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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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zu zerquetschen.
    Sie taucht darunter weg und fällt noch tiefer, diesmal ins Gras.
    Schnell versteckt sie sich unter einem dreiblättrigen Klee. Sie sieht, wie die rosafarbenen Säulen die Pflanzen in ihrer Umgebung durchkämmen. Die Fingergötter wollen sie aufspüren. Aber zwischen den niedrigen Gänseblümchen ist sie in ihrem Element. Sie werden sie nicht wiederfinden.
    Nr. 103 läuft, ihre Antennen schwirren von all den Eindrücken. Diesmal besteht kein Zweifel: Sie hat sie gesehen, sie hat sie berührt, sie hat sie sogar überlistet.
    Das ist jedoch keine Antwort auf die wesentliche Frage: Sind die Finger Götter?
     
    Der Präfekt Dupeyron wischte sich an seinem karierten Taschentuch die Hände ab.
    »Na, seht ihr, wir haben sie erledigt, und sogar ohne Insektenspray.«
    »Das ändert nichts daran, daß ich es dir gesagt habe, Liebling, der Wald hier ist nicht sauber.«
    »Ich hab hundert umgebracht!« rühmte sich Virginie.
    »Und ich noch viel mehr, viel mehr als du!« rief Georges.
    »Beruhigt euch, Kinder … Haben sie Zeit gehabt, sich an unserem Essen zu vergreifen?«
    »Ich hab eine aus dem Huhn kommen sehen.«
    »Ich will kein Huhn, das von Ameisen verdreckt ist!« brüllte Virginie.
    Dupeyron verzog das Gesicht.
    »Wir werden doch so ein schönes gebratenes Huhn nicht wegwerfen, bloß weil eine Ameise es berührt hat!«
    »Die Ameisen sind schmutzig, sie übertragen Krankheiten, das hat uns die Lehrerin in der Schule gesagt.«
    »Wir essen das Huhn trotzdem«, beharrte der Vater.
    Georges hockte sich auf alle viere.
    »Da ist uns eine entwischt.«
    »Um so besser! Dann sagt sie den anderen, daß sie nicht hierherkommen sollen. Virginie, hör auf, der Ameise die Beine auszureißen, sie ist doch schon tot.«
    »Nein, nein, Mama. Sie zappelt noch ein bißchen.«
    »Na schön, aber dann leg die Stücke nicht aufs Tischtuch, wirf sie weiter fort. Können wir endlich in Ruhe essen?«
    Sie hatte beim Sprechen die Augen zum Himmel gerollt und ließ sie verdutzt dort. Eine Wolke aus gehörnten Käfern sammelte sich gerade klein, aber lautstark einen Meter über ihrem Kopf zu einem Kreis. Als sie sah, daß sie dort schweben blieben, wurde sie blaß.
    Ihr Mann schaute auch nicht besser drein. Er hatte gerade festgestellt, daß das Gras schwarz geworden war: Sie waren von einer Flut von Ameisen umzingelt. Womöglich Millionen davon!
    In Wirklichkeit waren es bloß die dreitausend Soldaten des ersten Kreuzzugs gegen die Finger, verstärkt von den Käfern aus Zedibei-nakan. Sie drangen entschlossen vor, sämtliche Kieferzangen waren ausgefahren.
    Mit unsicherer Stimme stieß der Gatte und Vater hervor:
    »Liebling, gib mir schnell die Dose Insektenspray.«

92. ENZYKLOPÄDIE
     
    AMEISENSÄURE: Die Ameisensäure ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Der Mensch hat übrigens etwas davon in seinen Zellen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Ameisensäure dazu benutzt, Nahrungsmittel oder Tierkadaver zu konservieren. Aber man verwendete sie vor allem, um Flecken aus den Laken zu entfernen.
    Da man nicht wußte, wie man diese chemische Substanz synthetisch herstellt, holte man sie sich direkt aus den Insekten.
    Man häufte Tausende von Ameisen in eine Ölpresse, an deren Schraube gedreht wurde, bis ein gelblicher Saft herausfloß.
    Sobald er gefiltert war, wurde dieser »Ameisensirup« in allen Drogerien als flüssiger Flecklöser verkauft.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Bd. 2

93. ENDSTADIUM
    Professor Miguel Cygneriaz wußte jetzt, daß dem Endstadium nichts mehr im Weg stand.
    In seinen Händen hielt er die absolute Waffe gegen die Kräfte der Erde.
    Er nahm die silbrige Flüssigkeit und schüttete sie in eine Schale. Dann goß er eine rote Flüssigkeit dazu und machte sich an das, was man in der Chemie im allgemeinen zweite Gerinnung nennt.
    Das Substrat nahm daraufhin verschiedene Farben an, wie die Schwanzfedern eines Pfaus.
    Professor Cygneriaz stellte das Gefäß in einen Fermenter. Er brauchte nur noch zu warten. Die letzte Phase benötigte nur noch eine Zutat, welche sich noch schlecht mit Maschinen beherrschen läßt: Zeit.

94. DIE FINGER BLASEN ZUM RÜCKZUG
     
    Die ersten Linien von Schützinnen sind gerade zum Angriff bereit, als sie plötzlich von einer grünen Wolke umhüllt werden, die sie zum Husten bringt.
    Weiter oben stürzen sich gleichzeitig die Nashornkäfer auf die beweglichen, fließenden Berge. In Höhe des Kapillarendschungels von

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