Der Tag mit Tiger - Roman
können sie wundervoll singen.«
»Magst du Musik?«
»Wenn es nicht Dudelsack ist! Am liebsten mag ich Katzenmusik und argentinischen Tango.«
»Eine ausgefallene und exquisite Mischung, Tango bei Christian und Katzenmusik im Revier, richtig?«
»Richtig. Da fällt mir ein, wir wollten heute Abend doch noch ein Konzert machen. Der Mond ist gerade richtig dafür«, schloss Nina mit einem Blick zum Horizont, wo ein großer, gelber Vollmond über den schwarzen Baumwipfeln hing.
Danach erstarb die Unterhaltung, und Nina und Anne dösten gemeinsam ein wenig vor sich hin. Es wurde dunkler und ruhiger im Revier. Nur hin und wieder stimmte ein wachsamer Hund sein Gebell an, mit der Folge, dass alle anderen Hunde im Dorf auch etwas zu dieser Angelegenheit zu sagen hatten. Ein besonders schriller Terrier wollte überhaupt nicht mehr aufhören, und sein Herrchen wurde deshalb von einer Nachbarin lauthals beschimpft.
»Was ist denn mit Hedi los? Nervensäge, elendige!« Mit diesen Worten kehrte der unsanft durch das Gekläffe geweckte Tiger zu den beiden anderen zurück.
»Ach, es ist Vollmond. Und es ist jetzt sowieso langsam an der Zeit, weiter die Runde zu machen«, besänftigte Nina ihn.
Emils Auto
Sie waren kaum einige Schritte gegangen, als sie ganz in der Nähe Fauchen und einen menschlichen Schmerzensschrei hörten.
»Das kommt von der Straße, aus Jakobs Revier«, erklärte Tiger beunruhigt.
»Ja, irgendwas stimmt da nicht. Sehen wir nach«, schlug Nina vor. Zu dritt schlichen sie geduckt näher und beobachteten das Geschehen vor dem Haus.
»Hier wohnt Emil, nicht wahr?«, versicherte sich Anne. »Das ist doch sein Auto, an dem sich die Jungs zu schaffen machen«, fauchte sie empört, als sie erkannte, was sich in der Dämmerung abspielte. »Das ist doch sein ganzer Stolz.«
»Viel schlimmer ist, was gleich mit Jakob passiert«, warnte Tiger.
Jakob saß mit gesträubtem Fell auf dem Autodach und fauchte, was das Zeug hielt. Erni, der versuchen wollte, das Schloss auf der Fahrerseite aufzubrechen, war einen Schritt zurückgetreten und hielt sich die Wange. Dabei stieß er leise unschöne Drohungen aus. Alf bearbeitete inzwischen die Beifahrerseite, als sich Jakob umdrehte und auch ihm einen scharfen Tatzenhieb verpassen wollte. Der Junge wich aus und zischte den anderen leise zu: »Verdammt, schafft mir diese Katze vom Hals.«
Stone lehnte sich über die Windschutzscheibe und wollte nach Jakob greifen, doch der war behände auf die Straße gesprungen. Hier erwischte den Kater jedoch ein derber Fußtritt von dem wütenden Erni, dessen Wange aus vier langen Kratzern blutete. Jakob flog ein Stück zur Seite und konnte sich nur ganz knapp vor einem weiteren Tritt aufrappeln und ausweichen. Schon war Dick neben ihm und holte aus.
»Hey, Katzenfußball!«
Noch einmal kam Jakob davon und flüchtete unter das Auto.
»Mist!«, knurrte Dick und raunzte dann den am Fenster der Beifahrertür werkelnden Alf an: »Hast du es endlich auf?«
Der schüttelte mit einem unwilligen Laut den Kopf. »Scheißverriegelung!«
Stone und Erni hatten sich inzwischen gebückt und versuchten Jakob unter dem Auto hervorzuscheuchen. Der eine hatte einen Stock, mit dem er nach der alten Katze stieß, und der andere versuchte ihn von der anderen Seite mit Steinen zu treffen.
»Wir müssen Jakob helfen«, drängte Anne. »Die sind zu allem fähig.«
»Wie denn?«, murrte Tiger.
»Ablenken«, riet Nina.
»Oder Menschen aufmerksam machen. Schließlich wollen die das Auto aufbrechen.«
»Schreien?«
»Emil ist halb taub und hat das Fernsehgerät an«, wandte Tiger ein.
»Hedi hat vorhin ganz schön genervt, können wir den nicht als Sirene benutzen?«, schlug Ninas vor.
»Super, den wollte ich schon immer mal aufmischen.« Die Idee gefiel Tiger. Mit einigen Sätzen war er zum angrenzenden Grundstück geschossen, hatte den Baum vor dem Balkon erklommen und versuchte, Hedis Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der reizbare Terrier lag am offenen Wohnzimmerfenster und döste, während seine Herrschaften fernsahen.
Alf hatte inzwischen die Verriegelung der Beifahrertür mit dem Draht zu fassen bekommen und zog sie mit Gefühl nach oben.
Jakob war noch immer unter dem Auto und hatte bereits einige Hiebe von dem Stock hinnehmen müssen, um seinen sicherenUnterschlupf nicht verlassen zu müssen. Er war schon über die Maßen erschöpft.
Hedi bemerkte die Katze nicht. Tiger wagte sich auf einem sich verjüngenden Ast weiter vor, um auf
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