Der Tag der Traeume
weichen Hände verstärkten den Griff um seinen Nacken.
Er mochte den sanften Druck auf seiner Haut.
»Ich komme ja schon, Weib!« Pearls bessere Hälfte tauchte neben ihr auf, ein hoch gewachsener Mann mit schlohweißem Haar, der noch keinen falschen Zahn im Mund hatte. Oder es zumindest behauptete. »Was ist denn so wichtig, dass du unseren Gast nicht ins Haus bitten kannst, ohne dass …« Nach einem Blick auf Rick blieben ihm die Worte im Halse stecken.
»Hallo, Eldin.« Rick wappnete sich für die unvermeidlichen Fragen.
»Da hol mich doch der Teufel, Officer!«
»Hab ich’s dir nicht gesagt?« Pearl warf ihm einen viel sagenden Blick zu. »Genau das ist der Grund, warum ich dich nicht heiraten werde.« Sie wandte sich an Rick und Kendall. »Wir leben nämlich in Sünde«, teilte sie ihnen mit, wobei sie verschwörerisch die Stimme senkte, obwohl sonst niemand in Hörweite war.
»Das verflixte Frauenzimmer schützt die fadenscheinigste Ausrede vor, die mir je untergekommen ist, nur um mich nicht heiraten zu müssen«, grollte Eldin.
»Eldin hat ständig Rückenschmerzen, und ich weigere mich, einen Mann zu heiraten, der mich nicht über die Schwelle tragen kann. Habe ich Ihnen schon erzählt, dass wir in Sünde leben?« Wieder dämpfte sie die Stimme.
Als Kendall zu lachen begann, streiften ihre Brüste Ricks Oberkörper, und seine Körpertemperatur stieg erneut bedrohlich an. »Dürfen wir hereinkommen, ehe ich sie fallen lasse?«, fragte er.
»Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?« Pearl schob Eldin zur Seite und gab ihnen den Weg frei. »Na los, Rick, tragen Sie Ihre Braut über die Schwelle.«
Wie kam er aus dieser Sache je wieder heraus? Rick tigerte in dem stickigen, heißen Gästehaus hinter Crystal Suttons Villa nervös auf und ab. Eldin hatte sie hereingelassen, damit sie sich »ein bisschen frisch machen konnten«, während Pearl behauptete, in der Stadt noch rasch ein paar Einkäufe erledigen zu müssen.
»Einkäufe, dass ich nicht lache!«, knurrte Rick. Sie wollte Gott und der Welt erzählen, dass sie gerade Rick Chandler seine neue Braut über die Schwelle ihres Hauses habe tragen sehen. Jeder Versuch, ihr zu erklären, dass gar keine Trauung stattgefunden und die Braut und ihr angeblicher Bräutigam sich gerade erst kennen gelernt hatten, war vergeblich gewesen. Pearl hatte ihre Ohren einfach auf Durchzug geschaltet.
Ricks Schultermuskulatur verkrampfte sich stärker. Er konnte nur hoffen, dass seine Mutter dem ganzen Unsinn ein Ende setzte, wenn sie von dieser Geschichte erfuhr. Raina musste am besten wissen, dass ihr Sohn bestimmt nicht wieder sang- und klanglos geheiratet hatte. Sie würde daher dem Klatsch keinen Glauben schenken. Aber es war als sicher anzunehmen, dass sich die Neuigkeiten wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreiten und jeder seine eigenen Vermutungen über Rick Chandler und die Frau im Brautkleid anstellen würde, die er in Crystal Suttons Haus gebracht hatte.
Er stöhnte leise und erwog zum ersten Mal, in eine Großstadt zu ziehen, wo er in der Anonymität der Menge untergehen konnte. Doch dann schüttelte er den Kopf. Zu einem solchen Schritt würde er sich nie durchringen. Trotz all der traurigen Erinnerungen, die er mit Yorkshire Falls verband, liebte er seine Familie, seine Freunde und die friedliche Kleinstadtatmosphäre, die hier herrschte, viel zu sehr, um sich davon lösen zu können. Aber man durfte ja wohl noch träumen …
Er blickte zu der geschlossenen Badezimmertür hinüber, hinter der Kendall verschwunden war, um sich umzuziehen. Seine Braut. Die Vorstellung war so absurd, dass er die Augen verdrehte und mit der Hand über seine feuchte Stirn wischte. Himmel, dieses Haus war die reinste Sauna. Er würde Kendall dringend raten, sich im General Store eine Klimaanlage zu besorgen.
Was trieb sie bloß so lange da drinnen? Sie hatte gesagt, sie müsse unbedingt dieses Kleid ausziehen, aber das war vor zehn Minuten gewesen. Er ging zur Badezimmertür und hämmerte dagegen. »Alles in Ordnung bei dir?«
»So lala«, ertönte die erstickte Antwort.
Rick drückte die Klinke herunter und stellte fest, dass die Tür abgeschlossen war. Er klopfte noch einmal an. »Lass mich rein, oder ich muss die Tür eintreten.« Hoffentlich kam es nicht so weit. Sein Rücken und seine Schultern schmerzten noch von dem Aufprall auf dem harten Boden.
Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet. Er zwängte sich hindurch und sah, wie sie auf den
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