Der Tag der Traeume
Pearl in dieser Angelegenheit ihren eigenen Kopf hatte. Wie Ricks Mutter, so wie es aussah.
Doch da Rick das Ganze offenbar alles andere als lustig fand, faltete sie die Hände und bemühte sich, ernst zu bleiben. »Niemand hier würde glauben, dass du geheiratet hast, ohne irgendjemandem etwas davon zu sagen.«
»O doch, wenn man bedenkt, dass es nicht das erste Mal wäre.« Seine Augen umwölkten sich. Scheinbar hatte er plötzlich mit unangenehmen Erinnerungen zu kämpfen.
Er war also schon einmal verheiratet gewesen. Ganz offensichtlich mit seiner Liebsten durchgebrannt. Kein Wunder, dass ihm die Heiratskampagne seiner Mutter gegen den Strich ging. Überrascht und neugierig zugleich beugte sie sich vor. »Erzähl mir davon.«
»Nicht in diesem Leben«, erwiderte er, sich ihrer Worte bedienend. Dann erhob er sich. »Und wie sehen deine weiteren Pläne aus?«, wechselte er rasch das Thema.
Scheinbar hatten sie beide einen Schutzwall um sich herum errichtet, der keinesfalls Risse bekommen durfte. Obwohl sie darauf brannte, mehr über Rick in Erfahrung zu bringen, bohrte Kendall nicht weiter, denn sie wusste, dass sie auf Granit beißen würde. Und wenn sie es nicht zu einem Austausch von Vertraulichkeiten kommen lassen wollte, der sie beide einander näher bringen würde, musste sie auch seine Privatsphäre respektieren. Sie hatte ja ohnehin vor, bald wieder abzureisen.
Er hatte sie nach ihren Plänen gefragt. Vermutlich bezog er sich damit auf die nächsten paar Tage. Sie sah sich in dem staubigen Raum um, überlegte, was im Haupthaus alles reparaturbedürftig und verwahrlost gewirkt hatte und rieb sich dann müde die Augen. »Ich schätze, ich schaffe es heute noch, mein Schlafzimmer und die Küche sauber zu machen.« Beim Gedanken an die Staubwolken, die sie dabei aufwirbeln würde, rümpfte sie die Nase. »Morgen fange ich dann an, das Haus in Ordnung zu bringen. Oh, und dann sollte ich mich wohl mit einem Makler in Verbindung setzen und mich erkundigen, was ich für den Kasten verlangen kann, obwohl ich inzwischen eingesehen habe, dass es noch viel zu tun gibt, ehe ich ihn verkaufen kann.«
Er nickte, schob die Hände in die Hosentaschen und inspizierte seine Umgebung kritisch. »Ich helfe dir beim Putzen.«
Sein Angebot rührte sie, aber sie konnte es nicht annehmen. »Das ist wirklich nicht nötig. Ich werde doch wohl noch ein Zimmer in einen bewohnbaren Zustand versetzen können.«
»Womit denn? Du brauchst Putzzeug, Lebensmittel und, falls die Vorhersage der Wetterfrösche stimmt, vor allem erst mal eine Klimaanlage. Ohne die erstickst du nämlich hier drin.«
Kendall versuchte, tief Atem zu holen, und begann prompt zu husten. Rick hatte Recht, die Luft war abgestanden und stickig. »Ach herrjeh. Mit so vielen zusätzlichen Kosten habe ich gar nicht gerechnet.« Im Geist überschlug sie rasch ihren Kontostand. Das Geld, das sie auf der Bank hatte, würde noch nicht einmal reichen, um eine Weile hier zu leben.
»Ich nehme an, du hast gedacht, du kommst her, bietest das Haus zum Verkauf an, kassierst das Geld und verschwindest wieder, stimmt’s?«
Kendall nickte. »Da war ich wohl ein bisschen zu optimistisch, was?«
»Ein bisschen.« Er grinste. »Aber deine Einstellung gefällt mir. Man soll sich über Probleme erst dann den Kopf zerbrechen, wenn sie auftauchen.«
»Du willst nur nett zu mir sein und mich nicht als dumme Gans oder impulsive Idiotin bezeichnen.«
Sein Grinsen verflog, seine Mundwinkel zogen sich nach unten. »Hör doch auf, so hart gegen dich zu sein. Immerhin hast du einiges hinter dir. Wie sehen denn nun deine konkreten Pläne aus?«
Ihre Kreditkarten hatte sie bei sich, damit war die dringendste Geldfrage vorerst gelöst. Und Brian würde ihr sicher ihre Schmuckkollektion und ihr Werkzeug schicken. Wenn sie ein Geschäft fand, in dem sie die Sachen auf Kommissionsbasis verkaufen konnte, wäre es vielleicht möglich, sich eine Kleinigkeit dazu zuverdienen. Okay, also hatte sie Pläne. Ansatzweise jedenfalls. Sie sah Rick an. »Wenn du mir erklärst, wie ich in die Innenstadt komme, könnte ich …«
»Auf deinem fliegenden Teppich davonfliegen?«
Kendall stieß vernehmlich den Atem aus und setzte die Reparaturkosten für ihr Auto auf die Liste anfallender Ausgaben. »Macht es dir viel aus, mich mitzunehmen?« Sie biss sich auf die Lippe, als ihr aufging, dass sie ausgerechnet einem Mann, der von Frauen, die etwas von ihm wollten, die Nase gestrichen voll hatte, einen
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