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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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sagte Irja: »Jetzt aber Mund zu und Nase hoch.« Dann führte sie mich schnell in die Wohnung, setzte mich an den Küchentisch und befahl mir, mit zwei Fingern die Nasenwurzel zu fassen und an die Decke zu gucken, während sie die Spuren beseitigen würde. Da saß ich dann und wollte sterben. Die Blutung war zum Stillstand gekommen, in den Nasenlöchern bildete sich ein rasch erstarrender Brei, aber sogar durch den hindurch konnte ich Kaffee und Hefegebäck riechen. An der Wand tickten die Wurzeluhren. Der Kühlschrank gab ein schluckendes Geräusch von sich. Schließlich fiel die Wohnungstür zu, und wenig später tauchte in meinem Augenwinkel Irja auf, mit rötlich gefärbten Lappen in den Händen.
    Ich schämte mich, denn jetzt waren die teuren Mikrofaserlappen bestimmt ruiniert, weshalb ich mit idiotischer, mit den Fingern zusammengedrückter Näselstimme knäkte, ich würde ihr neue Lappen kaufen. Sie sagte: »Pah, die kann man waschen, vor Blut haben wir keine Angst, schließlich bist du ja keine von denen, die Aids haben.« Dank dieses Vertrauens breitete sich etwas Gutes, Warmes in meiner Brust aus, aber ich blieb hartnäckig, man könne die doch in Gottes Namen nicht mehr benutzen, ich würde neue besorgen, man müsse doch anständiges Wischzeug im Haus haben, zumal man von allen Haushaltsartikeln sowieso immer genau die zu kaufen vergesse, Lappen und Tücher, warum auch immer. Irja antwortete, das sei allerdings wahr, ihr gehe es genauso, und ich knarzte noch: »Ob Sommer oder Winter – der Kopf bleibt ein und derselbe«, mehr fiel mir nicht ein als diese blöde Bemerkung, die mich einmal in der Straßenbahn zum Lachen gebracht hatte, und dann versuchte ich auch noch zu lachen,aber es tat bloß weh, und wieder brannten mir Tränen in den Augen.
    »Jetzt bleib erst mal eine Weile schön sitzen«, sagte Irja dann. »Damit sich der Zinken beruhigt.« Dann drehte sie sich zur Spüle um und hantierte dort mit etwas.
    »Geht wo ni angas«, sagte ich. So kam das heraus, in meinem Gesicht und meiner Nase tat sich nichts, was mich dazu gezwungen hätte, auf diese Art Laut zu geben, aber irgendwie schien es mir angebracht, ein bisschen was zu nuscheln, das lenkte sozusagen ein wenig von der Peinlichkeit ab.
    »Nicht sprechen, sonst geht es nur wieder los.«
    »Na da ehen ni.«
    »Hä?«, meinte Irja ungehalten, musste aber trotzdem lachen, ich auch, aber die Nase tat für Belustigungen einfach zu weh.
    Sie fing nun an, mit Geschirr zu klappern. Zwischen dem Kaffee- und Gebäckduft blubberte Zitronen-Fairy, ein Geruch, der nicht nur gut war, wie ich feststellte, irgendwie heimelig zwar, aber in seiner stumpfen Industrialität weit entfernt von echter Zitrone. Kurz darauf fragte ich mich unweigerlich, ob mit meinen Sinneswahrnehmungen oder mit meinem Empfangsapparat etwas nicht stimmte. Ich saß in einer fremden Küche und analysierte Gerüche, die meine von geronnenem Blut verstopfte Nase höchstwahrscheinlich gar nicht auseinanderhalten konnte. Damit war ich bereits bei dem Gedanken angelangt, was es jetzt eigentlich für eine verflixte Rolle spielte, was man überhaupt dachte, worauf sich sofort ein irgendwie schuldiges, geschwätziges Gefühl einstellte, obwohl ich gar nichts gesagt hatte, weil ich ja gezwungen war, still dazusitzen.
    Es wurmte mich, nicht sprechen zu können. Ich hatte Lust, mich zu unterhalten.
    Ich versuchte, all das Rauschen und Bauschen aus meinem Kopf zu verbannen und sah mühsam aus dem Fenster. Ich konnte gerade noch ein hellrotes Eichhörnchen wie einen Funken am Kiefernstamm nach oben spritzen sehen. Dann musste ich wieder vor mich hin schauen, weil mein rechtes Auge vom Zur-Seite-Schielen in Extremstellung zu schmerzen begann. Von da an begnügte ich mich mit dem beharrlichen Kreislauf der Wurzeluhren und mit dem Rücken der Geschirr spülenden Irja.
    »Was treibt dich denn schon wieder hierher?«, fragte sie, wobei sie mit sicheren, kräftigen Griffen eine massive Soßenschüssel von Rörstrand abtrocknete, in deren Richtung ich, jedenfalls in diesem Moment, nicht einmal zu atmen gewagt hätte. Die Frage erschreckte mich. Schöpfte sie etwa Verdacht? Ich schaute sie aus komplizierter Kopfhaltung heraus an und sah garantiert bescheuert aus, mein Ausdruck war bestimmt mit der Art von Glotzen verwandt, das Rentiere mit Vorliebe dann praktizieren, wenn sie vor einem Auto davontraben. Ich sagte etwas Ähnliches wie »mnüügh«.
    »Ja, stimmt, die Nase.«
    »Nein, ich …«, fing ich noch

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