Der Tag der Traeume
zu halten. Er beabsichtigte auch nicht, ihr einen derartigen Vorschlag zu unterbreiten, musste aber zugeben, dass der Plan durchaus etwas für sich hatte. »Wir haben dich immer noch nicht aus diesem Kleid befreit«, meinte er endlich lahm.
»Was glaubst du wohl, worauf ich die ganze Zeit warte?«
Rick biss die Zähne zusammen und knöpfte das Kleid wortlos weiter auf, wobei er sich bemühte, sich einzig und allein auf seine Aufgabe zu konzentrieren und den Umstand zu ignorieren, dass er eine immer größere Fläche ihrer samtweichen Haut frei legte.
Als seine Finger ihre Taille erreichten, hielt er inne. »Ich denke, jetzt kommst du alleine klar. Ich warte dann draußen.« Denn der nächste Schritt hieße, das Oberteil des Kleides herunterzuziehen und ihre Brüste zu entblößen. Danach würde er sich weiter nach unten arbeiten, an ihren Beinen herunter, und dann …
»Das ist vermutlich das Beste.« Ihre Stimme riss ihn gerade noch rechtzeitig aus seinem Tagtraum.
»Ich lasse die Tür angelehnt.« Er trat einen Schritt zurück. »Ruf mich, wenn du etwas brauchst.«
»Wird gemacht.« Sie bedachte ihn mit einem dankbaren Lächeln.
»Gut.« Rick verließ fluchtartig den Raum, ehe er über weitere etwaige Wünsche seiner- oder ihrerseits nachzudenken begann.
Kendall hatte sich aus dem Oberteil ihres Brautkleides gewunden und starrte nun ihr erhitztes Spiegelbild an. Sie hätte gern die stickige Wärme im Raum für ihre geröteten Wangen verantwortlich gemacht, wusste aber, dass die Berührung von Ricks Lippen und seiner kräftigen Hände auf ihrer bloßen Haut die wahre Ursache dafür waren.
Mit dem Kuss hatte sie nicht gerechnet, obwohl sie nicht leugnen konnte, dass es zwischen ihnen gewaltig knisterte. Außerdem hatten sie beide Ähnliches durchgemacht; das Verständnis für den Kummer des Anderen bildete ein weiteres starkes Band zwischen ihnen. Dazu kam, dass er ihr gerade aus dem Kleid geholfen hatte; eine Situation, die an Intimität kaum zu überbieten war. Als seine Lippen ihre Haut gestreift hatten … allein bei der Erinnerung überlief sie ein wohliger Schauer.
Kendall zählte sich nicht zu dem Typ Frau, der sofort zur Sache ging. Sie hatte ihm nur ins Gesicht sehen wollen und deshalb den Kopf zu ihm gedreht – und dann hatten sich ihre Lippen wie von selbst getroffen. Der Kuss hatte sie bis ins Innerste berührt. Er verlieh ihr das Gefühl, begehrt zu werden, und befriedigte so ein Bedürfnis tief in ihr, von dem sie gar nicht gewusst hatte, dass es existierte.
Ihr Leben lang war sie das abgeschobene Kind gewesen, das niemand haben wollte. Auch Brian hatte sie zwar körperlich begehrt, ihr jedoch nie tiefere Gefühle entgegengebracht. Ihre Beziehung war eher geschäftlicher Natur gewesen. Er hatte ihr die Modeljobs verschafft, die es ihr ermöglichten, für die Pflege ihrer Tante aufzukommen, sie hatte seine Freundin gespielt, um ihm über die erste Zeit nach einer schmerzhaften Trennung hinwegzuhelfen. Und obwohl aus der vorgetäuschten Beziehung im Laufe der Zeit eine echte geworden war, hatte sie nie sonderlich viel für Brian empfunden.
Ihre Gefühle für ihn ließen sich jedenfalls nicht annähernd mit denen vergleichen, die Rick in ihr ausgelöst hatte. Schon nach dem ersten Kuss war ihr klar, dass sie sich von ihm nicht nur auf erotischer Ebene angezogen fühlte. Zwischen ihnen herrschte eine merkwürdige Vertrautheit, die sie gern näher erforscht hätte. Warum eigentlich nicht? Dieser Gedanke schoss ihr völlig überraschend durch den Kopf.
Die Antwort folgte auf dem Fuße. Sie hatte erst vor wenigen Stunden ihre Verlobung mit Brian gelöst und eine bedeutsame Phase ihres Lebens beendet. Obwohl sie Brian nicht geliebt hatte, war die ganze Angelegenheit für sie zur Tortur geworden. Mittlerweile war ihre Benommenheit verflogen, trotzdem spritzte sie sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht, dann schüttelte sie unwillig den Kopf und presste die nassen, kalten Hände gegen ihren Nacken, um wieder zur Besinnung zu kommen.
Scheinbar konnte sie im Moment nicht klar denken; nicht, wenn sie ernsthaft in Erwägung zog, sich mit einem Mann einzulassen, der für sie praktisch ein Fremder war. Nur dass er ihr eben nicht wie ein solcher vorkam. Sie hatte das Verlangen in seinen Augen gesehen und das Zittern seiner Finger auf ihrer Haut gespürt. Kendall fing für gewöhnlich nichts mit Männern an, die sie kaum kannte, aber Rick Chandler stellte ihre Widerstandskraft auf eine harte Probe.
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