Der Tag der Traeume
erschreckten ihn diese Braut und die Gefühle, die sie in ihm auslöste, auch so. Obwohl Kendall nicht seine Braut war, änderte das nichts an den Besitzansprüchen, die er ihr gegenüber bereits zu entwickeln begann. Was ihm ernstes Kopfzerbrechen bereitet hätte, wenn sie beabsichtigen würde, auf Dauer in der Stadt zu bleiben.
Er schüttelte diesen Gedanken energisch ab, konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe und löste behutsam den ersten Knopf, dann den zweiten und entblößte ein Stück porzellanweißer Haut. Sie hatte einen langen, anmutig geschwungenen Hals und einen unglaublich glatten Rücken, den er gern geküsst hätte, ehe seine Zunge langsam und genüsslich an ihrer Wirbelsäule hinuntergewandert wäre …
»Ohh, schon viel besser«, seufzte sie wonnevoll.
Wenn in dem kleinen Raum nicht ohnehin schon eine unerträgliche Hitze geherrscht hätte, wäre ihm jetzt der Schweiß ausgebrochen. Er beugte sich zu ihr, kurz davor, seine Fantasien in die Tat umzusetzen, als sie eine Hand hob und sich ein paar Haarsträhnen aus dem Nacken strich. Rick konnte der Versuchung nicht länger widerstehen. Sacht glitten seine Lippen über ihre seidige, warme, von einem feuchten Film überzogene Haut.
Sie erschauerte und seufzte leise, wich aber weder zurück, noch stieß sie ihn weg, was Rick als gutes Zeichen wertete, besonders als sie ihm den Kopf zuwandte und zuließ, dass seine Lippen die ihren berührten.
Er schloss die Augen, als sie auf seine stumme Forderung einging und seinen Kuss erwiderte. Ihr Mund war warm, weich und willig und entfachte ein Verlangen in ihm, das ihn zu überwältigen drohte. Sein Herz begann wie wild zu hämmern, und seine Handflächen wurden feucht – lächerlich für einen Mann von fast fünfunddreißig Jahren, der beileibe nicht zum ersten Mal eine Frau küsste. Nur hatte er nie zuvor von Anfang an so stark auf eine reagiert. Als er mit der Zunge sanft über ihre Lippen fuhr, schien sein ganzer Körper in Flammen zu stehen, doch ehe er ihren Mund weiter erforschen konnte löste sie sich von ihm, ließ den Kopf sinken und wich seinem Blick aus.
»Tut mir Leid, aber das ist einfach nur peinlich.«
Und er hatte gedacht, sie hätte es genauso gewollt wie er. »Du hast nicht direkt Nein gesagt«, meinte er unbeholfen, wobei er sich vorkam, als habe sie ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt.
Sie richtete sich auf, sah ihn an und blinzelte erstaunt. »Habe ich auch nicht.« Dann begriff sie, und ihre Augen öffneten sich weit. »Dachtest du, ich meine den Kuss? Nein, der war wundervoll.« Ein unsicheres Lächeln spielte um ihre Lippen. »Aber meine Position dabei war äußerst unbequem. Ein bisschen albern. Ähnlich wie dieses Gespräch.« Sie schüttelte den Kopf. Eine leichte Röte breitete sich auf ihren Wangen aus, sie presste beide Hände auf ihren Nacken und begann die Muskeln durchzukneten, die sich während des Kusses anscheinend verkrampft hatten.
Rick empfand plötzlich eine geradezu absurde Erleichterung, die ihn wie befreit auflachen ließ. »Ich würde dir ja eine fachkundige Massage anbieten, aber ich fürchte, das würde uns nur in noch größere Schwierigkeiten bringen.«
»Und als Hüter von Recht und Ordnung musst du dich aus derartigen Schwierigkeiten heraushalten?« Bei dieser zweideutigen Bemerkung funkelten ihre Augen.
»Nicht, wenn ich dienstfrei habe.« Die Worte waren ihm entschlüpft, ehe er es verhindern konnte.
Sie lachte. »Ich mag dich, Rick Chandler.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit, Ms. Sutton.« Er grinste. Himmel, die Frau ging ihm wirklich unter die Haut. Vielleicht konnte sie ja sein momentanes Problem lösen …
Wenn er Kendall als seine Freundin ausgab, würden sich seine Mutter und ihr Batallion heiratswütiger Frauen gezwungen sehen, zum Rückzug zu blasen. Kendalls Aufsehen erregende Ankunft in der Stadt würde Klatsch und Tratsch nur so blühen lassen. Die vorsichtigeren, zurückhaltenderen Frauen würden ihm vermutlich aus dem Weg gehen, bis sie genau wussten, ob Rick nun wirklich ein Verhältnis mit dem Neuankömmling hatte oder nicht. Aber die kühneren, die von Lisas Schlag, konnte nur ein unmissverständliches Signal zum Aufgeben bewegen; ein nicht zu übersehendes Signal wie Kendall mit ihrem pinkfarbenen Haar und ihrem Brautkleid.
Allerdings gab er sich nicht eine Minute lang der törichten Hoffnung hin, Kendall werde sein Spiel mitspielen und so tun, als hätten sie etwas miteinander, nur um Rick andere Frauen vom Hals
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