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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Tetradecylacetat (C6-H22-O2), um dem ganzen Planeten anzuzeigen, daß sich hier das Gebiet von Bel-o-kan befindet.
    Das beruhigt sie ein wenig. Ein Land zu benennen heißt bereits, es zu kennen.
    Sie machen einen Besuch.
    Zwei massige Türme zeichnen sich ab. Vier Aufklärerinnen fangen an, hochzuklettern. Der runde, bauchige Gipfel hat ebenfalls Löcher, aus denen salzige oder pfeffrige Gerüche kommen. Sie würden sich die Substanzen gern aus der Nähe ansehen, aber die Öffnungen sind zu klein, als daß sie sich durchzwängen könnten. Enttäuscht klettern sie wieder herunter.
    Na dann nicht, die Technikerinnen, die ihnen nachfolgen, werden das Problem schon knacken. Kaum sind sie wieder unten, werden sie von einer anderen, noch merkwürdigeren Sehenswürdigkeit angezogen, einer Reihe einbalsamierter Hügel, die aber eine sehr unnatürliche Form haben. Sie klettern hinauf und breiten sich über die Täler und Bergrücken aus. Sie tasten, sie sondieren.
    Eßbar! ruft die erste, der es gelungen ist, durch die harte Oberfläche zu dringen. Unter dem, was sie für einen Stein gehalten hat, schmeckt es sehr gut! Nichts als Proteine in unvorstellbaren Mengen! Mit vollem Mund sendet sie auf einer begeisterten Frequenz die Neuigkeit aus.
     
    »Was essen wir danach?«
    »Es gibt Spießchen.«
    »Mit was denn?«
    »Lamm, Speck, Tomaten.«
    »Nicht schlecht, und was gibt’s dazu?«
     
    Die Ameisen lassen es nicht dabei. Von diesem ersten Erfolg berauscht, füllen sie sich ein wenig den Kropf und schwärmen über das weiße Tischtuch aus. Ein Trupp von vier Aufklärerinnen bleibt in einer weißen Schachtel voll gelber Gelatine stecken. Sie wehren sich lang, ehe sie in der weichen Masse versinken.
     
    »Was dazu? Eine Sauce Béarnaise vom Händler.«
     
    Nr. 103 verliert sich inmitten eines riesigen Haufens gelber Gebilde, deren Oberfläche bei jedem Schritt knirscht und kracht. Da brechen ganze Stücke weg. Nr. 103 springt nach allen Seiten, um nicht erdrückt zu werden, und kaum hat sie Fuß gefaßt, springt sie wieder woandershin, um sich vor einem Sturz zu retten, der sie in dieser kristallinen, mürben Materie begraben würde.
     
    »Ach, toll! Chips!«
     
    Eine unerwartete Rutschpartie auf einer Art fettiger Lasur reißt sie endlich aus diesem Alptraum. Entlang einer Gabel nimmt sie die Erkundungen wieder auf. So eilt sie von Überraschung zu Überraschung, von einem süßen zu einem sauren Geschmack, von einem bitteren zu einem scharfen. Sie patscht zwischen einem grünen Gemüse herum, nähert sich vorsichtig der roten Creme.
     
    »Gurken in Aspik, Ketchup.«
     
    Mit ganz fiebrigen Antennen ob so vieler exotischer Entdeckungen überquert Nr. 103 eine weite, hellgelbe Fläche, von der ein starker Fermentierungsgeruch ausgeht. Zwischen den Hohlräumen spazieren und amüsieren sich Schwestern.
    Das Ding ist eine ununterbrochene Folge von vollkommen runden und zarten Höhlen. Man kann es mit dem Kiefer durchbohren, und dann wird die gelbe Mauer durchsichtig.
     
    »Greyerzer Käse!«
     
    Nr. 103 ist entzückt, hat aber keine Zeit, ihnen ihre Eindrücke über dieses merkwürdige Land mitzuteilen, wo man alles essen kann. Ein tiefer, dumpfer Laut, stark wie der Wind, fährt auf sie herab wie Donnergrollen.
    »Inne wiebeln sinja Aeise.«
    Eine rosa Kugel taucht am Himmel auf und zerquetscht systematisch acht Kundschafterinnen. Ptsch, ptsch, ptsch. Das dauert keine drei Sekunden. Der Überraschungseffekt ist vollkommen. Diese edlen Kriegerinnen sind alle von kräftiger Natur. Dennoch vermag keine den geringsten Widerstand zu leisten. Ihre festen, kupfrigen Rüstungen zerplatzen, ihr Fleisch und ihr Blut mischen sich in einem spritzenden Brei.
    Lächerliche braune Pfannkuchen auf dem makellosen weißen Boden.
    Die Soldatinnen des Kreuzzugs glauben ihren Sinnen nicht zu trauen.
    Die rosa Kugel setzt sich in der Tat in einer langen Säule fort.
    Kaum hat sie ihr Zerstörungswerk vollendet, entfalten sich langsam vier weitere Säulen neben ihr.
    Es sind fünf!
    FINGER!
    Es sind Finger!!!!! Finger!!!!!
    Nr. 103 ist sich sicher. Sie sind da! Sie sind da! So schnell, so nah, so stark! Die Finger sind da!!!!! Sie stößt ihre stärksten Alarmpheromone aus.
    Achtung, das sind Finger! Finger!
    Nr. 103 spürt, wie sie von einer Welle schierer Angst überflutet wird. In ihren Gehirnen kocht es, in ihren Beinen zittert es. Ihre Kiefer gehen grundlos abwechselnd auf und wieder zu.
    FINGER! Es sind FINGER! Alle

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