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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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Nase, offensichtlich in der Absicht, Wolf wieder zu Boden zu stoßen.
    »Ja, nur los, versuch nur, ihn anzurühren, Sonny«, sagte Jack leise, und Sonny wich ängstlich zurück.
    Jack ergriff einen von Wolfs Armen und half ihm hoch. Er sah wie in einem Traum, dass Wolf behaarter als zuvor zurückgekehrt war. Das alles belastet ihn viel zu sehr, es löst seine Verwandlung aus, und – Gott, hat das denn nie ein Ende, nie – nie …
    Er und Wolf wichen vor den anderen – Warwick, Casey, Pedersen, Peabody, Singer – in den hinteren Teil der Toilette zurück. Heck kam von dem Toilettenbecken hoch, auf das Jack ihn mit seinem Tritt befördert hatte, und Jack bemerkte noch etwas. Sie waren von der vierten Kabine aus geflippt. Heck Bast kam aus der fünften. Sie hatten sich in dieser anderen Welt gerade so weit bewegt, um in eine andere Kabine zurückzukehren.
    »Sie haben sich da drin befummelt!« rief Sonny; seine Worte klangen dumpf und nasal. »Der Schwachkopf und der Hübsche! Warwick und ich, wir haben sie mit rausgeholten Schwänzen erwischt!«
    Jack stieß an kalte Fliesen. Keine Möglichkeit, davonzulaufen. Er ließ Wolf los, der benommen zusammensackte, und hob die Fäuste.
    »Kommt schon«, sagte er. »Wer macht den Anfang?«
    »Willst du’s mit uns allen aufnehmen?« fragte Pedersen.
    »Wenn es sein muss, tue ich es«, sagte Jack. »Was habt ihr vor, wollt ihr mich zu Jesus befördern? Kommt schon!«
    Aufflackerndes Unbehagen auf Pedersens Gesicht; ein Krampf unverhüllter Angst auf dem von Casey. Sie blieben stehen – sie blieben tatsächlich stehen. Einen Augenblick lang verspürte Jack eine wilde, aberwitzige Hoffnung. Die Jungen starrten ihn an mit dem Unbehagen von Männern, die einen wütenden Hund vor sich haben, der überwältigt werden kann – aber vorher vielleicht jemanden böse beißt.
    »Tretet beiseite, Jungen«, sagte eine kraftvolle, wohlmodulierte Stimme, und sie traten bereitwillig beiseite. Erleichterung erhellte ihre Gesichter. Es war Reverend Gardener. Reverend Gardener wusste, wie man mit einer solchen Situation fertig wurde.
    Er kam auf die in die Ecke getriebenen Jungen zu, an diesem Morgen in eine anthrazitfarbene Hose und ein weißes Atlashemd mit weiten Ärmeln gekleidet. In der Hand hielt er den flachen Spritzenkasten.
    Er sah Jack an und seufzte: »Weißt du, was über Homosexualität in der Bibel steht, Jack?«
    Jack zeigte ihm die Zähne.
    Gardener nickte traurig, als hätte er nichts anderes erwartet.
    »Nun ja, alle Jungen sind schlecht«, sagte er. »Es ist eine unumstößliche Tatsache.«
    Er öffnete den Kasten. Die Spritze glitzerte.
    »Allerdings glaube ich, dass ihr beide, du und dein Freund hier, etwas getan habt, das noch schlimmer ist als Sodomie«, fuhr Gardener mit seiner sanften, bedauernden Stimme fort. »Womöglich habt ihr euch an einen Ort begeben, an dem ihr nichts zu suchen habt.«
    Sonny Singer und Hector Bast tauschten einen überraschten, unbehaglichen Blick.
    »Und ich glaube, an dieser Bosheit – dieser Perversität – bin ich zum Teil selbst schuld.« Er holte die Spritze heraus, warf einen Blick darauf und griff dann nach einer Ampulle. Er reichte Warwick den Kasten und zog die Spritze auf. »Ich war nie dafür, meine Jungen zur Beichte zu zwingen, aber ohne Beichte ist eine Entscheidung für Christus nicht möglich, und ohne Entscheidung für Christus wächst das Böse weiter. Und deshalb, obwohl ich es zutiefst bedaure, bin ich überzeugt, dass die Zeit des Bittens vorüber und die Zeit des Forderns im Namen Gottes gekommen ist. Pedersen. Peabody. Warwick. Casey. Haltet sie!«
    Auf seinen Befehl stürzten die Jungen vor wie abgerichtete Hunde. Jack landete noch einen Schlag auf Peabody, und dann wurden seine Hände gepackt und festgenagelt.
    »Lasst mich ran!« rief Sonny mit seiner neuen, dumpfen Stimme. Er drängte sich durch die Menge fasziniert zuschauender Jungen. Hass funkelte in seinen Augen. »Ich werd ihm eins versetzen!«
    »Jetzt nicht«, sagte Gardener. »Später vielleicht. Wir beten darum, nicht wahr, Sonny?«
    »Ja.« Das Funkeln in Sonnys Augen war regelrecht fieberhaft geworden. »Ich werde den ganzen Tag darum beten.«
    Wie ein Mann, der endlich aus einem sehr langen Schlaf erwacht, knurrte Wolf und blickte sich um. Er sah, dass Jack festgehalten wurde, sah die Spritze und riss Pedersens Arm von Jack fort, als wäre es der eines Kindes. Ein überraschend lautes Brüllen kam aus seiner Kehle.
    »Nein! Lasst ihn LOS!«
    Mit einer

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