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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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ist böse, sie sind beide böse, ganz zweifellos, es ist eine unumstößliche Tatsache; wenn der Schwachkopf auftaucht, dann erschieß ihn, erschieß sie beide.«
    Er hantierte mit den Schlüsseln an seinem Bund und wählte einen aus. »Wartet, bis ihr die Hupe hört«, sagte er. Er schloss die Tür auf und ging hinaus. Jack lauschte auf das Geräusch der Sirenen, aber er hörte nichts.
    Die Tür fiel hinter Sunlight Gardener ins Schloss.
     
    17
     
    Die Zeit dehnte sich.
    Eine Minute, die sich anfühlte wie zwei; zwei Minuten, die sich anfühlten wie zehn; vier Minuten, die sich anfühlten wie eine Stunde. Die drei »jungen Gehilfen«, die Gardener bei Jack zurückgelassen hatte, glichen Kindern bei einem Spiel, dessen Regeln verlangen, dass sie sich in einem bestimmten Moment nicht von der Stelle rühren. Sonny saß kerzengerade aufgerichtet hinter Sunlight Gardeners Schreibtisch – es war ein Platz, den er genoss und zu schätzen wusste. Die Pistole war auf Jacks Gesicht gerichtet. Warwick stand an der Tür zur Treppe. Casey saß in der hellerleuchteten Kabine, die Kopfhörer wieder über den Ohren, und starrte durch die andere Glasscheibe in das Dunkel der Kapelle, ohne etwas zu sehen, nur lauschend.
    »Er hat nicht die Absicht, euch mitzunehmen, wisst ihr das?« sagte Jack plötzlich. Der Klang seiner Stimme überraschte ihn ein wenig. Sie war gleichmäßig und furchtlos.
    »Halt’s Maul, Rotzgesicht«, fuhr Singer ihn an.
    »Haltet lieber nicht den Atem an, bis ihr ihn auf die Hupe drücken hört«, sagte Jack. »Ihr könntet hübsch blau anlaufen.«
    »Wenn er den Mund noch mal aufmacht, Andy, dann brich ihm die Nase«, sagte Sonny.
    »Das ist gut«, sagte Jack. »Brich mir die Nase, Andy. Erschieß mich, Sonny. Die Bullen kommen. Gardener ist abgehauen, und sie finden euch drei neben einer Leiche in einer Zwangsjacke.« Er hielt inne und verbesserte sich dann: »Einer Leiche in einer Zwangsjacke mit gebrochener Nase.«
    »Schlag ihn, Andy«, sagte Sonny.
    Andy Warwick ballte die Faust, zog sie zurück – und zögerte dann. Unsicherheit flackerte in seinen Augen.
    »Los, Andy«, sagte er. »Schlag mich. Ich halte bestimmt still. Ein prächtiges Ziel.«
    Auf Gardeners Schreibtisch stand eine Digitaluhr. Jacks Augen richteten sich einen Augenblick darauf, dann kehrten sie zu Warwicks Gesicht zurück. »Vier Minuten sind es jetzt, Andy. Wie lange braucht ein Mann, um einen Wagen aus der Garage zu holen? Zumal, wenn er es eilig hat?«
    Sonny Singer fuhr von Gardeners Stuhl hoch, kam um den Schreibtisch herum und auf Jack zu. Sein schmales, verschlagenes Gesicht war wütend. Seine Fäuste waren geballt, und er war im Begriff, Jack zu schlagen. Warwick, der größer war, hinderte ihn daran. Auf Warwicks Gesicht lag jetzt Besorgnis – tiefe Besorgnis.
    »Warte«, sagte er.
    »Ich brauche mir das nicht anzuhören! Ich will …«
    »Warum fragst du Casey nicht, wie nahe die Sirenen inzwischen sind?« fragte Jack, und Warwicks Gesicht wurde noch besorgter. »Ihr sitzt in der Tinte, wisst ihr das nicht? Muss ich es euch erst ausmalen? Die Karre läuft schief. Er wusste es – er hat es gerochen! Ihr müsst es ausbaden. Und nach den Geräuschen da oben …«
    Singer riss sich aus Warwicks unentschiedenem Griff los und schlug Jack ins Gesicht. Sein Kopf flog zur Seite und kehrte dann langsam in die Senkrechte zurück.
    »… ist es ein verdammt großes und unschönes Bad«, beendete Jack seinen Satz.
    »Halt’s Maul, oder ich bring dich um«, zischte Sonny.
    Die Ziffern auf der Uhr hatten gewechselt.
    »Fünf Minuten jetzt«, sagte Jack.
    »Sonny«, sagte Warwick mit nicht ganz sicherer Stimme. »Wir sollten ihm dieses Ding ausziehen.«
    »Nein!« Sonnys Aufschrei war verletzt, wütend – und letzten Endes verängstigt.
    »Du weißt, was der Reverend gesagt hat«, sagte Warwick schnell. »Damals, bevor die Fernsehleute kamen. Niemand darf die Zwangsjacken sehen. Sie würden es nicht verstehen. Sie …«
    Klick! Die Wechselsprechanlage.
    »Sonny! Andy!« Aus Caseys Stimme klang Panik. »Sie kommen näher! Die Sirenen! Himmel! Was sollen wir tun?«
    »Wir müssen ihn sofort ausziehen.« Warwicks Gesicht war bleich, nur hoch auf seinen Wangen brannten zwei rote Flecke.
    »Reverend Gardener hat aber auch gesagt …«
    »Ich scheiß drauf, was er gesagt hat!« Warwicks Stimme brach, und dann gab er seinen tiefsten Kinderängsten Ausdruck: »Wir werden erwischt, Sonny! Wir werden erwischt!«
    Auch Jack glaubte jetzt die

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