
    Wieder allein fühlte Caroline Nogard sich von einer schweren Last befreit. Jetzt, dachte sie, kann sie nichts mehr aufhalten. Ihnen würde

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