Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
in die Erde. Ich kann die Magie nur blind hinauswerfen.«
»Ich habe nichts gespürt«, sagte Darnamur. »Aber du wirst lernen, die Macht besser zu beherrschen?«
»Es wird dauern«, erklärte Frafa. Sie stützte sich nicht mehr ganz so fest auf den Gnom, und ihr Körper erholte sich rasch. »Ich kann die Magie des Kästchens freisetzen. Vermutlich kann ich das bald schon besser und ohne so rasch zu ermüden.
Aber das Kästchen zehrt an der Erde, und ich kann die Magie unmöglich gegen den Strom lenken. Ich muss sie in die andere Richtung schleudern. Den Winden des Äthers anvertrauen. Ich weiß nicht, wohin sie die Lebenskraft tragen. Das Land wird Leben bekommen. Aber nicht unbedingt dort, wo wir es haben wollen.«
Als sie wieder bei der Schreibstube angekommen waren, nickte Frafa Darnamur zu und schlich müde davon. Balgir kroch missmutig hinter ihr her. Kaum hatte sie die Türe geöffnet, da stürmten zwei Gnome herein.
Darnamur hatte sich noch nicht einmal wieder hingesetzt. Er blickte den Neuankömmlingen entgegen und lächelte säuerlich.
»Magati«, rief er. »Audan. Schön, dass ihr vorbeischaut.«
Nach ihrem Anschlag auf die Fei hatte Darnamur die beiden nur noch einmal gesehen. Er hatte ihnen Posten in seinem Stab angeboten, aber sie hatten abgelehnt.
Später hatte er erfahren, dass sie doch für die neuen Milizen arbeiteten, als einfache Botenläufer, wie es ihrer ursprünglichen Tätigkeit entsprach. »Ich hatte nicht erwartet, euch noch mal wiederzusehen. Wollt ihr womöglich doch noch mal richtig anpacken? Ihr wisst, wir haben zu wenige ernsthafte Gnome, und mein Angebot steht noch.«
»Allerdings wollen wir richtig anpacken.« Magati baute sich vor dem Schreibtisch auf und stemmte die Arme in die Hüften. Audan stand halb hinter ihr, blickte verlegen drein und hob in einer entschuldigenden Geste die Schultern.
»Aber nicht als Leutnants bei deinen Spionen und Meuchelmördern, Darnamur«, fuhr Magati fort. »Wir hatten einen anderen Gedanken. Hast du nicht den Scharfrichter festgenommen?«
Darnamur betrat das Haus der Schreie. Dieser Name war durchaus wörtlich gemeint. Die Mauern waren dick, die Kerker lagen tief unter der Erde. Aber sobald er durch das Tor getreten war, hörte er mit seinen feinen Gnomenohren von der Treppe her die schrillen Schreie und das Wimmern der Gemarterten.
Das Haus der Schreie war ein uraltes Gefängnis. Die Fei hatte dort die gefährlichsten Unruhestifter eingekerkert, zumeist Nachtalben und Vilas, aber auch Wito kurz vor seiner Verbannung. Seit dem Umsturz nutzte Darnamur die Gewölbe für seine eigenen Zwecke. Seither war er allerdings nicht mehr hier gewesen.
Auf dem ersten Absatz hielt er kurz inne und lauschte. Die gequälten Schreie stiegen von den tiefsten Gewölben her auf. Darnamur bog bereits im obersten Untergeschoss ab, immer noch acht Gnomenlängen unter der Erde gelegen und mit machtvollen Quadern ausgemauert. Er hob die Hand, um gegen die schwere Eisentüre zu schlagen, da hörte er hinter sich auf der Treppe jemanden heranpoltern.
»He, Flohhauptmann!«, rief ein Goblin mit rauer Stimme. »Willste was Blut schnuppern?«
Es war Werzaz. Sein goldener Brustpanzer war fleckig und zerkratzt, das Gesicht struppig. Er trug keinen Helm, und er war betrunken. »Ha’m mir die Bastarde von Wache gesagt, dass du Trollfurz vorbeischaust. Denk ich mir, begrüß den alten Freund!«
Er hob die Pranke und wischte über Darnamur durch die Luft. Der duckte sich unwillkürlich, auch wenn es wohl ein grüßender Händeschlag hatte werden sollen.
»Werzaz. Was macht ein ehrbarer Hauptmann der Garde an diesem wenig angesehenen Ort?«
»Sauber genug hier«, sagte Werzaz. Er nestelte einen schweren Schlüsselbund vom Gürtel. »Ranzige Kriecher und Flohfänger, die hier Dienst tun. Aber sie schlagen sich wenigstens nicht gegenseitig tot, sondern schälen die Mondgesichter und schlitzen die Blässlinge. Keine Ehre, aber ein sauberes Vergnügen. Gefällt mir besser als im Palast.«
Er schloss auf. Der Goblin hinter der Tür sprang von seinem Hocker auf, als seine beiden Vorgesetzten eintraten. »Aber was willste hier oben, Kürbiskopf?«, fragte Werzaz. »Unten singt der Chor der Verdammten. Hier oben sitzt nur’s harmlose Geziefer und rottet in den Zellen.«
Im Vorübergehen stieß er die Wache gegen die Wand und gab ihr eine Maulschelle, ohne sie anzusehen. Der Goblin bleckte die Zähne, zog aber den Kopf ein.
»Harmlos?«, fragte Darnamur spöttisch. »Nennst
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