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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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beugen.‹
    Verächtlich verzog er das Gesicht und sah hochmütig auf die drei Gnome herab. Er wies auf das Unlicht, hinter dem sich sein Seelenstein verbarg. ›Hinaus mit euch. Ihr habt nichts zu verlieren, ihr habt nichts zu hüten. Keine Größe, die gewahrt werden müsste.‹
    »Warum habt Ihr uns dann überhaupt hier eingelassen?«, keifte Audan hinter Witos Rücken hervor. »Wir haben Euch nicht darum gebeten!«
    »Genau genommen doch«, flüsterte Magati.
    »Oh.« Audan verstummte.
    Andinjar kräuselte die Lippen. ›Ich habe euch nicht eingelassen. Es war das Ding, das ihr Scharfrichter nennt. Und was hätte er tun sollen? Er dient und tut, was die Herren der Stadt ihm befehlen. Dies ist ein Ort, um den Mächtigen ihre Grenzen zu zeigen … Ich hätte nie gedacht, dass die Herren von Daugazburg so viel Aufwand treiben mit einfachen Dienern.‹
    »Ihr seht, die Welt dort draußen verändert sich«, sagte Wito. »Kommt mit uns, Andinjar. Leuchmadan ist tot. Ihr müsst Euch nicht mehr verbergen. Alte Verletzungen können heilen.«
    Andinjar schüttelte den Kopf. ›Keine Heilung. Keine Veränderung. Es gibt immer einen anderen Herrn und immer einen Kampf. Wer daran teilhat, ist niemals sicher. Warum sollte ich mich dem wieder stellen, wo ich hier doch geborgen bin?‹
    »Da ist kein Leben an diesem Ort«, sagte Wito. »Das Leben ist draußen.«
    ›Erinnerung. Beständigkeit. Abgeschiedenheit‹, murmelte Andinjar. Er ließ seinen Blick über die Wände seines Gefängnisses schweifen. ›Wo Leben ist, da ist Schmerz. Veränderung ist Unsicherheit.‹
    Magati packte Wito. »Komm«, flüsterte sie. »Wir müssen fort.«
    Sie zog ihn auf das Unlicht zu und spürte, wie Audan sich an ihrem Ärmel festkrallte. Gemeinsam taumelten sie durch den Ausgang – und fanden sich in einer kleinen runden Kammer wieder.
    Im ersten Augenblick rieb Magati sich die Augen und fragte sich, ob sie das Labyrinth überhaupt verlassen hatten. Die gemauerten Wände um sie her wirkten alt, ein Hauch von Moder stieg davon auf, und es war dunkel. Aber es war eine echte, eine reine Dunkelheit.
    Nach und nach nahmen die Gnome weitere Dinge um sich herum wahr. Decken am Boden bildeten ein einfaches Lager. Becher und Schalen, Klingen und Figurinen, Ringe und Reife und Stapel von gewebten Tüchern lagen wahllos im Raum verstreut. In der Dunkelheit konnten sie keine Farben unterscheiden, aber alles wirkte brüchig, zerfressen, alt. Magati wagte nicht, etwas zu berühren, aus Furcht, es könnte unter ihren Fingern zerfallen.
    »Die Kammer des Scharfrichters«, sagte Wito leise. »Hier muss er wohnen. Was von ihm in dieser Welt übrig ist.«
    »Und da ist der Ausgang!« Audans Stimme klang freudig. »Kommt. Da führt eine Treppe nach oben!
    Sie stiegen hinauf. Die Gnome erkannten die wirklichen Katakomben von Daugazburg wieder, mit ihrem vertrauten Geruch. Anders als die Stollen des Labyrinths war dieser Ort mit seinen ganz eigenen Ungeheuern bevölkert, mit Spinnen und Schaben und anderem Getier.
    Von den Katakomben gelangten sie zu einem Kanal und von dort in einen Keller. Licht waberte ihnen entgegen, und sie folgten dem Schein, wie sie vorher Magatis Stern gefolgt waren. Durch einen schmalen, halb verschütteten Zugang kletterten sie schließlich in die Ruinen eines eingestürzten Turms.
    »Du weinst ja«, sagte Audan überrascht. »Hoffentlich nicht um diesen entsetzlichen Scharfrichter!«
    »Er war auch nur ein Opfer«, erwiderte Wito.
    »Und wie viele Opfer mehr hat er in sein Labyrinth geschickt?«, fragte Audan. »Nein, es geschieht ihm recht, dass er selbst dort eingesperrt ist und versauert. Er hat alles verdient, was ihm geschehen ist.«
    »Wer weiß?«, fragte Wito zurück. »Ich bin nicht sein Richter. Ich sehe nur eine Kreatur, die mehr Folter ertragen hat, als wir uns vorstellen können. Die seit einer Ewigkeit in ihrem Kerker sitzt und sich an einen verlorenen Traum klammert. Einst war er ein Rebell, wie wir.«
    Audan schnaubte.
    »Seht!«, rief Magati. »Der Drauzwinkel!«
    Sie war auf einen Mauerrest geklettert, und an einem ausgebrannten Gebäude vorbei konnte sie von dort aus auf den vertrauten Platz blicken. Sie atmete tief durch und schaute zwischen den Türmen hindurch. Das rote Licht der Abendsonne brannte in ihren Augen, aber ihr war es wie eine Liebkosung.
    »Da ist einiges Volk versammelt«, stellte Audan fest. »Eine Hinrichtung?«
    Frafa packte ihre Sachen. Sie stand in der Küche und warf Vorräte in das Taschentier,

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