Der Tag Des Falken
»Ich glaube, ich höre die Huey kommen.«
»Richtig!« Er zeigte ihr, was er in der rechten Hand hatte: einen schwarzen Behälter in der Größe einer Getränkedose mit einem Abreißzünder im rechteckigem Deckel. Einen zweiten Behälter hielt er in der linken Hand. »Kann's losgehen?«
Auch Geffar hatte zwei dieser Behälter aus ihrer Gürteltasche geholt.
»Warte, bis der Hubschrauber näher heran ist.«
Das dauerte nicht lange. Schon wenige Sekunden später war das laute Knattern der Rotorblätter deutlich zu hören. Einige Soldaten begannen den Aufstieg zu dem Dach, auf dem Geffar und die anderen festsaßen, aber die meisten warteten wie gelähmt auf weitere Befehle.
Dann war der Hubschrauber heran, fegte in kaum drei Meter Höhe über die Hangardächer und trieb die Soldaten auseinander.
»fetzt!« rief Geffar. Sie warfen zwei Behälter auf die benachbarten Hangardächer und bedeckten ihre Köpfe sofort mit den Armen. Die Druckwelle der Elend- und Schockgranaten traf ihre Gesichter und saugte ihnen die Luft aus den Lungen.
»Auf!« befahl Geffar. Van Nuys, der offensichtlich Schmerzen hatte, wälzte sich desorientiert übers Dach. Auch Salman war sichtlich benommen, aber stark genug, um sich rasch aufzurappeln und zu helfen, Van Nuys in die Dachmitte zu schleifen. Auf den anderen Dächern sah Geffar noch einige stehende Soldaten, die sich jedoch alle krampfhaft die Ohren zuhielten. Im Freien verpuffte die Wirkung der Blend- und Schockgranaten etwas, aber da die Soldaten auf kleinstem Raum beisammen gestanden hatten, war ihre Wirkung trotzdem verheerend gewesen.
Der Hubschrauber donnerte im Tiefflug übers Vorfeld, wendete und kam zu den Hangars zurück. Als Long und Geffar von unten Schüsse hörten, warfen sie noch zwei Handgranaten über die Dachkante, während die grün-blaue UH-1 Huy so tief anschwebte, daß ihre Kufen fast das Teerdach streiften. An den offenen Kabinentüren stehende Hammerheads schössen über die Soldaten auf den Dächern hinweg, um sie niederzuhalten. Keine halbe Minute später waren alle an Bord, und der Hubschrauber verließ mit Höchstgeschwindigkeit den Bereich des kleinen Flughafens...
»Alles okay?« rief Masters laut nach hinten. »Keiner verletzt?«
»Van Nuys hat's an der Schulter erwischt«, antwortete Geffar. Der Copilot warf ihr den Erste-Hilfe-Kasten zu, und sie riß sein Hemd auf, um die Wunde versorgen zu können. Max, der Drogen-
Schmuggler, durfte nicht verbluten, bevor die Gerichte sich mit ihm befassen konnten.
»Schlimm?« fragte Van Nuys, der sich wieder erholt zu haben schien.
»Du wirst's überleben«, antwortete sie.
»Jemand hat uns rausgeholt?«
»Wir haben's geschafft - trotz deiner Hilfe, Dreckskerl«, sagte Geffar und zog den Verband absichtlich fester. »Deinetwegen hätten sie uns fast erledigt. Und jetzt hör zu! Du beantwortest meine Fragen, sonst bringen wir dich nach Ciudad del Carmen zurück, damit dein Kumpel Salazar dich in die Mangel nehmen kann. Erzähl mir von diesem geplanten Drogentransport...«
Carmen del Sol Airlines, Flughafen Ciudad del Carmen
Agusto Salazars Gesicht war zornrot, während er den Chef des Sicherheitsdienstes, Capitän Garza, Major Trujillos Stellvertreter, den Schichtleiter und die drei für die Bewachung des Flughafens verantwortlichen Zugführer in seinem Büro anbrüllte. »Drei Unbekannte, darunter eine Frau, gelangen unerkannt in meinen Stützpunkt und entführen Van Nuys vor eurer Nase?«
»Das ist ein gut geplantes Kommandounternehmen gewesen, Coronel«, versuchte der Schichtleiter einzuwenden. »Sie haben Maschinenwaffen und Schockgranaten eingesetzt. Dagegen konnten wir uns nicht...«
»Spart euch die Ausreden! Verschwindet!« Der Schichtleiter und die drei Zugführer hasteten aufatmend hinaus.
»Ich habe eine großangelegte Suchaktion eingeleitet, Coronel«, meldete der Chef des Sicherheitsdienstes. »Miliz, Polizei und Zollbehörde sind verständigt. Wir haben sechs Hubschrauber im Einsatz: fünf haben die Verfolgung aufgenommen, und der sechste steht für den Fall, daß die Flüchtigen gefaßt werden, für Sie bereit.«
»Ich warne Sie, Capitän«, sagte Salazar mühsam beherrscht, »wenn sie nicht binnen einer Stunde gefaßt werden... Was in Verrettes passiert ist, war noch entschuldbar, weil niemand mit einem Luftangriff rechnen konnte — aber nicht einmal drei Personen aufhalten können?
Los, raus mit Ihnen, und kommen Sie nicht zurück, bevor Sie die Eindringlinge aufgespürt
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