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Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Gürtel, der den oberen Teil der Hüfte des großen Leoparden umschlang, hingen vier Dolche. Die muskulösen Arme waren ungepanzert.
    Seine Lederhandschuhe mit den abgeschnittenen Spitzen, die ihm im Kampf den Gebrauch seiner scharfen Krallen erlaubten, waren häufig geflickt und wiesen tiefe Risse von früheren Auseinandersetzungen auf. Eine tiefe Wunde, die sich über die schwarze Nase zog, war nur unvollkommen verheilt. Jon-Tom nahm all dies in sich auf, während der Leopard schweigend an ihnen vorbeistolzierte. Der Rest der Mannschaft murmelte unruhig.
    »Ihr habt gut gekämpft«, knurrte ihr Begutachter schließlich.
    »Sehr gut. Zu gut, möcht ich meinen.« Er blickte vielsagend zu der Schaluppe hinüber, die bugwärts hinter dem größeren Schiff auf dem Wasser schaukelte.
    »Zu viele Schiffskameraden für einen mickrigen Preis verloren.« Grüne Augen blitzten. »Halte nichts davon, gute Kameraden gegen einen Haufen Dreck einzutauschen, aber wir waren neugierig auf euer seltsames Schiff. Wo kommt ihr her, und wie seid ihr an solch ein merkwürdiges Schiff geraten? Bin sicher, daß es nicht aus Holz gebaut ist.«
    »Es ist aus Fiberglas.«
    Der Blick des Leoparden fuhr zu Jon-Tom herüber. »Bist du der Besitzer dieses Gefährts?«
    Jon-Tom nickte. »Der bin ich.«
    Plötzlich stach ihm etwas ins Gesicht, und er geriet, vorübergehend geblendet, ins Taumeln. Instinktiv riß er die Hände hoch und merkte, das sie blutig wurden. Er spürte die vier parallelen Schnitte, welche die vier Krallen des Leoparden hinterlassen hatten. Sie waren zwar ziemlich blutig, aber nicht besonders tief. Ein Stückchen tiefer, und er hätte beide Augen verloren.
    Roseroar machte ein gefährlich klingendes Geräusch tief unten in der Kehle, während Mudge einen besonders eleganten Fluch ausstieß. Der Leopard ignorierte sie beide, als er vortrat. Seine Nase berührte beinahe Jon-Toms eigene.
    »Der bin ich... mein Herr«, sagte er drohend. Mudge murmelte noch etwas, und wie ein Blitz lenkte der Leopard seinen Blick auf den Otter. »Hast du irgend etwas gesagt, Dungfresser?«
    »Wa? Ich? 'ab mich nur geräuspert... mein Herr. Meine Kehle is ziemlich trocken von dem 'eißen Kampf.«
    »Wird dir noch heißer werden, will ich meinen.« Die große Raubkatze richtete ihre Aufmerksamkeit auf Jon-Tom, der schweigend vor sich hin blutete. »Irgendwelche Beschwerden?«
    Jon-Tom senkte den Blick von dem Gesicht des Leoparden, spürte das tropfende Blut und fragte sich, ob die Wunden Narben hinterlassen würden.
    »Nein, mein Herr. Keine Beschwerden, mein Herr.«
    Der Leopard beglückte ihn mit einem dünnen Lächeln. »Das ist schon besser.«
    »Sind Sie der Kapitän dieses Schiffs... mein Herr?«
    Der Leopard legte den Kopf zurück und brüllte: »Ich bin Sasheem, der erste Maat.« Er blickte nach rechts und machte einen Schritt zur Seite. »Da kommt der Kapitän schon.«
    Jon-Tom wußte nicht, was er zu erwarten hatte. Vielleicht einen weiteren Bären oder eine andere beeindruckende Gestalt. Er vergaß dabei, daß Kapitäne nicht nur aus Muskeln, sondern auch aus Hirn bestehen müssen. Der Anblick des Kapitäns überraschte ihn, schockierte ihn aber nicht. Irgendwie erschien er ihm auf perverse Weise traditionsgemäß.
    Kapitän Corroboc war ein Papagei. Grellgrün mit blauen und roten Flecken. Im Stehen war er etwa einen Meter zwanzig groß. Das fehlende rechte Bein war durch eines aus Holz ersetzt worden. Metallfedern erlaubten es ihm, es im Kniegelenk zu bewegen. Eine leere Augenhöhle war von einer ledernen Augenklappe bedeckt.
    Wie es unter den gefiederten Bürgern dieser Welt Sitte war, trug Corroboc einen Kilt. Er war ungemustert und blutrot, das vollkommene Gegenstück zu seiner karmesinroten Weste. Das Fehlen jeder Musterung deutete an, daß er seine Clanzugehörigkeit abgelegt hatte. Anders als viele der anderen Flugwesen, denen Jon-Tom begegnet war, trug er weder Hut noch Mütze. Vor der gefiederten Brust hing ein schmaler Gurt, und das Sonnenlicht brach sich glitzernd an dem Dutzend winziger Stilette, die darin steckten.
    Später berichtete ihnen ein Mannschaftsmitglied, daß der Kapitän vier der tödlichen kleinen Klingen auf einmal werfen konnte: je eine mit seinen beiden biegsamen Flügelspitzen, eine mit dem Schnabel und die vierte mit dem ihm verbliebenen Fuß. Und dies mit tödlicher Präzision, während er auf dem künstlichen Bein balancierte.
    Das verbliebene hellblaue Auge flackerte, die Gefangenen musternd, hin und

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