Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
suchen.
    »Hier entlang«, sagte die Tigerin. Sie nahm ihn bei der Hand und zerrte ihn durch die drängende, ausschwärmende Menge - ein gestreifter Eisberg, der einem Meer aus Pelz trotzte. Irgendwie schaffte Mudge es, mit ihnen Schritt zu halten.
    Dann standen sie auch schon an der Stadtmauer und schritten daran entlang, bis sie zu einer nach oben führenden Steintreppe kamen. Jon-Tom löste sich aus Roseroars Tatze und übernahm die Führung.
    Ob der Sand den Graben zuschütten würde? Und wenn ja, was geschah danach?
    Oben auf der Mauer standen einige weitere Wesen und blickten in die Wüste hinaus. Sie wirkten ruhig und gelassen, woraus Jon-Tom folgerte, daß wohl keine Gefahr bestand. Dafür lief in der ganzen Stadt alles viel zu sehr wie am Schnürchen.
    Ein blasierter Wächter, ein hochgewachsener Serval, der zum Schutz seiner empfindlichen Ohren einen hohen Turban trug, trat ein Stück beiseite, um sie vorbeizulassen. »Paßt auf die Schwingungen auf, Besucher«, warnte er sie.
    Oben angekommen, blickten sie in die Wüste hinaus. Draußen hinter dem Graben geriet die Welt völlig aus den Fugen.
    Von den Bergen, die sie vor vielen Tagen verlassen hatten, war keine Spur mehr zu sehen. Keinerlei Geländemerkmale mehr, kein einziger Fels, der noch aus dem Boden herausragte. Nur das Meer aus Sand, das in einer einzigen Woge von mehr als siebzig Metern Höhe der Stadt entgegengischtete und dabei einen Lärm machte wie eine Milliarde Pfannen voller Bratspeck. Jon-Tom wollte sich zurückbeugen und den Wächter am Arm berühren, um ihn zu fragen, was wohl als nächstes geschehen würde. Doch da auch keiner der anderen Schaulustigen das gleiche tat, verzichtete er lieber darauf und blieb, wie sie auch, stehen, um zuzusehen.
    Die gewaltige Woge brach sich nicht, um gegen die armseligen Stadtmauern zu prallen, sondern sie glitt in den dunklen Graben hinein und verströmte einen schier endlosen Katarakt in die unglaubliche Grabenöffnung. Die Woge selbst war ebenfalls endlos, und während sie zusahen, schien sie immer weiter emporzuwachsen, den Wolken entgegen, während ihre Wurzeln im Graben verschwanden.
    Das Donnern umgab ihn auf allen Seiten, und Jon-Tom spürte, wie die Sandsteinblöcke unter seinen Füßen bebten. Er drehte sich um. Rund um die Stadt konnte er über die Dächer hinweg die Woge erkennen. Die Stadt wurde von voranpreschendem Sand von über hundert Metern Höhe und nicht abzuschätzender Masse umschlossen, der in seiner Gesamtheit in die Tiefen strömte, die Rotfels umgaben.
    So vergingen dreißig Minuten. Schließlich begann die Woge an Höhe zu verlieren. Zahllose Tonnen Sand ergossen sich unentwegt in den Graben, der jedoch noch immer keine Anzeichen zeigte, daß er sich zu füllen begann. Nach weiteren dreißig Minuten war der Katarakt zu einem Rinnsal geworden. Schließlich rieselten die letzten Sandkörner in den Abgrund.
    Dahinter beschien der Mond das Skelett der Wüste. Nacktes Gestein ragte dort aus dem Boden, so kahl wie die Mondoberfläche. Zwischen der Stadt und den Bergen gab es kein Leben mehr, bewegte sich nichts. Einige Aushöhlungen zeichneten sich dunkel im Fels ab, uralte Vertiefungen, die nun von Sand und Geröll befreit worden waren.
    Ein leises Murmeln erklang unter den Zuschauern, als sie sich von dem Graben und der nackten Wüste abwandten, um auf die Stadt zurückzublicken. Jon-Tom und seine Gefährten schlössen sich ihnen an.
    Genau im Mittelpunkt von Rotfels stand ein merkwürdiger, glasig wirkender Turm etwas abseits von den anderen Sandsteingebäuden. Alle Augen richteten sich darauf, und ein seltsames Gefühl der Spannung und Erwartung breitete sich aus.
    Jon-Tom wollte schon seiner Neugier nachgeben und den Wächter doch noch fragen, was nun geschehen würde, als er plötzlich ein Rumpeln hörte. Der Stein unter seinen Füßen begann zu zittern. Diesmal war es eine andere Art von Beben - so als sei der Planet selbst in Bewegung geraten. Das Rumpeln wurde stärker, wurde zu einem Brüllen und schließlich zu einem konstanten Donnern. Tief im Inneren der Erde ereignete sich irgend etwas.
    »Was ist das, was is'n los?« schrie Roseroar ihm zu. Er antwortete nicht und hätte sich sowieso nicht verständlich machen können, selbst wenn er es versucht hätte.
    Plötzliche heftige Winde wehten Hüte von Köpfen und rissen Schleier von Gesichtern. Jon-Toms Umhang flatterte hinter ihm wie eine schillernde Flagge. Er geriet ins Taumeln und stemmte sich gegen den unerwarteten

Weitere Kostenlose Bücher