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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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fest. »Ihr seid ja noch verrückter als Darnamur!«
    »Darnamur ist immerhin Protektor von Daugazburg und Herr der Grauen Lande«, sagte Audan. »Und wir haben dich gefunden. So verrückt können wir also alle nicht sein.«
    »Gefunden habt ihr mich«, erwiderte Wito. »Doch nun sitzen wir zu dritt hier fest, und der Sinn dieser Unternehmung will mir nicht so recht einleuchten.«
    »Wie hast du überhaupt so viele Monde überlebt?«, fragte Magati den älteren Gnom.
    Wito sah sogar besser aus als an dem Tag, da er in die Verbannung geschickt worden war. In seinem Gesicht waren nur ein paar Narben zu sehen, doch die schienen eher noch von der grausamen Behandlung durch die Schergen der Fei herzurühren als von den Gefahren des Labyrinths. Sein Leinenhemd war bräunlich verfärbt und zerrissen, doch war es schon am Tag seiner Verbannung kaum mehr als ein Lumpen gewesen. Die Jacke aus verfilzter Wolle wärmte ihn gut genug, und er wirkte nicht ausgehungert. Er bewegte sich so geschmeidig wie vor seiner Verhaftung. Immerhin war er ein Hauptmann der Späher gewesen.
    »So lang, wie ihr sagt, kam mir die Zeit gar nicht vor«, antwortete Wito. »Aber wenn man sich erst einmal an diesen Ort gewöhnt hat, kann man hier gut überleben. Es ist karg, aber wenn es nötig war, habe ich immer eine Quelle und essbare Pflanzen gefunden. Dennoch ist es der schlimmste aller Kerker: einsam und ohne Ausweg. Nicht mehr so einsam jetzt.«
    Wito musterte seine beiden Freunde.
    »Aber die Ungeheuer?«, fragte Audan.
    »Ich habe keine Ungeheuer gesehen«, sagte Wito. »Da waren anfangs Schatten in der Ferne, unheimliche Geräusche. Ich habe sie mir wohl eingebildet. Ich denke, das Labyrinth ist einfach nur leer und endlos.«
    »Das ist es nicht!«, widersprach Audan. »Wir haben die Ungeheuer gesehen. Vermutlich hat sich einfach keines in deine Nähe verirrt, weil du dich klein gemacht hast und sie dich gar nicht bemerken. So haben wir dich auch gefunden.«
    Wito schaute Audan verwirrt an. »Ich versteh nicht recht …«
    »Es ist doch ganz einfach«, sagte Audan selbstgefällig. Immerhin war es seine Idee gewesen, wie Magati sich erinnerte. »Wir haben uns gedacht, dass du dich in kleiner Gestalt durch das Labyrinth bewegst, um den Ungeheuern aus dem Weg zu gehen. Und dass du deshalb nicht weit von deinem Ausgangsort entfernt bist. Also haben wir uns in der Nähe gründlich umgesehen und nach dir gerufen. Erstaunlich ist nur, dass du uns erst bemerkt hast, als wir uns klein gemacht haben und in die Ritze gekrochen sind. Du hättest uns vorher viel besser hören müssen. Warum hast du dich nicht groß gemacht? Oder hast du uns doch für Ungeheuer gehalten?«
    Witos Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Audan wartete auf eine Antwort, aber Magati wurde unruhig. Etwas an Witos Verhalten verwirrte sie.
    »Ihr habt euch klein gemacht und seid in eine Bodenritze gestiegen«, sagte Wito. »Und dort habt ihr mich gefunden.«
    Audan nickte. »Das weißt du doch«, sagte er.
    »Dann hätte ich vorher gar nicht zu euch gelangen können«, sagte Wito. »Denn ich konnte mich nicht groß machen. Ich bin nämlich bereits in meiner großen Gestalt. Und das hier ist keine Ritze im Fußboden, sondern ein Gang des Labyrinths. So wie ich es kenne.«
    Als Darnamur zurück in seiner Amtsstube war, prüfte er seine Termine für den Rest der Nacht. Zufrieden stellte er fest, dass Salvan nicht wieder vorgesprochen hatte. Es wäre nicht gut, wenn man ihn in nächster Zeit zusammen mit diesem Nachtalb sah. Niemand durfte je erfahren, dass es eine Absprache zwischen ihnen gab.
    Durch den Auftritt heute Abend hatte Salvan einen Fuß in der Tür. Jetzt lag es an ihm, ob er sich in der Verwirrung, die er gestiftet hatte, einen Ratssitz erhandeln konnte. Für Darnamur war damit der Handel erfüllt, den sie während des Bürgerkrieges geschlossen hatten. Und wenn Ganoch und alle seine getreuen Truppen erst einmal die Stadt verlassen hatten … blieb Raum für weitere Schritte.

18. K APITEL:
D ER S PINNWEBSALON

    Vor tausend Jahren wurden die Grauen Lande verwüstet. Doch diese Zeit ist vorbei. Leuchmadans Kästchen wurde zurückgebracht, und seither füllt sich die Wüste mit Leben. Wir alle sehen die neuen Pflanzungen um die Stadt. Doch auch anderswo entstehen grüne Flecken. Das Land wird fruchtbar, aber es ist leer.
    Viele Menschen klagen, dass man ihnen in Daugazburg keinen rechten Platz einräumt, dass man sie gering schätzt und dass man sie ihrer Freiheit beraubt.

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