Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
Vom Netzwerk:
nicht gerade diesen Scheißpickel auf seiner Nase ausquetscht. Er hat Casey, seinen heißgeliebten Radio- und Fernsehproduzenten – Casey nimmt jede Morgenandacht mit den Videokameras und jede Abendandacht auf Tonband auf. Dann schneidet er alle Töne und Bilder zusammen und frisiert alles, bis Gardener aussieht wie Billy Graham und wir uns anhören wie das Publikum im Yankee Stadium beim siebten Spiel der World Series. Und das ist nicht alles, was Casey tut. Er ist das Genie des Hauses. Hast du die Wanze in eurem Zimmer gesehen? Casey hat die Wanzen installiert. Alles läuft in seinem Kontrollraum zusammen, und der einzige Weg in den Kontrollraum führt durch Gardeners Privatbüro. Die Wanzen sind tongesteuert, so dass er kein Band verschwendet. Alles Interessante hebt er für Sunlight Gardener auf. Ich habe gehört, Casey hätte Gardeners Telefon so manipuliert, dass er Ferngespräche umsonst führen kann, und ich weiß verdammt gut, dass er das Fernsehkabel angezapft hat, das vor dem Haus vorbeiführt. Wie gefällt dir der Gedanke, dass sich Mr. Eiscreme nach einem harten Tag, an dem er Jesus an die Massen verkauft hat, bequem zurücklehnt und sich im Fernsehen ein paar Krimis ansieht? Dieser Kerl ist so amerikanisch wie McDonald und Burger King zusammen, und hier in Indiana liebt man ihn fast so sehr, wie man High School-Basketball liebt.«
    Ferd zog geräuschvoll Rotz hoch und spuckte in den Schlamm.
    »Soll das ein Witz sein?« sagte Jack.
    »Ferd Janklow macht nie Witze über die imbezilen Idioten des Sunlight-Heims«, sagte Ferd ernst. »Er ist reich, er braucht keine Steuererklärung abzugeben, er hat die Schulbehörde ins Bockshorn gejagt – will sagen, sie haben eine Heidenangst vor ihm; da ist eine Frau, die jedes Mal, wenn sie hier ist, das große Zittern überfällt, und die aussieht, als machte sie am liebsten das Zeichen gegen den bösen Blick oder so etwas – und wie ich schon sagte, er scheint es immer zu wissen, wenn uns jemand vom Erziehungsministerium eine Überraschungsvisite abstatten will. Wir putzen das Haus von oben bis unten, Bast, der Bastard, bringt die Segeltuchjacken auf den Boden, und die Box wird mit Heu aus der Scheune gefüllt. Und wenn sie kommen, sitzen wir immer auf der Schulbank. Wie oft hast du schon auf der Schulbank gesessen, seit du hier in Indianas Version des Love Boat gelandet bist, Jack?«
    »Kein einziges Mal«, sagte Jack.
    »Kein einziges Mal«, pflichtete ihm Ferd freudig bei. Er lachte wieder sein zynisches, verletztes Lachen – und dieses Lachen besagte: Rat mal, was ich herausgefunden habe, als ich acht wurde oder so? Ich habe herausgefunden, dass das ganze Leben eine verdammte Scheiße ist und dass sich daran so bald nichts ändern wird. Vielleicht wird sich auch nie etwas daran ändern. Und das kotzt mich an, aber es hat auch seine komischen Seiten. Verstehst du, was ich meine?
     
    4
     
    Diese Gedanken gingen Jack durch den Kopf, als plötzlich harte Finger seinen Hals an den druckempfindlichen Stellen unter den Ohren packten und ihn von seinem Stuhl hochzogen. Er wurde umgedreht in eine Wolke aus Mundgeruch und kam in den Genus – wenn das der richtige Ausdruck ist – der sterilen Mondlandschaft von Heck Basts Gesicht.
    »Ich und der Reverend waren noch in Muncie, als sie deinen Freund, diesen aufsässigen Unruhestifter, ins Krankenhaus brachten«, sagte er. Seine Finger pulsierten und drückten, pulsierten und drückten. Der Schmerz war kaum auszuhalten. Jack stöhnte, und Heck grinste, und das Grinsen ließ noch größere Mengen fauligen Mundgeruchs entweichen. »Der Reverend erhielt die Nachricht über sein Funkgerät. Janklow sah aus wie eine Tortilla, die ungefähr fünfundvierzig Minuten in einem Mikrowellenherd gesteckt hat. Es wird eine Weile dauern, bis sie ihn wieder zusammengeflickt haben.«
    Er redet nicht mit mir, dachte Jack. Er redet mit dem ganzen Raum. Wir sollen glauben, dass Ferd noch lebt.
    »Du bist ein dreckiger Lügner«, sagte er. »Ferd ist …«
    Heck Bast schlug zu. Jack flog der Länge nach auf den Fußboden. Jungen wichen aus seiner Nähe zurück. Irgendwo stieß Donny Keegan sein hustendes Lachen aus.
    Dann kam ein Wutschrei. Jack blickte benommen auf und schüttelte den Kopf, um ihn wieder klarzubekommen. Heck drehte sich um und sah, dass Wolf schützend über Jack stand, mit zurückgezogener Oberlippe, während die Deckenbeleuchtung auf seinen runden Brillengläsern seltsame orangefarbene Reflexe spielen ließ.
    »Der

Weitere Kostenlose Bücher