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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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während der Prozedur beklemmend eng gewordenen Fahrzeug allem Anschein nach möglichst schnell entfliehen, hatte sich aber mit der Fahrerseite zu dicht an das andere Auto herangeschoben und kam darum nicht heraus, auch wenn sie noch so sehr mit ihrem schmalen Bein im Türspalt wedelte. Darum musste sie erneut rückwärts heraussetzen und das Auto noch einmal zwischen die beiden anderen einreihen.
    »Ja, also«, sagte mein Sohn schließlich. »Ich wollte bloß … also, ich hätte ein Auto für dich.«
    Meinem Mund entwich so etwas wie »hä«, aber ich bekam Gehirn und Mundwerk relativ schnell wieder unter Kontrolle und sagte dann, wenn auch nicht fies, so doch zumindest kühler als beabsichtigt: »Und wann habe ich um so etwas gebeten?«
    »Ja, na ja, gar nicht. Aber du könntest es vielleicht gebrauchen. Das Auto. Du solltest eines haben, du kannst solche Strecken doch nicht ständig mit dem Bus fahren.«
    Er schwieg einen Moment und sprach dann weiter: »Man kommt da zwar auch mit dem Zug hin, aber trotzdem.«
    Mir war der Zug bis dahin nicht einmal in den Sinn gekommen, aber jetzt hatte ich keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. »Mein Gott«, sagte ich. »Ein Auto. Was soll ich mit einem Auto anfangen? Nichts. Herrgott noch mal.«
    Ich nörgelte mehr als nötig und klang dabei gottesfürchtiger, als ich war. Das Zwergenmädchen versuchte noch immer,das Auto einzuparken, diesmal rückwärts. Irgendwie gelang es ihr, das in ihrer Vorstellung inzwischen wahrscheinlich auf riesenhafte Ausmaße angeschwollene Heck ihres Gefährts im Trödeltempo rückwärts zwischen die beiden anderen Autos einzupassen, traute sich aber nicht, weiter zurückzustoßen, weil sie Angst hatte, dann wieder nicht aus der Tür zu kommen. Am liebsten hätte ich ihr geholfen oder sie wenigstens getröstet, aber was hätte ich schon tun können, außerdem zwängte sich die Stimme meines Sohnes wieder ins Bewusstsein, er schien etwas zu sagen wie: »Ja, aber ich mein ja nur.«
    »Ich muss für einige Zeit weg, auf so ’ne Art Dienstreise«, nuschelte er. »Nimm doch das Auto einfach eine Zeitlang, ist bequem. Es ist bequem. Wenn man ein Auto hat. So quasi.«
    Ich lauschte eine Weile, ob er mir noch mehr diffuses Zeug in Aussicht stellen würde, aber da mir nur schweres und ernst klingendes Atmen ans Ohr drang, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder darauf, dass ich ein Auto wirklich nicht vermisste. »Ich könnte ja auch gar nicht fahren«, sagte ich.
    »Doch, ich erinnere mich, dass du es mal konntest. So was verlernt man doch nicht.«
    Es regnete inzwischen unerhört heftig, man konnte kaum glauben, dass sich der Regen aus einzelnen Tropfen zusammensetzte, auch der Wind tobte in einer Kategorie, dass der Schutzwert des Säulengangs quasi nur noch auf dem Papier existierte. Das arme Mädchen auf dem Parkplatz hatte mittlerweile Gesellschaft von einem schnauzbärtigen Schurken bekommen, der durch und durch nach Autoexperte aussah und sich in zwei Metern Abstand mit den Händen in den Hüften aufgebaut hatte, um mit mädchenverachtender Bewegungsbahnden Kopf zu schütteln. Schließlich war es mit den Nerven am Ende, das Mädchen; sie ließ ihr Auto auf halbem Weg stehen, die Schnauze zwei Meter aus der Reihe ragend, und marschierte im Regen davon, wobei sie sich auf die Lippe biss.
    »Ein Auto wäre schon gut für dich«, sagte mein Sohn trotzdem irgendwo. Wieder schepperte und rappelte er mit etwas und klang zerstreut. Das war ein rasanter Wechsel gegenüber dem autohändlerartigen Eifer von eben. »Und was ist das eigentlich für ein Job, den du da hast?«, wollte er wissen.
    »Was für ein Job?«, fragte ich zurück, weil ich nicht zum Denken kam.
    »Na, deine Arbeit, herrje.«
    »Das ist nichts Besonderes, das erzähle ich dir schon noch bei Gelegenheit.«
    Man hörte ein seltsam gedehntes, wie von beiden Seiten in die Länge gezogenes Schlucken.
    Ich lehnte an der Glastür einer Immobilienfirma, aus der jetzt ein Mann mit Aktenkoffer herauswollte, ein eigenartig aussehendes Wesen mit grünen Bartstoppeln und Lippen so dunkelrot, dass sie aussahen wie aufgemalt. »Entschuldigung«, sagte ich, als die Kuriosität sich an mir vorbeiquetschte und glotzte.
    »Keine Ursache«, sagte mein Sohn.
    »Ich habe nicht mit dir geredet«, sagte ich, bereute es aber sogleich und beeilte mich hinzuzufügen: »Das heißt, ich hab doch mit dir geredet.«
    »Okay, aber du, ich muss jetzt aufhören«, meinte er hastig. Wieder war merkwürdiges

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