Der Tag der Traeume
benebelte ihm die Sinne.
Teufel, sie war schon eine Sünde wert. Selbst in diesem Moment, wo er keuchend nach Luft rang, war er sich ihrer nur allzusehr bewusst, und das nicht nur, weil ihr weiches Haar sein Gesicht kitzelte. Sie fühlte sich so weich und wohlgerundet an wie jede andere Frau auch, und doch war dieses Rätsel mit dem pinkfarbenen Haar einzigartig.
»Alles okay?«
Er war nicht sicher, wer diese Frage als Erster gestellt hatte.
»Außer meinem Stolz wurde nichts verletzt«, gestand sie. »Wie sieht’s bei dir aus?«
»Ich hab’ schon schlimmere Stürze überlebt.«
»Beim Baseball?«
»Softball gegen die Mannschaft der Nachbardezernate.«
Die banale Unterhaltung war wenig geeignet, seine Gedanken davon abzulenken, dass er sie erneut in den Armen hielt. Das Verlangen, das sie in ihm entfachte, wurde immer stärker, was sie dank der Stofflagen, die sie trennten, wohl gar nicht spürte. Doch seine Gefühle drohten ihn allmählich zu überwältigen, daher war es an der Zeit, etwas räumlichen Abstand zwischen ihnen zu schaffen, bevor er sich vollends zum Narren machte und sie bis zur Besinnungslosigkeit küsste. »Glaubst du, du kannst aufstehen, ehe du mich erdrückst?«
»Ist das eine versteckte Anspielung auf mein Gewicht?«, lachte sie.
Nur eine Frau mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein konnte so eine Frage stellen, was ihn in der Ansicht bestärkte, dass sie anders war als andere. Sie rollte sich von ihm herunter, und augenblicklich vermisste er den leichten Druck ihres Körpers.
Dann blickte er sie an und musste sich ein Lachen verbeißen. Jetzt hatte sie sich noch mehr in ihrem Kleid verheddert. »Du weißt doch, wie man so schön sagt. Wenn du willst, dass etwas vernünftig getan wird, musst du die Sache selber in die Hand nehmen.« Mit einem gespielt gequältem Stöhnen rappelte er sich hoch, bückte sich und nahm das ganze duftige weiße Bündel in die Arme.
»Was machst du denn da?« Sie schlang die Arme um seinen Hals und klammerte sich an ihm fest.
Sein Rücken protestierte gegen die plötzliche Belastung, aber er wollte keinesfalls einen zweiten Sturz riskieren. »Ich schütze nur meine empfindlichsten Körperteile davor, noch mehr Schaden zu nehmen.«
»Komisch, du fühlst dich aber ausgesprochen unversehrt an.«
Er sog scharf den Atem ein. So viel zum trügerischen Schutzwall der Stoffschichten zwischen ihnen. Er wollte sie, und sie wusste es.
Eine Frau, die gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich hatte und ihn trotzdem so stark anzog, stellte eine Gefahr dar. Aber es machte auch Spaß, mit ihr zusammen zu sein, und Spaß hatte er, wie ihm erst jetzt klar wurde, schon lange nicht mehr gehabt. Sein Leben verlief in geregelten Bahnen. Traurig genug, dass er den Kampf gegen seine Mutter und ihre kleine Armee potenzieller Heiratskandidatinnen als öden Alltagstrott bezeichnen musste. Doch Kendall war ihm nicht von Raina auf den Hals gehetzt worden; ein weiterer Grund, weshalb er sie so mochte.
Langsam ging er über die Auffahrt auf das Haus zu und schaffte es sogar, mitsamt seiner Last die Stufen emporzusteigen. Kurz bevor er die Tür erreichte wurde diese plötzlich aufgerissen, und Pearl Robinson, die Mieterin des Hauses von Kendalls Tante und die eine Hälfte eines in Sünde lebenden älteren Paares, wie Pearl fröhlich in der ganzen Stadt herumerzählte, stand vor ihnen.
»Eldin, wir haben Besuch!«, rief sie über ihre Schulter hinweg und strich über ihr graues, im Nacken zu einem Knoten geschlungenes Haar. Sie lebte schon seit einer Ewigkeit mit Eldin Wingate zusammen. »Das ist ja eine Überraschung. Ich hatte eigentlich nur Crystals Nichte erwartet.« Ihr Blick wanderte über Rick und die Frau in seinen Armen hinweg. »Sie haben uns ganz schön hinters Licht geführt, Rick Chandler, und Ihre Mutter auch. Noch heute Morgen hat sie gejammert, es wäre wohl ihr Schicksal, ohne Enkel sterben zu müssen.«
Rick verdrehte die Augen. »Das kann ich mir lebhaft vorstellen.«
Pearl blickte sich um. »Eldin, beweg gefälligst deinen müden Hintern hierher!«, kreischte sie, als Eldin nicht schnell genug zur Stelle war. »Und zwar ein bisschen dalli, ehe er sie fallen lässt!«
»Keine Sorge, das wird nicht passieren«, flüsterte Rick Kendall ins Ohr – weniger um sie zu beruhigen, sondern weil er noch einmal den Duft ihres Haares einatmen wollte.
»Aber du hast wohl nichts dagegen, wenn ich mich absichere. Nur für den Fall eines Falles.« Ihre schmalen,
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