Der Tag des Königs
.â.â.«
»Warte, warte. Lass mich reden und auch mal zu Wort
kommen. Ausnahmsweise habe ich auch mal eine Geschichte für uns auf Lager. Also sei still.«
»Schon gut, schon gut.«
»Ãhm .â.â.«
»Leg los und such die richtigen Wörter aus. Ich kann dir helfen, wenn du willst.«
»Nein. Ich nehme meine eigenen Wörter. Hör zu. Hör mir zu, basta.«
»Los, los. Erzähl deinen Traum.«
»Hassan II .«
»Hassan II .? Bist du sicher? Hast du keine Angst?«
»Jetzt habe ich keine Angst. Im Traum war ich entsetzt. Ich hatte Todesangst. Im tiefsten Dunkel. In einer Welt, wie du sie in deinen Geschichten über die Sonne beschreibst, die uns bald zum Schmelzen bringen wird.«â
»Und wie war Hassan II .?«
»Klein .â.â. Groà .â.â. Weià ich nicht mehr genau. Unglaubliche Augen. Schwarz. WeiÃ. Auch schön, glaube ich. Schönreich. Verstehst du? Ich war fast die ganze Zeit geblendet. Ich sah ihn und zugleich sah ich ihn nicht. Er flöÃte mir Angst ein. Aber ich wollte trotzdem auf ihn zugehen. Er ist der König. Alle Marokkaner wünschen sich, auf den König zuzugehen, oder nicht?«
»Ich jedenfalls schon.«
»Aber du nicht aus denselben Gründen. Du, du bist .â.â. schon längst .â.â. Ich meine .â.â. Ich weià nicht, wie ich sagen soll .â.â.«
»Erzähl deinen Traum weiter. Erzähl. Wer war sonst noch bei ihm?«
»Frauen, viele, viele Frauen. Wie in den italienischen Erotikfilmen, die wir beide im An-Nasr-Kino gesehen haben.«
»Hassan II ., umringt von nackten Frauen?«
»Nein, nein, sie hatten Kleider an, prachtvoll, ganz prachtvoll. Ich meine wie in dem Film Die Stadt der Frauen .«ââ
»Von Federico Fellini? Kennst du den denn?«
»Wir haben ihn zusammen gesehen, weiÃt du nicht mehr? Letztes Jahr, kurz vor den Sommerferien. Kurz vor deiner Abreise nach .â.â. nach .â.â.«
»Nach Paris.«
»Genau. Erinnerst du dich jetzt? Ich hatte dich kurz vor Beginn der Vorstellung gebeten, mir einen Chanel-Lippenstift aus Paris mitzubringen .â.â. für meine Kusine.«
»Für deine Kusine, ach ja?«
»Ich schwöre es.«
»Du Lügner! Und, hab ich dir einen mitgebracht .â.â. für deine Kusine?«
»Ja, knallrot. Sehr schick. Chanel. Genau so einen wollte sie.«
»Gut, gut, ich glaube dir ja. Zurück zu Hassan II .«
»Sie hat sich sehr gefreut. Ãbrigens hast du deiner Freundin Samira den gleichen geschenkt. Daran erinnerst du dich doch bestimmt.«
»Komm mir bloà nicht mit Samira. Sie nervt mich. Ich werde mit ihr Schluss machen. Heute Abend vielleicht. Wie sind wir jetzt auf sie gekommen? Zurück, sofort zurück zu Hassan II .«
»Wo war ich stehengeblieben?«
»Du hast fast nichts erzählt. Schön der Reihe nach. Erzähl von Anfang an. Erzähl, als würdest du eine Erörterung schreiben.«
»Soll das ein Witz sein? Du weiÃt doch, wie mies ich in Erörterungen bin. Und genau deshalb lasse ich .â.â.«
»Ja, ja .â.â. Genau deshalb schreibe ich sie immer für dich.«
»Du bist fies.«
»Ich weiÃ. Deshalb liebst du mich ja.«
»Du bist fies, fieser geht's nicht.«
»Hör auf, hör auf. Machst du jetzt etwa auf kleines Mädchen? Du weiÃt genau, dass du so fies bist wie ich. Wir sind gleich, trotz all unserer Unterschiede. Aus dem gleichen Holz geschnitzt. Ist dir das klar?«
»Ãberhaupt nicht. Du sagst das zum ersten Mal so .â.â. deutlich. So klar ausgedrückt und .â.â. Existieren diese Unterschiede zwischen uns wirklich nicht? Ich glaube nicht .â.â. Ich glaube nicht. Du tust so, als wärst du wie ich, aber du bist es nicht. Der Arme bin ich. Alles in mir muss dich daran erinnern, und nicht nur dich.«
»Hör doch auf mit diesem Minderwertigkeitskomplex. Hör auf. Ich hab die Schnauze voll. Im Leben dreht sich doch nicht alles nur darum.«
»Eben doch.«
»Eben nicht.«
»Du verstehst mich nicht, Khalid.«
»Mein lieber Freund Omar, das sagst du jedes Mal zu mir, wenn dir die Argumente ausgehen.«
»Ich kann mich aber nicht so gut ausdrücken wie du. Das wirst du nie begreifen.«
»Hör doch auf. Du gehst mir auf die Nerven mit
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