Der Talisman
Arbeitsgruppen das Hintere Feld erreicht hatten. Die Erkenntnis, dass das Heulen nur in seinem Kopf war, machte die Sache keineswegs besser.
Um die Mittagszeit verstummte Wolf, und Jack wusste plötzlich und ohne jeden Zweifel, dass Gardener Anweisung gegeben hatte, ihn aus der Box herauszulassen, bevor sein Schreien und Heulen unliebsames Aufsehen erregte. Nach dem, was mit Ferd passiert war, konnte ihm nicht daran liegen, dass sich jemand für das Sunlight-Heim interessierte.
Als die Arbeitsgruppen am Spätnachmittag zurückkehrten, stand die Tür der Box offen, und die Box war leer. Oben in der Kammer, die sie miteinander teilten, lag Wolf auf dem unteren Bett. Er lächelte matt, als Jack eintrat.
»Was macht dein Kopf, Jack? Sieht wieder ein bisschen besser aus. Wolf!«
»Wolf, wie geht es dir?«
»Habe geheult, nicht? Konnte einfach nicht anders.«
»Wolf, es tut mir so leid«, sagte Jack. Wolf wirkte seltsam – zu bleich, irgendwie reduziert.
Er stirbt, dachte Jack. Nein, korrigierte sein Verstand; Wolf hatte in dem Augenblick zu sterben begonnen, in dem sie auf der Flucht vor Morgan in diese Welt geflippt waren. Aber jetzt starb er schneller. Zu bleich – reduziert – aber …
Jack spürte, wie ihm ein Schauder über den Rücken lief.
Wolfs nackte Arme und Beine waren nicht wirklich nackt; sie waren von einem feinen Haarflaum bedeckt. Zwei Abende zuvor war er noch nicht dagewesen, da war er ganz sicher.
Er verspürte den Drang, an ein Fenster im Korridor zu stürzen und hinauszuschauen, den Mond zu suchen, sich zu vergewissern, dass ihm nicht irgendwie siebzehn Tage abhanden gekommen waren.
»Es ist nicht die Zeit der Verwandlung«, sagte Wolf. Seine Stimme war trocken, irgendwie ausgeleert. Die Stimme eines Kranken. »Aber sie hat eingesetzt in diesem dunklen, stinkenden Ding, in das sie mich eingesperrt haben. Wolf! Sie hat eingesetzt, weil ich so wütend war und solche Angst hatte. Weil ich geschrien und geheult habe. Schreien und Heulen kann die Verwandlung auslösen, wenn ein Wolf es lange genug tut.« Wolf wischte über das Haar an seinen Beinen. »Es geht wieder weg.«
»Gardener hat einen Preis für deine Freilassung genannt«, sagte Jack, »aber ich konnte ihn nicht zahlen. Ich wollte es, aber – Wolf – meine Mutter …«
Seine Stimme brach und bebte Tränen entgegen.
»Still, Jacky. Wolf weiß es. Gleich hier und jetzt.« Wolf lächelte sein entsetzlich mattes Lächeln und ergriff Jacks Hand.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Jack benennt die Planeten
1
Eine weitere Woche im Sunlight-Heim, gelobt sei Gott. Der Mond nahm zu.
Am Montag forderte ein lächelnder Sunlight Gardener die Jungen auf, die Köpfe zu neigen und Gott zu danken für die Bekehrung ihres Bruders Ferdinand Janklow. Ferds Seele hatte sich für den Herrn entschieden, während er sich im Parkland Hospital erholte. Ferd hatte ein R-Gespräch mit seinen Eltern geführt und ihnen gesagt, er wolle sein künftiges Leben in den Dienst des Herrn stellen, und sie hatten gleich am Telefon gemeinsam gebetet und Gottes Beistand angefleht, und noch am gleichen Tag hatten seine Eltern ihn abgeholt. Tot und begraben unter irgendeinem kalten Feld in Indiana oder drüben in der Region, wo die Highway-Polizei von Indiana niemals hinkommt.
Der Dienstag war zu kalt und regnerisch für Feldarbeit. Die meisten Jungen durften in ihren Zimmern bleiben und schlafen oder lesen, aber für Jack und Wolf hatte die Zeit der Quälerei begonnen. Wolf schleppte im strömenden Regen eine Ladung Müll nach der anderen aus der Scheune und den Schuppen an den Straßenrand. Jack hatte den Auftrag erhalten, die Toiletten zu säubern. Er nahm an, dass Warwick und Casey, die ihn dazu abkommandiert hatten, der Ansicht waren, ihm damit eine besonders widerliche Arbeit aufzuhalsen. Aber schließlich hatten sie die Herrentoilette im Oatley Tap nie gesehen.
Nur eine weitere Woche im Sunlight-Heim, könnt ihr oh ja sagen?
Am Mittwoch kehrte Hector Bast zurück, den rechten Arm bis zum Ellenbogen in Gips, das große, teigige Gesicht so blass, dass die Pickel hervorstachen wie grelle Rougeflecken.
»Die Ärzte sagen, ich würde sie vielleicht nie wieder gebrauchen können«, sagte Heck Bast. »Du und dein reizender Freund – ihr habt mir das eingebrockt, Parker.«
»Willst du, dass mit deiner anderen Hand dasselbe passiert?« fragte ihn Jack – aber er hatte Angst. Es war nicht nur Rachsucht, was er in Hecks Augen sah; es war Mordgier.
»Ich
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