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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Schriftrollen, Folianten, einzelne Bögen von Pergament und Papier türmten und stapelten sich an den Wänden oder lagen in losen Haufen überall im Raum herum. Frafa kam es vor wie eine Entweihung.
    Sie erinnerte sich an das eine Mal, da die Fei sie in ihrem glänzenden Spiegelsaal empfangen hatte. Sie dachte an Geliunas Erscheinung. An ihre Aura …
    Eine Träne rann ihr über die Wange, und sie fühlte Leere in ihrem Herzen. Erst jetzt, in diesem Raum, wurde ihr bewusst, dass die Schwarze Fei gegangen war und dass sie niemals wiederkommen würde. Frafa war zumute, als könne sie ihr Lebtag keine Freude mehr empfinden.
    Aber Darnamur durchquerte den Raum, öffnete die Tür gegenüber und trat durch einen kurzen Verbindungsgang in den Turm. Frafa ballte die Fäuste, wischte sich die Träne von der Wange und folgte ihm. Es war nur ein Zauber , ermahnte sie sich. Sie schämte sich, dass sie dem Zauber der Fei immer noch nicht ganz entronnen war. Am liebsten hätte sie die aufgehäuften Schriften entzündet und das ganze Zimmer mit allen Erinnerungen in Flammen aufgehen lassen.
    Im Turm fing Darnamur wieder an zu sprechen: »Die Fei hat vieles getan, damit Daugazburg in der Wüste überleben konnte. Seit Leuchmadan das zweite Mal gestürzt wurde, hat sie die Pflanzungen um die Stadt noch erweitert. Doch das hat die Verluste kaum ausgeglichen, die wir im Handel erlitten haben, seitdem unsere Verbündeten im Süden und im Osten sich von uns abgewandt haben.«
    »Was hätte sie auch tun können?«, fragte Frafa. »Es brauchte alle Magie, um eine so große Stadt überhaupt zu erhalten. Die Fei hat es tausend Jahre lang geschafft. Aber seit Leuchmadans Rückkehr ist Daugazburg so rasch gewachsen, dass man mit dem Ausbau der Pflanzungen kaum nachkam.«
    Frafa wusste das genau. Aldungans Schule war der Mittelpunkt aller Naturmagie in Daugazburg. Viele seiner Schüler und ehemaligen Schüler hatten ihren Anteil daran gehabt, den Grauen Landen Leben abzutrotzen. Ohne Leuchmadans Unterstützung wäre es gar nicht möglich gewesen, so hieß es. Doch seit Leuchmadans Sturz hatte die Fei allein noch mehr erreicht – mit Hilfe von Leuchmadans Kästchen, so sagten die Alben, die etwas davon verstanden.
    Darnamur stieg die Treppen im Turm empor, und Frafa folgte ihm.
    »Die Fei war misstrauisch«, erklärte er. »Sie war eine Zauberin, aber die Macht des Lebens war nicht ihre Stärke. Daugrula hatte diese Gabe. Genau wie du. Und ebendiese Macht liegt in Leuchmadans Kästchen. Geliuna hat zwölf Jahre lang versucht, diese Kraft zu meistern. Sie ist nicht weit gekommen.«
    Darnamur sah Frafa an. »Aber das Land braucht Leben. Das Leben, das in Leuchmadans Kästchen liegt. Die Fei hat ein paar Pflanzungen rings um die Stadt angelegt. Großartig. Mein Freund Wito träumte von grünen Landen ! Und Leuchmadans Kästchen enthält genug Macht, um das ganze Land erblühen zu lassen. Nur hat die Fei nicht gewagt, einen Alb an das Kästchen zu lassen, der sich auf diese Macht versteht!
    Ich werde diesen Fehler nicht begehen. Ich werde dir Leuchmadans Schatz anvertrauen. Lass die Grauen Lande grün werden.«
    Darnamur führte sie durch einen magischen Spiegel und dann eine geheime Stiege empor in eine kleine Kammer. Mitten im Raum stand ein hoher, schmaler Tisch, unter dem noch die geborstenen Überreste eines im Boden eingelassenen Sockels zu erkennen waren. Auf dem Tisch aber ruhte Leuchmadans Kästchen. Frafa blieb ehrfürchtig im Eingang stehen und senkte den Kopf.
    »Das kann ich nicht«, flüsterte sie. Seit der Protektor ihr sein Anliegen vorgetragen hatte, war ihr die Brust mit jedem Schritt enger geworden. Es war, als laste die Bedeutung dieser Aufgabe auch körperlich auf ihr und würde sie erdrücken.
    »Bleidan!«, rief sie unvermittelt aus. »Bleidan entstammt derselben Schule. Er ist fast schon ein Meister. Übergebt ihm die Macht über das Kästchen.«
    »Bleidan hat seine eigenen Aufgaben.« Darnamur verzog die Lippen. »Andere Aufgaben. Schwierige Aufgaben, die sein ganzes Können erfordern. Nebenbei wird er ein Mitglied des Hohen Rates sein, der in den nächsten Tagen die Herrschaft in der Stadt übernimmt. Das allein ist schon Aufgabe genug für einen Mann. Hier hingegen …«, Darnamur nickte in Richtung des Kästchens, »… ist eigentlich nur eins zu tun: die Kraft dieser Schatulle freizusetzen. Langsam und maßvoll. Du wirst dich schon daran gewöhnen.«
    Zögernd trat Frafa näher. Darnamur machte ihr Platz. Einen Schritt

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