Der Tag Des Falken
Fluglotse. Sandino stellte die Scrambler-Frequenz von SLINGSHOT ein, wartete ab, bis das Pfeifen und Zirpen in ihrem Kopfhörer zu einem leisen Knistern geworden war, das anzeigte, daß die abhörsichere Verbindung stand, und rief SLINGSHOT.
Wenig später antwortete Wexfalls leicht quäkende verzerrte Stimme aus dem Keller von Miami Air Traffic Control: »Omaha One-One, wie hören Sie mich?«
Sandino drückte ihre Sprechtaste. »Höre Sie vier.«
»Verstanden. Ich übergebe an Ihren Controller.« Nun entstand eine kurze Pause, in der Wexfall die Radarführung dem erfahreneren Gusman übergab. Dann meldete sich die neue Stimme. »One-One, fliegen Sie Kurs eins-null-null, und halten Sie zweitausend Fuß. Ihr Ziel ist sechzig Seemeilen vor Ihnen und tiefer.«
Rawlins kurvte leicht nach rechts und schaltete den Autopiloten ein.
»Okay, Conk, er ist bei sechzig Meilen und tiefer. Sehen Sie zu, daß sie ihn finden!«
»Roger, ich suche«, antwortete Joe Conklin über die Bordsprechanlage. Der zwischen Piloten und Copilotin im oberen Drittel der Instrumententafel eingebaute Bildschirm leuchtete auf und begann zu pulsieren, als das Radar seinen vorprogrammierten Suchlauf begann.
Da das Ziel sich maximal 2000 Fuß unter der Falcon befinden konnte, verengte Conklin den horizontalen Suchbereich von 120 auf 40 Grad und den vertikalen von 40 auf 10 Grad, um das andere Flugzeug mit schärfer gebündeltem Antennenstrahl aus größerer Entfernung erfassen zu können.
Schon Sekunden später stabilisierte sich die Darstellung. Der Bildschirm zeigte ein quadratisches Radarsymbol, das von einer weißen Raute überlagert wurde, während am oberen Bildschirmrand RADAR LOCK eingeblendet wurde. »Ziel erfaßt«, meldete Conklin.
»Schnelles Flugzeug, tief, fünfzig Meilen bei zehn Uhr dreißig.« Der Radarcomputer berechnete Höhe und Geschwindigkeit des Ziels und zeigte fortlaufend den entsprechenden Abfangkurs an. »Zehn Grad links, Annäherungsgeschwindigkeit zweihundertdreißig Knoten.«
»Fünfundvierzig Seemeilen«, bestätigte Rawlins, während er nach links einkurvte, um sich hinter die andere Maschine zu setzen. »Zehn Minuten bis zum Abfangen.«
»Kevin, wie war's, wenn du mich das Abfangmanöver fliegen lassen würdest?« fragte Sandino über die Bordsprechanlage.
Rawlins sah zu seiner Copilotin. »Dein Prüfungsflug fürs Abfangen bei Nacht steht noch aus...«
»Ich hab' die Theorieschulung und einen Simulatorflug.«
»Bevor du echt geübt hast, ist nichts zu machen.«
»Wie soll ich jemals geprüft werden können, wenn ich keine Abfangmanöver fliegen darf?« beschwerte sie sich. »Bitte, Ke-vin! Ich fliege ganz ruhig und vorsichtig an. Du kannst jederzeit wieder übernehmen.«
Warum eigentlich nicht? dachte Rawlins. Da er Fluglehrer war, verhielt er sich nicht ganz vorschriftswidrig, wenn er sie das Abfangmanöver fliegen ließ. Schließlich war sie eine ausgezeichnete Pilotin.
Er nickte Sandino zu und beobachtete, wie ihre Hände das Steuerhorn umfaßten. »Ich hab' sie«, sagte sie dann.
Rawlins bewegte die Steuersäule etwas, spürte ihre Gegenbewegung und ließ los. »Du hast sie«, bestätigte er. »Okay, hinterher!«
Brickell Plaza Federal Building, Miami,
Florida
Vizeadmiral lan Hardcastle, Chef des Seventh Coast Guard Di-stricts in Miami, hatte einen der in letzter Zeit so häufigen langen Arbeitstage hinter sich. Die Einsamkeit in seiner menschenleeren Dienststelle war eine willkommene Abwechslung - und selbst der Papierkram war besser als der große, leere, stille Bungalow, der ihn daheim erwartete.
Der Befehlshaber des aktivsten Küstenwachbezirks stand auf, reckte seinen hageren Körper und fuhr sich mit einer Hand durch sein mit Grau durchsetztes aschblondes Haar. Er sah sein Spiegelbild in einer dunklen Fensterscheibe und stellte fest, daß sein blaues Uniformhemd und die marineblaue Hose lockerer saßen als sonst: Streß, unregelmäßiges Essen und ein paar späte Abende in O'Mallys Taverne... Im Gegensatz zu seinen blauen Augen hatte sein Spiegelbild schwarze, die im grellen Neonlicht noch tiefer in ihren Höhlen zu liegen schienen.
Geisterhaft! dachte Hardcastle, während er sein hageres Ge sicht betrachtete. Wie aus einer Gespenstergeschichte meines schottischen Großvaters. Er reckte sich erneut und spürte die Schmerzen in Handgelenken und Fingerknöcheln. Arthritis -eine Erinnerung an sein Alter und den bevorstehenden Ruhestand. Der Admiral schlüpfte in seine Fliegerjacke, die ihm ein
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