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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die Balkonbrüstung zu springen. Der Ast schwankte, und Tiger kämpfte mit der Höhenangst. Nina und Anne konnten nichts weiter tun, als dem Geschehen atemlos zu folgen.
    Da! Genau in dem Moment, als Alf die Autotür öffnete, fing Hedi hysterisch an zu kläffen. Er hatte Tiger auf seinem Balkon entdeckt. Wie vorhergesehen begann nach wenigen Sekunden die übliche hündische Kettenreaktion. Von links kam die tiefe Stimme eines Schäferhundes, dann stimmte ein leicht erregbarer Pudel mit schrillem Organ ein, und bald war die gesamte Hundemannschaft des Dorfes in Gebell vereint. Das spornte Hedi zu immer neuen Tiraden an.
    Fenster öffneten sich, Außenbeleuchtungen wurden eingeschaltet, und die Besitzer der Hunde versuchten, ihre Lieben zu beruhigen. Sogar Emil war von dem Lärmen aufgeschreckt worden und beugte sich aus dem Fenster. Er konnte vier Gestalten im Dunkel davonsprinten sehen, darum wurde er misstrauisch. Er trat vor die Tür hinaus, um nach seinem Wagen zu sehen, und erkannte, dass er noch einmal knapp davongekommen war. Außer ein paar Kratzern am Türrahmen und an den Schlössern war kein Schaden angerichtet worden. Dann endlich hörte er Jakobs leises Jaulen unter dem Auto, und mit einem Ächzen beugte er sich zu ihm hinunter.
    »Na, Alter, da hast du aber nicht gut aufgepasst. Sitzt unter dem Auto, ohne dich zu mucksen, während diese Lümmelversuchen, die Tür aufzubrechen. Da musste erst Hedi Alarm schlagen! Jetzt verschwinde, ich will den Wagen in die Garage fahren. Das hätte ich schon längst tun sollen.«
    Er richtete sich wieder auf und öffnete das Tor zur Einfahrt.
    Tiger hatte inzwischen mitbekommen, dass sein Einsatz erfolgreich war und versuchte, dem ohrenbetäubenden Gekläff zu entfliehen. Er saß auf der Balkonbrüstung und prüfte die Entfernung zum Baum. Der Stamm schien sich immer weiter fortzubewegen, und die Äste wurden anscheinend immer dünner.
    Verzagt fragte er sich, wie er bloß so hoch gekommen war, und ließ den Schwanz über die Brüstung in den Balkon hängen.
    Das war Hedis Chance.
    Er sprang hoch und setzte zum Zuschnappen an. Nur ein unwillkürliches Zucken dieses sensiblen Körperteils verhinderte das Schlimmste. Gleichzeitig gab der Angriff Tiger den Mut, die Entscheidung für das kleinere Übel zu treffen, und er sprang todesmutig in das grüne Laub.
    Er hatte Glück und bekam einen recht festen Ast zwischen die Krallen. Damit konnte er einen einigermaßen würdevollen Abstieg vornehmen. Unten angekommen, wurde er von Nina und Anne voll Bewunderung empfangen.

Gesang
    Die beiden waren noch dabei, ihrer Anerkennung für die aufopfernde Tat durch heftiges Lecken von Tigers Ohren zu bekunden, als Jakob sich zu ihnen gesellte. Er hinkte und war offensichtlich wütend.
    »Habt ihr das mitbekommen, was dieser senile alte Kracher da eben von sich gegeben hat?«, herrschte er die drei an. »Hedi hat sein kostbares Auto gerettet. Hedi! Ausgerechnet Hedi! Dieser Köter ist so dumm, der erkennt nicht einmal eine Wurst, wenn sie bellen könnte. Hedi!«, schnaubte er ungläubig.
    »Du hast schon deine rechte Last mit dem Alten«, warf Nina begütigend ein. »Aber er konnte doch nicht sehen, dass du dem Burschen schon eine übergezogen hattest.«
    »Immerhin war Hedi nützlich. Er ist so berechenbar, nicht wahr?«, fügte Anne hinzu.
    »Schon recht«, grummelte Jakob. »Vielen Dank auch, Tiger. Es war in Ordnung, dass du mir geholfen hast. Wahrscheinlich hättet ihr mich ansonsten morgen Emil als Nierenwärmer andrehen können.«
    »Ach bitte, gern geschehen. War Annes Idee«, erklärte Tiger.
    »Anne – wer ist Anne?«
    »Ich. – Wir wurden uns heute Morgen schon vorgestellt.« Anne war ein wenig ungehalten darüber, von Jakob zum zweiten Mal an diesem Tage mit Nichtachtung gestraft zu werden.
    »Heute morgen, so, so. Jetzt erinnere ich mich. Dein Problem, Tiger.« Jakob sah Tiger wissend an und meinte dann nach einer Weile versonnen: »Eine Anne kannte ich auch mal, eine süße Kartäuserin. Aber das ist lange her«, schloss er und schob energisch seine Erinnerung beiseite.
    Der Mond war inzwischen auf seiner Bahn emporgestiegen und leuchtete in kaltem, weißem Licht über den bewaldeten Hügeln.
    »Es ist Zeit für die Versammlung«, bemerkte Jakob, nachdem alle vier eine Weile einträchtig geschwiegen hatten.»Kommt ihr mit?«, erkundigte er sich, während er sich mühsam erhob.
    Tiger, Anne und Nina standen ebenfalls auf und passten ihren Gang dem hinkenden Jakob

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