Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Bleidan.«
»Dein Turm war leer, als ich eingezogen bin«, stieß Salvan hervor. »Und du warst verloren im Rat. Jetzt, wo du von mir alles bekommen hast, willst du mich loswerden?«
»Wir können im Rat Verbündete bleiben«, erwiderte Frafa.
»Nein«, sagte Salvan. »Das können wir nicht. Ich lasse mich nicht ausnehmen und fortwerfen. Du glaubst, du brauchst mich nicht mehr. Aber ich bin wieder Hauptmann der politischen Polizei. Darnamur hat mir heute meinen alten Posten zurückgegeben. Wenn du mich fortschickst, Frafa, das verspreche ich dir, dann wirst du es bereuen.«
»Warum kannst du nicht einfach gehen und mich in Ruhe lassen?« Frafa stampfte mit dem Fuß auf. »Ich bereue jetzt schon jeden Tag, den ich mit dir zusammen war. Ich habe den falschen Alb im Rat aufgelöst!«
Einen Augenblick herrschte Stille im Treppenhaus. Salvan presste seine Lippen fest aufeinander.
»Also gut«, sagte er dann. »Du hast es so gewollt. Ich werde Diener schicken, die alles abholen, was mir gehört.«
»Tu das«, sage Frafa. »Aber sie werden mich nicht hier antreffen.«
23. K APITEL:
W ENN R EISENDE NACH H AUSE KOMMEN …
So viele Leute glauben, man müsse bestimmte Dinge tun. Wenn man aber selbst nicht daran glaubt, dann ist es leicht, andere zu lenken, indem man ihnen nach Belieben solche Zwänge einredet. Indem man von Dingen spricht, die einfach nötig sind, obwohl keiner sie will und niemand etwas daran ändern kann.
Wenn man selbst nicht an Notwendigkeiten glaubt, ist man frei. Weil man sich niemals von scheinbaren Zwängen einengen lässt, sondern einfach seine Ziele ins Auge fasst und sich den nötigen Raum dafür verschafft.
Und deswegen war ich auch der beste Führer für Daugazburg. Sogar der einzige. Viele glauben, sie wären größer als ich, wüssten es besser. Aber ich weiß: Niemand sonst hätte die Revolution lenken können.
D ARNAMUR , DER G NOM ,
NACH UNBESTÄTIGTEN A UFZEICHNUNGEN
M AI IM 1. J AHR DER R EVOLUTION – F RÜHLING IN D AUGAZBURG
Ganoch, Batha und Dranjar – sie hatten ihn im Stich gelassen. Sie waren fort, genau wie Wito und Skerna. Kameraden wie Wito und Skerna hatte er niemals mehr gefunden. Darnamur tat, was nötig war. Aber alles wurde immer schwieriger.
Sicher, es gab noch viele alte Kameraden, langjährige Wegbegleiter, die er sogar als Freunde bezeichnet hätte. Aber sie waren auch Ganochs Freunde gewesen, und darum konnte er ihnen nicht trauen. Wer wusste schon, wie weit Ganochs Unzufriedenheit sich ausgebreitet hatte?
Die Offiziere, denen Darnamur am ehesten vertraute, hatte er in die Berge geschickt. Er brauchte sie, um Ganochs Truppen zu führen. Und er selbst blieb allein zurück.
Und zurückbleiben musste er. Er hatte in Daugazburg alle Hände voll zu tun. Der Rat war voller Ränkeschmiede, die nur auf eine Möglichkeit warteten, ihn zu hintergehen. Auch den verbliebenen Offizieren durfte er nicht den Rücken zuwenden. Zu jeder Sitzung nahm er seine Listen mit und notierte, wer gegen ihn sprach und wo seine Gegner Bündnisse eingingen.
Er stattete Salvans Geheimpolizei mit weiteren Befugnissen aus, und eine neue Welle von Verhaftungen begann. Darnamur ließ Bürger festnehmen, die mit Ratsmitgliedern verdächtige Gespräche führten. Er setzte Offiziere ab, die sich gegen ihn verschworen, und verhaftete sie ebenfalls.
Es schmerzte ihn, die Knochenmesser zu spalten. Aber es war unumgänglich. Die Verräter waren inzwischen überall, und es ging längst nicht mehr um die Gnome gegen den Rest der Welt. Darnamur unterstellte treue Einheiten der politischen Polizei; unzuverlässige Befehlshaber verschwanden hinter Kerkermauern. Oder sie verschwanden ganz, wenn sie zu gefährlich waren.
Trotzdem kam Daugazburg nicht zur Ruhe.
Je mehr er suchte, umso mehr Feinde der Revolution fand Darnamur. Ihre Reihen schienen unerschöpflich, und selbst im gewöhnlichen Volk nistete die Unruhe.
Verstanden sie nicht, dass sie zusammenhalten mussten? Der Feind hatte die Berge verlassen und marschierte auf die Stadt zu. Die Lage war verzweifelt, und Darnamur tat alles, um die Stadt zumindest so weit in den Griff zu bekommen, dass er in den Krieg ziehen zu konnte. Dann, eines Tages, kehrte Frafas Greif reiterlos zurück. Und Darnamur wusste nicht, wie er die Bitaner und die Stadt gleichermaßen besiegen sollte, wenn er niemanden fand, dem er zumindest zeitweise einen Teil des Kampfes übertragen konnte.
Wito, Audan und Magati traten langsam weiter auf den Platz hinaus. Sie sahen
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