Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
die Vila. »Den, neben dem Ihr nicht sitzen wollt.«
Grefan funkelte sie an. Die blassgesichtigen Frauen in ihren langen Gewändern erwiderten den Blick ebenso hitzig. Bleidan zog an Grefans Gewändern und versuchte, ihn dazu zu bewegen, sich hinzusetzen.
»Bitte, meine Damen«, sagte Darnamur. »Wir sollten uns einig werden. Es ist noch zu früh zum Abstimmen. Solange nicht geklärt ist, wie der Rat in Zukunft gewählt werden soll, hoffe ich, dass wir alle Entscheidungen über notwendige Umbesetzungen im Konsens treffen können. Womöglich wollen die Alben ihre Haltung überdenken?«
Er schaute Bleidan an. »Jetzt wäre die Zeit, Euren versöhnlichen Worten Taten folgen zu lassen. Wie gesagt, Ihr hattet uns kritisiert, weil wir die Verräter unter den Alben verfolgen ließen. Und Ihr könnt nicht leugnen, dass die Fortschrittsfreunde nicht für alle albischen Bürger sprechen.«
Bleidan schaute Salvan an. Seine ausgezehrten Gesichtszüge wirkten noch härter als sonst. Salvan hatte eine Hand in die Hüfte gestützt und schaute gleichmütig drein.
»Ich trete für Versöhnung ein«, sagte Bleidan. »Salvans Anhänger mögen einen Vertreter schicken. Aber nicht ihn. Nicht ihn! Er hat seine Truppen gegen die Fortschrittsfreunde geschickt. Er hat viele von uns ermordet. Er hat auch Gnome getötet! Wie können wir mit jemandem zusammensitzen, der uns alle verraten hat?«
»Ich habe niemanden verraten«, sagte Salvan. »Und ich habe niemanden getötet. Ich habe nur meine Arbeit getan, für die damals rechtmäßige Herrin der Stadt. Ich habe Mitglieder einer verbotenen Vereinigung festgenommen. Getötet wurden nur solche, die sich widersetzt haben, während eines Gefechts; oder Gefangene, die die Fei verurteilt hat. Ich habe niemals einen Mord befohlen.«
»Das ist doch Haarspalterei«, rief Grefan. »Ob aus Ehrgeiz oder Überzeugung – wie viele von uns sind nun tot, weil Ihr Eure Arbeit allzu eifrig getan habt?«
»Allerdings!«, schrie ein Kobold. »Salvan gehört nicht in den Rat. Er gehört gerichtet!«
»Ich habe mir nicht mehr vorzuwerfen als andere, die ihr in Amt und Würden haltet«, rief Salvan. »Vorsitzender Darnamur kann bestätigen, dass ich dem Protektorat ebenso zu Diensten war wie der Fei.«
Darnamur schlug mit dem Holzklotz auf das Pult. Durch den Lärm konnte er sich nur schwer Gehör verschaffen. »Das ist wahr«, rief er.
Salvan wartete nicht, bis der Saal sich beruhigt hatte. »Wenn ihr einen Verräter sucht«, brüllte er, »dann sucht ihn woanders. Denn wer hat mir die Fortschrittsfreunde verraten? Wer hat die Kobolde angeklagt? General Ganoch war es! Ein angesehener Offizier, der sogar hier im Rat sprechen durfte, wie ich gehört habe. Niemand hat ihm Vorwürfe gemacht. Und doch arbeitete er damals, zu Zeiten der Fei, für beide Seiten – ob aus Ehrgeiz oder Überzeugung!«
Es wurde still im Saal.
Darnamur wartete, bis sich auf den Bänken wieder etwas rührte. Dann sprach er, bevor ein anderer etwas sagte. Seine Stimme klang kalt. »Ich hoffe, Ihr könnt diesen Vorwurf auch beweisen, Bürger Salvan.«
»Allerdings kann ich das«, erwiderte Salvan. »Es gibt Zeugen aus meiner alten Polizei, denen ihr vielleicht nicht vertrauen würdet. Aber ich kenne auch Gnome, die es bezeugen können.«
»Nachtmahre mussten es mit ihrem Blut bezahlen«, sagte eine Ratsfrau von der Bank dieses Volkes. Die Nachtmahre meldeten sich selten zu Wort, und wenn, dann stimmten sie oft mit den Alben. Alle schauten hin, als die Nachtmahre jetzt sprachen. »Die Alben waren der Fei zu wichtig, um sie hinzurichten«, sagte die Nachtmahrsfrau. »Meister Bleidan weiß es am besten. Es war daher unser Volk, das zum Drauzwinkel marschierte, als die Fortschrittsfreunde zerschlagen wurden. Wenn Ganoch uns verraten hat, dann fordere ich einen Prozess.«
»Das sind schwerwiegende Anschuldigungen«, sagte Darnamur. »Ich schlage vor, wir vertagen diese Versammlung, damit alle Parteien sich untereinander beraten können.«
Proteste wurden laut, von den Alben und den Nachtmahren und den Menschen gleichermaßen. Aber Darnamur schlug seine Glocke, und die Ordner stürmten herein. Er ließ den Saal räumen.
Darnamur wartete in der Gnomenstube hinter dem Roten Drachen. Inzwischen hatten sie für die vorderen Wirtsräume wieder einen Pächter gefunden, der die Schenke betrieb. Er hielt auch die Bierfässer gefüllt, aus denen die winzigen Gnome zapften, und so waren die Versammlungen der Knochenmesser wieder ein wenig
Weitere Kostenlose Bücher