Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
hatte.
»Verbünden wir uns, Frafa«, sagte er. »Du hast die Anlagen, und ich habe Erfahrung. Ich kann dir zeigen, wie du dich in der Politik zurechtfindest. Gemeinsam können wir viel erreichen – nicht gleich, aber mit der Zeit. Der Weg ist rau. Wir können ihn zusammen gehen.«
Sie hörte seine Stimme. Es tat gut, an ihm zu lehnen, seine Berührung zu spüren. Zu fühlen, wie er Leib und Seele löste und Wärme in ihr weckte. Bleidan hatte immer nur etwas von ihr erwartet, aber er hatte sie nie einfach gehalten und gegeben . Frafa legte die Arme um Salvan und hielt sich fest. Sie wollte nicht mehr reden, aber sie streckte Salvan ihre Essenz entgegen, und sie berührten sich.
Salvan schloss sie fester in seine Arme und hob sie hoch. Dann trug er sie die Treppe empor, all die vielen Stufen hinauf bis zu ihrem Zimmer. Frafa schloss die Augen, und sie spürte seinen Leib und seine Seele, und Salvan umfing sie mit seiner Magie.
Er legte sie auf ihr Bett, und sie schrak hoch. Sie hatte ganz vergessen, wo sie war. Als sie die Augen aufschlug, sah sie Salvans Gesicht vor sich. Oder Bleidans Gesicht. Bleidan, wie er sein sollte, wie er ihr auf dem Drauzwinkel erschienen war: stark und schön und makellos.
Und Frafa fühlte sich geborgen.
»Gulbert!« Fürst Sukan von Opponua stürmte wutentbrannt in das Zelt. »Was soll das? Wollt Ihr als unbeliebtester Führer unserer Allianz in die Geschichte eingehen?«
Gulbert der Zauberer, Vorsitzender des Rates der Freien, saß auf einem reich verzierten Klappstuhl an seinem Tisch, ein Buch in den Händen, inmitten seiner mitgebrachten und im Laufe des Krieges zusammengeplünderten Ausstattung, und blickte zu seinem zornigen Besucher auf. Er klappte das Buch zu und erhob sich lächelnd.
»Wie kommt Ihr darauf, Sukan?«, fragte er unschuldig.
»Wie ich darauf komme?« Sukan schnappte nach Luft. »Ich meine natürlich Euren Auftritt im Kriegsrat eben! ›Es steht Euch vom Range her gar nicht an, mein Herr, mir Ratschläge zu erteilen.‹ Mit diesen Worten stolziert Ihr aus dem Zelt und lasst die Fürsten sitzen. Was denkt Ihr Euch dabei?«
Gulbert ging an Sukan vorbei und schlug die Zeltklappe herunter. »Ich denke, wir sollten nun leiser sprechen.« Er senkte selbst die Stimme. »Die Planen meines Zeltes sind dick und dämpfen unsere Gespräche. Aber wenn Ihr laut genug schreit, bekommen die Wachen dort draußen dennoch alles mit.«
»Was macht das für einen Unterschied?« Sukan fuchtelte mit den Armen. »Das ganze Lager spricht schon darüber. Ihr entzweit unser Heer, Gulbert! Bald wird die eine Hälfte auf eigene Faust nach Daugazburg weitermarschieren, und was die andere Hälfte dann tut, weiß Lucan allein.«
»Ihr missversteht mich, Fürst«, sagte Gulbert. »Euren Auftritt hier darf ruhig das ganze Lager mitbekommen. Sollen sie ruhig hören, wie wir uns streiten. Aber sie müssen nicht mitbekommen, wie eng wir zusammenstehen, dass wir verhandeln und gemeinsame Pläne schmieden.«
»Was?« Sukan legte den Kopf schief und schaute Gulbert verständnislos an.
»Unsere gemeinsamen Pläne«, sagte Gulbert. »Ihr erinnert Euch? Ich wollte Euch zum König von Bitan machen.«
Sukans Schultern sanken herab. Er schlurfte in die Mitte des großen Zeltraums, ließ sich dort auf einen Stuhl fallen und packte eine Korbflasche. Er setzte sie an den Mund und trank einen großen Zug. Dann wischte er sich mit dem Ärmel über den Mund.
»Wisst Ihr, Gulbert, vergessen wir diese Fantastereien. Es kommt doch nur eine weitere Enttäuschung dabei heraus, wie das letzte Mal, als Ihr mir große Versprechungen gemacht habt. Wie wollt Ihr mir jetzt zur Krone verhelfen, nachdem Ihr drei Viertel der Fürsten von Bitan gegen Euch aufgebracht hat? Ihr seid keine Hilfe für mich. Wenn Ihr Euch für meine Krönung einsetzt, werden die Fürsten mir diesen Wunsch erst recht abschlagen, nur um Euch damit zu treffen.«
»Deshalb«, erklärte Gulbert geduldig, »dürfen sie ja auch nicht erfahren, dass wir in gutem Einvernehmen stehen.« Er nahm gegenüber von Sukan Platz. »Ich setze mich ja auch nicht für Euch ein. Ganz im Gegenteil, Ihr habt Streit mit mir! Jeder konnte das gerade hören, und jeder bekommt es im Kriegsrat mit. Würde ich für Euch sprechen, würden die Fürsten Eure Bitte abschlagen. Aber jetzt, da Ihr Euch gegen mich stellt, macht Ihr Euch die Fürsten gewogen.«
Sukan runzelte die Stirn. »Mag sein. Aber sie werden mich nicht gleich zum König krönen, nur weil ich mit Euch
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