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Der Tag wird kommen

Der Tag wird kommen

Titel: Der Tag wird kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Vogt- stli
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hätte, zu ihm nach Hause zu kommen. Wir könnten Pizza essen und quatschen. Es hörte sich nicht an, als ob ich ihm leidtat. Es hörte sich an, als ob er sich selbst leidtat. Vielleicht hat Mum also recht.
    Seine Wohnung ist seltsam aufgeräumt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dad jemand ist, der auf räumt. Das übernimmt wohl eher Monica für ihn. Wenig Möbel stehen herum. Ein riesiges Sofa nimmt den größten Platz im Wohnzimmer ein. Dad hat Piz za bestellt und jetzt holt er Teller und Gläser herbei. Er fragt, ob ich ein kleines Bier will. Ich lehne dan kend ab.
    Ich sitze an einem Ende des Sofas. Er sitzt auf ei nem Stuhl, den er aus der Küche geholt hat. An der Stelle, wo er sitzt, sind Abdrücke im Teppich. Als hätte jemand gerade erst etwas Schweres entfernt. Er sieht, dass ich darauf starre.
    »Monica hat den Sessel mitgenommen«, sagt er. »Sie ist ausgezogen. Macht mir nichts aus, eigentlich. Wir haben nicht zusammengepasst. Und es ist sehr schwierig, Zeit für alles zu finden, wenn man mit je mandem zusammenlebt.«
    Er lächelt. Aber er sieht nicht so aus, als ob es ihm wirklich egal ist. Sein Gesicht hängt ein bisschen, es ist, als wäre er gerade dabei, sich von sich selbst zu trennen.
    Ich blicke mich im Zimmer um. Da fehlt noch mehr. Im Bücherregal sind auffällig viele Lücken. An der Wand ist ein Nagel ohne Bild.
    »Ich freue mich, dass du gekommen bist. Ich möch te mit dir reden.«
    Er klammert sich an seiner Bierflasche fest. Wirkt nervös. Das hier läuft komplett verkehrt. Ich will nicht darüber reden. Ich will nicht, dass Dad darüber redet.
    »Mum ist mit meinem Lehrer zusammen. Gun nar«, sage ich schnell.
    »Ja, das hast du letztens erwähnt.«
    »Kannst du dir was Schlimmeres vorstellen? Als deinen Lehrer zum Stiefvater zu haben?«
    Dad lacht ein bisschen. »Er ist doch wohl noch nicht bei euch eingezogen?«
    »Nein, aber das ist nur eine Frage der Zeit.«
    »Ja, die Schule hat ihre eigenen Methoden, um dich in den Griff zu kriegen, weißt du.«
    »Argh!«
    Ich packe meinen Hals im Würgegriff. Dad grinst. Er liebt es, mich aufzuziehen. Doch dann legt er seine Stirn in Falten und blickt mich ernst an.
    »Aber wie schön für June. Sie braucht jemanden. Auch wenn sie dich hat.«
    »Doppel-Argh!«
    »Und wie praktisch, dass dein Lehrer erst noch kontrollieren kann, ob du deine Hausaufgaben ge macht hast, bevor er mit deiner Mutter ins Bett geht.«
    »Dad, jetzt beschwörst du Bilder herauf, die ich nicht in meinem Kopf haben will.«
    Er grinst wieder. Die Trostlosigkeit im Zimmer hat sich aufgelöst. Ich mache es mir auf dem Sofa bequem und lege die Beine auf den Tisch.
    »Ich glaube, jetzt habe ich doch Lust auf ein Bier«, sage ich.
    Dad steht auf und geht zum Kühlschrank.
    »Aber nur ein halbes Glas«, sagt er, als er mit einem Bierglas in der Hand zurückkommt.
    »Ich habe ihn vor der versammelten Klasse Pervo-Gunnar genannt und jetzt ist das sein Spitzname an der Schule.«
    »So, so, mein kleiner Ödipus. Das ist wohl eine pas sende Strafe.« Er schiebt den Küchenstuhl ein wenig nach hinten und lehnt sich zurück.
    »Pervo-Gunnar, na. Er ist wohl ein ziemlich locke rer Typ, kann ich mir vorstellen. Lass mich raten: Er trägt Anzugjackett und Jeans.«
    »Korrekt.«
    »Er ist ein Fan von Spielen in der Klasse.«
    »Wir hatten gerade erst ein Grammatik-Quiz.«
    »Und er will dir helfen, dir selbst zu helfen?«
    »Japp. Mit Gruppentherapie.«
    »Drei Richtige von drei. Ich glaube, ich belasse es dabei.«
    »Gratuliere, du hast gewonnen.«
    »Nein, ich gratuliere dir, Hans Petter. Du bist der glückliche Gewinner einer Nonstop-Betreuung durch einen unermüdlichen Pädagogen.«
    Ich könnte den ganzen Abend mit Dad über Gun nar reden. Die Pizza kommt, wir quatschen und gu cken fern. Ich mag das.
    »Du, Dad?«
    »Ja, Sohn?«
    »Wenn ich es satthabe, dass Gunnar zu Hause bei uns rumhängt, meinst du, ich könnte dann zwischen durch mal hier schlafen?«
    Dad sieht mich an. Ich weiß nicht genau, ob er nur überrascht ist oder ob er überlegt, wie er aus der Sa che rauskommt.
    »Ich bin auch ganz leise, wirklich. Ich störe kaum.«
    »Na klar. Hier ist ja jetzt Platz genug«, antwortet Dad und betrachtet die Abdrücke auf dem Teppich boden. Ich finde, er hört sich ein bisschen erfreut an.

Fera:
    Ich glaube, ich habe es geschafft, eine entsprechende App zu rekonstruieren, damit wir miteinander tele fonieren können. Ich logge mich jetzt aus, und dann versuche ich, dich per Video

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