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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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im Abendrot. Frafa konnte den Blick nicht mehr abwenden. Die Axt sauste herab. Schlug krachend in den Holzblock. Frafa schrie unterdrückt auf. Aber schon schleiften die Henkersknechte den enthaupteten Leib fort … Gaurgan oder Flaiham, Frafa hatte es nicht genau erkannt. Sie stand viel zu weit weg, aber vor ihrem inneren Auge war es Bleidans Kopf gewesen, den sie hatte fallen sehen.
    Die Knechte zogen den nächsten Alb nach vorne. Andere schmissen den Toten auf der gegenüberliegenden Seite hinab auf einen bereitgestellten Karren. Endlich gelang es Frafa, sich abzuwenden. Sie konzentrierte sich auf Salvans beruhigende Gegenwart.
    Wieder krachte die Axt in das Holz.
    Frafas Blick zuckte kurz hoch. Bleidan stand noch dort. Sah er in ihre Richtung? Hastig wandte sie sich wieder ab. Obwohl sie so weit entfernt waren, kamen ihr die Gesichter der Alben schmal und blass vor, ihre Haltung gebeugt. Sie waren gefoltert worden. Womöglich von denselben Goblins, die Bleidan zwei Monate lang befehligt hatte.
    Frafa erinnerte sich an die Kerker und erschauderte.
    Sie hatte Bleidan im Rat nicht retten können. Doch wenn es mit Worten nicht ging, dann vielleicht mit Magie … Sie hütete Leuchmadans Kästchen. Sie war voller Macht. Sie musste etwas tun, damit Bleidan fliehen konnte!
    Frafa konzentrierte sich. Sie streckte ihre Essenz aus und suchte zugleich nach einem geeigneten Zauber. Aber Bleidan war so weit entfernt, kaum zu erreichen für ihre nur wenig ausgebildeten Sinne. Salvan trat dicht hinter sie. Er fasste behutsam ihre Hände, drückte sie an ihre Hüften. Frafa spürte sein Kinn an ihrer Schulter, seine Wange an der ihren. Er streichelte sie mit magischen Fingern, beruhigte ihre aufgewühlte Essenz.
    »Nicht«, hauchte er in ihr Ohr. »Willst du Bleidans Schicksal teilen?«
    Frafa hörte, wie die Axt fiel. Das Krachen ertönte stets in eine vollkommene Stille hinein, gefolgt von einem verhaltenen Johlen und Jubeln aus der Menge. Frafa hoffte, dass dieser Lärm auch ihren eigenen gedämpften Schrei beim ersten Schlag übertönt hatte.
    Sie lehnte sich gegen Salvan und schaute zu Boden.
    Der Klang der Axt hallte ein viertes Mal über den Platz.
    »Es ist bedauerlich«, bemerkte Salvan. »Fast hatte ich mich daran gewöhnt, dass wir aufeinandertreffen. Schwer vorstellbar, dass Bleidan nicht mehr mitspielt.«
    »Und ich bin schuld daran«, sagte Frafa. »Ich habe ihn verraten.«
    Salvans Hände wanderten zu ihren Schultern empor. »Und ich habe ihn festgenommen. Und Darnamur hat das Ganze eingefädelt. Und der Rat hat ihn verurteilt. Seine Freunde haben ihn im Stich gelassen. Und er selbst ist auch schuld daran, weil er sich auf das Spiel eingelassen hat, und er kannte die Gefahr. Alle haben ein wenig Schuld, oder auch nicht.«
    Er drehte Frafa zu sich herum, fasste sie am Kinn und hob ihr Gesicht an, bis ihre Blicke sich trafen. »Es bringt nichts, über solche Dinge zu grübeln. Halte dich an das, was wichtig ist: Bleidan ist tot, wir leben. Hättest du wirklich lieber an seiner Seite gestanden? Auch …«, er nickte in Richtung des Schafotts, »… dort?«
    Als die Axt ein fünftes Mal zu hören war, zog Salvan Frafa mit sich. Sie verließen den Platz, der vor wenigen Tagen noch Drauzwinkel geheißen hatte. Und der inzwischen ganz offiziell den Helden der Revolution geweiht war.
    Dranjar hatte die Hinrichtung der »Schatullen-Verschwörer« überwacht, an der Spitze einer Einheit seiner Späher. Zufrieden verfolgte er, wie der letzte Kopf fiel.
    Er wandte sich ab und ließ den Blick über den Platz schweifen. Es waren viel zu viele Alben hier. Manche von ihnen blickten so befriedigt drein wie er selbst, aber Dranjar gab sich keinen Illusionen hin: Keiner dieser Alben war ein Freund der Revolution oder gar ein Freund der Gnome. Wer von ihnen zufrieden wirkte, beklatschte allenfalls den Tod einiger Rivalen. Jeder noch lebende Alb konnte der nächste Verschwörer sein.
    Würde der nächste Verschwörer sein.
    Es war nur eine Frage der Zeit.
    Dranjar übergab das Kommando seinem Leutnant und humpelte vom Platz. Darnamur hatte ihn nach der Hinrichtung in seine Kanzlei bestellt. Womöglich ging es bereits um die nächsten Verschwörer. Oder um das bitanische Heer, das jederzeit aus den Bergen hervorbrechen konnte.
    Solange seine Soldaten ihn sehen konnten, hielt Dranjar sich aufrecht und bemühte sich, seine Schritte kraftvoll und geschmeidig wirken zu lassen. Als er Deckung hinter den größeren Leuten hatte, ging er

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