Der Tag der Dissonanz
wirkten so zerbrechlich, als würden sie jeden Augenblick platzen.
»Darauf kann man doch wohl nicht sitzen?« fragte Roseroar.
»Für etwas anderes taugt er kaum. Willst du es mal probieren?«
»Geht nicht!« protestierte die Tigerin. »Da würd ich nicht nur den Stuhl, sondern auch meinen Hintern zerdeppern!«
»Vielleicht aber auch nicht«, meinte die Känguruhdame mit gelassener Zuversicht.
Zögernd nahm Roseroar das Angebot an und drehte sich, um sich sanft in den Stuhl gleiten zu lassen. Die Seifenblasen gaben unter ihrem Gewicht zwar nach, platzten aber nicht- ebensowenig der dünne Metallrahmen. Und die Blasen bewegten sich weiterhin und massierten dadurch die neue Besitzerin des Stuhls mit einem sanften, gleitenden Schaukeln. Ein volles, pulsierendes Schnurren erfüllte den Raum.
»Wieviel?« fragte Roseroar.
»Tut mir leid, das ist nur ein Ausstellungsstück. Es ist unverkäuflich.«
»Komm schon, Roseroar«, sagte Jon-Tom. »Dafür sind wir nicht hergekommen.« Niedergeschlagen stieg sie aus dem Streichelstuhl.
Während sie durch den Raum schritten, fand Jon-Tom Zeit, ein rundes Aufnahmegerät, einen hitzefreien Ofen und eine ganze Reihe anderer, völlig fremdartiger Maschinen zu bemerken, die zwischen wohlvertrauten Geräten herumstanden. Snooth führte sie durch eine weitere Türöffnung, die von undurchsichtigen Keramikstreifen versperrt war, welche mitten in der Luft schwebten. So gelangten sie in einen hinteren Lagerraum, der mit zerbrochenen, durcheinandergeworfenen Waren angefüllt war. Zur Linken war ein Badezimmer zu erkennen.
Durch einen zweiten Schwebevorhang kamen sie in den eigentlichen Laden.
In Jon-Toms Gehirn entstand vorübergehend ein Vakuum. Er hörte, wie Roseroar neben ihm ein erstauntes Zischen ausstieß, und selbst der sonst so wortgewaltige Mudge schien sprachlos zu sein, während Drom die Luft wegblieb.
Soweit sich das absehen ließ, nahm der Laden das gesamte Berginnere ein.
XV
Vor ihnen befand sich ein Gang, dessen Wände von langen Metallregalen eingenommen wurden. Diese mehrreihigen Regale ragten fast bis zur Hälfte des gut zwölf Meter hohen Raums empor und waren vollgestopft mit Waren, die in Kisten, Schachteln und in Klarsichtpackungen lagen. Jon-Tom erblickte nur wenige leere Fächer. Die Regalreihen und der Gang verloren sich weit in der Ferne.
Er drehte sich um und blickte nach links. So weit das Auge reichte, führten von dieser Stelle Gänge und Regale ab. Zur Rechten erblickte er ein Spiegelbild der linken Seite.
»Ich hätte mir niemals träumen lassen...«, fing er an, doch die Besitzerin unterbrach ihn sofort.
»Aber natürlich hast du dir träumen lassen, Käufer. Jeder träumt.« Sie machte eine nachlässig abwinkende Geste. »Im Plenum gibt es eine Menge Welten. Manche von ihnen produzieren sehr viele käufliche Waren, andere nur sehr wenige. Ich versuche, auf dem laufenden zu bleiben, was in den wichtigsten Dimensionen los ist. Ist kein leichter Beruf, Ladenbesitzerin. Es gibt eine Stelle, wo die Zeit rückwärts läuft und mir mein ganzes Inventar durch einander bringt.«
Jon-Tom fuhr fort, die schier endlosen Reihen fassungslos anzustarren. »Woher weißt du, was du hier alles auf Lager hast, und vor allem, wo es liegt?«
»Och, wir sind hier sehr modern ausgerüstet.« Sie holte ein leuchtend blaues Metallstück von knapp fünfzehn Zentimetern Länge und sechs Zentimetern Dicke aus einer Seitentasche. Es trug eine Art durchsichtigen Deckel auf der Längsseite. Er schien keine sichtbaren Knöpfe oder Schalter zu besitzen.
»Ein Taschencomputer.« Sie zeigte ihn Jon-Tom. Während er zusah, spulten Wörter mit großer Geschwindigkeit auf der Oberseite ab. Sprachen und Schriften verwandelten sich, und Snooth drehte den Rechner zweimal senkrecht um, so daß die Wörter von oben nach unten abrollten. Einige Male veränderten sie ihre Laufrichtung und fuhren von rechts nach links über die Anzeige. Und einmal waren überhaupt keine Buchstaben zu erkennen, nur Farben, deren Reihenfolge wechselte. Ein anderes Mal erklang ausschließlich Musik.
»Wird gedankenaktiviert. Ein ganz handliches kleines Gerät. Hab es von einem Ort, dessen Position nicht bestimmt, sondern nur abgeleitet werden kann. Sehr talentierte Leute dort. Siehst du?«
Auf dem Sichtfenster erschien plötzlich eine chemische Formel und erstarrte. Darunter war eine lange Nummer zu sehen.
»Hier entlang.« Snooth hüpfte nach links und bog schließlich in einen weiteren Gang
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