Der Tag Des Falken
unwahrscheinlich.«
Wexfall schien noch immer nicht überzeugt zu sein.
»Wir könnten selbst ein Flugzeug losschicken, um...«
»Ich weiß, ich weiß.« Als Wachleiter von SLINGSHOT mußte Wexfall diese Entscheidung treffen. Aber jeder Einsatz - vor allem bei Nacht -, um eine verdächtige Maschine abzufangen, war teuer und riskant und konnte einem Kritik von Vorgesetzten einbringen. Hätte es sich um ein nicht identifiziertes Ziel im Tiefflug gehandelt, wäre die Entscheidung einfacher gewesen. »Der militärische Code macht mir Sorgen.
Vielleicht sollten wir die Air Force auffordern, diese Maschine zu überprüfen.«
»Die würde uns was husten«, stellte Gusman fest.
Wexfall nickte. Den Militärs widerstrebte es noch mehr, eine zivile Propellermaschine von einem bewaffneten Jäger abfangen zu lassen.
»Wer ist heute nacht an Deck?«
»Küstenwache«, antwortete Gusmann.
Wexfall zuckte mit den Schultern. Früher waren verdächtige Maschinen wie diese allein von Zollflugzeugen überprüft worden, aber seitdem die Küstenwache Mitte der achtziger Jahre in die Bekämpfung des Drogenschmuggels eingeschaltet worden war, teilten sie sich die Arbeit. Für diese Einsätze gab es keine festen Regeln, sondern wer gerade an Deck war, erhielt den Auftrag. Nicht gerade das effektivste oder logischste Verfahren, aber so war es nun einmal.
»Gib durch, daß eine Falcon in Zehnminutenbereitschaft stehen soll«, forderte Wexfall den neben ihm sitzenden Küstenwachmann auf.
»Dann holst du mir den Wachhabenden bei Air Ops ans Telefon.
Vielleicht untersagt er den Start, aber falls er's nicht tut, sollten wir eine Maschine in Bereitschaft haben.«
Miami Coast Guard Air Station, Opa-Locka
Airport, Florida
Das Geldstück drehte sich in der Luft. Korvettenkapitän Kevin Rawlins ließ es in seine Linke fallen, klatschte es auf den rechten Handrücken und nahm die linke Hand weg. »Kopf - gewonnen!« sagte er zufrieden grinsend. Er grapschte seiner Partnerin die Fernbedienung weg und drückte auf einen Knopf. »Moon-lighting kommt in fünf Minuten.«
»Zeig mir mal das Geldstück!« verlangte seine Copilotin Kelly Sandino.
»Schlechte Verliererin.« Rawlins ließ sich in einen Sessel fallen und legte seine Beine auf den Couchtisch vor dem Fernseher. Trotz seiner Durchschnittsgröße hatte er übermäßig lange Beine und trug deshalb sogar eine nach Maß gearbeitete Fliegerkombi. Die anderen Piloten der HU-25C Falcon der Küstenwache wußten immer, wenn Rawlins vor ihnen geflogen war, weil der Sitz ganz nach hinten und die Ruderpedale ganz nach vorn verstellt waren. »Und vergiß nicht, Mikrowellen-Popcorn ohne Salz mitzubringen!«
»Du kannst mich mal«, wehrte sie ab. Leutnant Kelly »Grace«
Sandino, eine der nur siebzig Pilotinnen der U. S. Coast Guard, war eine schwarzhaarige Schönheit aus Puerto Rico, der es ir-10 gendwie gelang, Rawlins' Schrulligkeit und ihre eigene Rolle als einzige Jetpilotin in Opa-Locka zu verkraften und trotzdem zur Spitzengruppe der dortigen Piloten zu gehören.
Die Stimmung der Besatzung war gut. Heute war der letzte Tag ihrer einwöchigen Alarmperiode mit abwechselnd vierund-zwanzig Stunden Dienst und vierundzwanzig Stunden Freizeit; danach standen ihr zwei Wochen Urlaub zu. Kevin wollte ein paar Tage in Key West angeln - so weit wie irgend möglich vom nächsten Flugplatz entfernt.
Der Alarmtag hatte um sechzehn Uhr - vor fast fünf Stunden -mit einem routinemäßigen Überwachungsflug begonnen. Geflogen hatte die Falcon ein Offizier aus dem Stab des hiesigen Kü-stenwachabschnitts, der alle zwei Monate mindestens sechs Flugstunden nachweisen mußte, um seinen Schein zu erhalten. Der Stabsoffizier hatte zu Übungszwecken eine zweite Falcon angesteuert - erst mit Radarführung durch SLINGSHOT, die gemeinsame Station von Coast Guard Customs Service, danach auf Anweisung des mitfliegenden eigenen Radaroffiziers. Zuletzt noch ein paar Übungslandungen, dann war der Einsatz beendet.
Für den Rest der Alarmperiode befanden sie sich in Zehnminutenbereitschaft, was bedeutete, daß sie notfalls in zehn oder weniger Minuten gestartet sein mußten. Auf der Miami Air Station, dem SAR-Stützpunkt mit den meisten Einsätzen, waren Hubschrauber des Typs Dolphin und zweistrahlige Transporter des Typs Falcon mit Vorwarnzeiten zwischen fünf und dreißig Minuten stationiert. Die meisten Jets - das SAR-Modell Falcon A und das Überwachungsflugzeug Falcon C - standen in Zehnminutenbereitschaft; für die
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