Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
der Luft zunichte machen. Wir haben kein Heer, das ihnen in der Ebene standhalten könnte.
Ich weiß, ich selbst habe die Zauberfürsten von Daugazburg verfolgt und getötet. Aber jetzt brauchen wir einen von ihnen, wenn wir nicht untergehen wollen!«
»Ich weiß nicht, wo der Meister ist«, stieß Frafa hervor. »Er war einfach verschwunden in der Nacht, als die Goblins kamen. Vorher schon.«
»Dann such ihn. Denk nach, Frafa. Von allen Fürsten ist Aldungan der letzte. Und du bist die Einzige aus seinem Haushalt, die noch hier ist. Du musst etwas über deinen Meister wissen. Über seine Freunde, seine Zufluchtsorte. Wenn du mir sagen kannst, wo ich ihn finde oder wie ich Verbindung zu ihm aufnehmen kann, so wäre das für uns alle von Vorteil!«
»Aber ich war nur eine ganz unbedeutende Schülerin.« Frafa zog den Kopf zwischen die Schultern. »Ich weiß nichts …«
Sie wand sich unter Darnamurs Blick. Das wurde ihr alles zu viel. Darnamur hatte sie wieder einmal überrumpelt und statt des erwarteten Verrats einen unerwarteten gefordert. Mit einem Mal sehnte sie sich nicht mehr zurück in ihren Turm, sondern in die geheime Kammer der Fei, zu Leuchmadans Kästchen. Niemand kam dorthin, niemand konnte dort bestimmen, was sie tat. An diesem verborgenen Ort voller Lebenskraft konnte sie …
Fast schmerzhaft schnitt eine Eingebung in ihre Gedanken.
Darnamur hatte es bemerkt. »Dir ist etwas eingefallen?«, fragte er.
Frafa starrte ihn an. Ihr Kopf prickelte, ihr Herz schlug heftig. Aber sie dachte an Aldungan, und ihre Gedanken strömten mit einem Mal ruhiger dahin. Er war ihr Meister. Sie hatte ihm Treue geschworen. Er hatte ihr in seinem Haus Schutz und Förderung gewährt, obwohl er keinen Nutzen von ihrer Gegenwart hatte.
Sie wollte niemanden mehr an Darnamur verraten, doch am allerwenigsten ihren Meister! Aber da kam ihr ein Gedanke. Sie hatte einen verwundeten Gnom im Hause, den nur ein Meisterheiler retten konnte … Und Darnamur wollte, dass sie ihn mit Aldungan zusammenbrachte, dem Meister des Lebens von Daugazburg!
»Ich weiß nicht, wo er ist«, sagte sie. »Aber es gibt einige Orte, an denen ich suchen könnte.«
»Wo?«, fragte Darnamur.
»Ich kann keine Fremden zu ihm schicken«, sagte Frafa. »Ich werde selbst nach ihm suchen. Ich trage ihm Eure Bitte vor, und Aldungan wird sich entscheiden.«
»Es ist … keine Bitte«, sagte Darnamur. »Es ist ein Angebot.«
»Ein Angebot«, sagte Frafa. »Gebt mir einen Greif. Ich fliege los und überbringe es ihm. Das ist mein Angebot.«
Darnamur schaute sie an. Er nestelte immer noch an seinem Dolch.
»Ich könnte dich zwingen, mir zu verraten, was du weißt«, sagte Darnamur.
»Das könntet Ihr«, erwiderte Frafa. Sie legte die Hände in den Schoß, damit Darnamur nicht sah, wie ihre Finger zitterten. »Aber das werdet Ihr nicht, oder? Weil Ihr ein Kampfgefährte meiner Tante wart. Weil Ihr nicht mein Feind seid, sondern weil ihr mich als Verbündete wollt. Und weil Ihr, da ich ja Eure Verbündete bin, genauso gut mich ausschicken könnt, um Eure Botschaft zu überbringen. Denn irgendwen müsst Ihr ohnehin schicken.«
Andinjar verstummte. Audan sah sich in der kargen Kammer um und rümpfte die Nase. »Da sitzen sie dann … in einem ziemlich jämmerlichen Gefängnis.«
Magati schaute von ihm zu Wito. Der hatte sich von Andinjar abgewandt und den Kopf gesenkt. Er schwieg und schluckte schwer. Aber Andinjar hatte Audans Worte vernommen. Sein Blick wanderte über die beiden anderen Gnome hinweg zu ihm, und unter seinen gesenkten Lidern blitzte es verächtlich.
›Ungeziefer‹, schallte die Stimme und schien sich um Audan zu verdichten. ›Ich kenne eure Art. Ihr seid es gewohnt, um die Tischbeine der Mächtigen zu kriechen, und habt gar keine Vorstellung von Würde. Ihr habt nichts dergleichen zu bewahren. Darum seht ihr die Mauern eines Kerkers, wo in Wahrheit die schützenden Wälle einer Festung und einer Schatzkammer stehen.‹
»He!«, rief Audan empört.
Aber Wito unterbrach ihn. »Verzeiht, Andinjar, wenn wir Euch nicht verstehen. Aber wir wollen nicht aufgeben. Wir wollen ganz und gar zurück, was immer uns dort auch erwartet.«
Andinjar wedelte mit den langen Fingern. ›Dann geht doch. Geht. Was wollt ihr überhaupt hier? Für euch habe ich diesen Ort nicht geschaffen. Es war ein Ort für die Großen, für die Mächtigen. Nicht für die Kleinen, die daran gewöhnt sind, sich zu verkriechen, nachzugeben, zu fliehen, den Rücken zu
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