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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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gut funktionierte.
    »Hier gab es Kohlenhalden, Rangiergelände, Schuppen für die Lokomotiven und die Güterwagen und ungefähr eine Milliarde Meilen Geleise«, sagte Richard. »Der Bahnhof bedeckte die ganze Fläche, auf der jetzt die Thayer School steht. Wenn du irgendwo ein Loch in den Rasen gräbst, stößt du auf Schlacke und Schwellenreste und alles mögliche Zeug. Aber von alledem ist nichts übrig geblieben als dieses kleine Häuschen. Die Station. Natürlich war es nie ein richtiges Stationsgebäude, dazu ist es zu klein, das liegt auf der Hand. Es war das Hauptbüro des Bahnhofs, in dem der Stationsvorsteher und der Eisenbahnboss erledigten, was zu erledigen war.«
    »Du weißt ja mächtig gut Bescheid«, sagte Jack fast automatisch – in seinem Kopf gleißte noch immer dieses grelle neue Licht.
    »Es gehört zur Tradition von Thayer«, sagte Richard schlicht.
    »Und wozu dient es jetzt?«
    »Es ist ein kleines Theater darin. Der Dramatische Club gibt dort seine Vorstellungen. Aber der Club war nicht sonderlich aktiv in den letzten paar Jahren.«
    »Glaubst du, dass es verschlossen ist?«
    »Warum sollte jemand auf die Idee kommen, die Station zu verschließen?« fragte Richard. »Es sei denn, du glaubtest, jemand könnte Interesse daran haben, ein paar Kulissen von einer Aufführung der Fantasticks im Jahre 79 zu stehlen.«
    »Also könnten wir hineinkommen?«
    »Ich denke schon. Aber warum …«
    Jack deutete auf eine Tür hinter den Tischtennistischen. »Was ist da drin?«
    »Automaten. Und ein Münz-Mikrowellenherd zum Aufwärmen von Snacks und Tiefkühlgerichten. Jack …«
    »Komm mit.«
    »Jack, ich glaube, mein Fieber kommt wieder.« Richard lächelte matt.
    »Vielleicht sollten wir eine Weile hier bleiben. Wir könnten uns die Nacht über auf die Couches legen …«
    »Siehst du die braunen Flecken an den Wänden?« fragte Jack ingrimmig und deutete mit dem Finger darauf.
    »Nein, ohne Brille natürlich nicht!«
    »Nun, sie sind da. Und in ungefähr einer Stunde kommen die Würmer herausgekrochen …«
    »Okay«, sagte Richard hastig.
     
    10
     
    Die Automaten stanken.
    Jack hatte den Eindruck, dass alle Waren, die sie enthielten, verdorben waren. Blauer Schimmel überzog die Käsecracker, die Doritos, die Jax und die gebratenen Schweineschwarten. Aus dem Eisautomaten sickerten träge Ströme geschmolzener Eiscreme.
    Jack zog Richard zum Fenster. Er schaute hinaus. Von hier aus konnte er die Station gut erkennen. Dahinter sah er einen Maschendrahtzaun und die aus dem Campus herausführende Straße für Versorgungsfahrzeuge.
    »In ein paar Sekunden sind wir draußen«, flüsterte Jack.
    Er entriegelte das Fenster und schob es hoch.
    Diese Schule besteht, weil Eider Thayer die Möglichkeiten erkannte … Erkennst du die Möglichkeiten, Jacko?
    Es konnte durchaus sein.
    »Sind diese Leute noch da draußen?« fragte Richard nervös.
    »Nein«, sagte Jack und warf nur einen ganz oberflächlichen Blick in die Runde. Es spielte jetzt keine Rolle mehr, ob sie da waren oder nicht.
    Einer der drei oder vier größten Eisenbahn-Knotenpunkte … ein Vermögen im Güterverkehr – in erster Linie zur Westküste – er war der erste, der begriff, dass es sich lohnte, Güter nach Westen zu schicken – nach Westen – nach Westen …
    Eine dicke, ekelhafte Mischung aus Brackwassergeruch und Müllgestank driftete zum Fenster herein. Jack schwang ein Bein über die Brüstung und griff nach Richards Hand. »Komm«, sagte er.
    Mit unglücklichem, vor Angst verzerrtem Gesicht wich Richard zurück.
    »Jack – ich weiß nicht …«
    »Dieser Laden fällt auseinander«, sagte Jack, »und bald wimmelt es auch hier von Würmern. Und nun komm. Sonst sieht mich noch jemand hier auf der Fensterbank, und dann ist es aus mit unserer Chance, wie zwei Mäuse hinauszuflitzen.«
    »Ich verstehe das alles nicht!« klagte Richard. »Ich verstehe einfach nicht, was zum Teufel hier vorgeht!«
    »Halt den Mund und komm mit«, sagte Jack. »Sonst geh ich alleine. Bei Gott, das tue ich. Ich liebe dich, aber meine Mutter liegt im Sterben. Ich verschwinde, und du kannst selbst sehen, wie du zurechtkommst.«
    Richard schaute Jack ins Gesicht und sah – sogar ohne Brille –, dass es Jack ernst war. Er ergriff Jacks Hand. »Gott, ich habe solche Angst«, flüsterte er.
    »Da bist du in bester Gesellschaft«, sagte Jack und stieß sich ab. Eine Sekunde später landeten seine Füße auf dem stinkenden Rasen. Richard sprang neben ihm

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