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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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hinzu: »Und ich weiß auch, wer er drüben ist. Und ob ich das weiß!«
    »Das Bild in Ihrem Büro – das ist nicht Afrika?«
    »Nein, nicht Afrika.«
    »Kein Trick?«
    »Kein Trick.«
    »Und mein Vater war in diesem Land?« fragte er, aber sein Herz wusste die Antwort bereits – eine Antwort, die vieles klärte, was nicht stimmte. Aber ob es nun stimmte oder nicht – Jack war sich nicht sicher, wie viel er davon glauben wollte. Eine magische Gegend? Eine kranke Königin? Es flößte ihm Unbehagen ein, großes Unbehagen. Hatte seine Mutter ihn nicht immer wieder ermahnt, als er noch klein war, er solle seine Tagträume nicht mit der Wirklichkeit verwechseln? Sie war sehr streng gewesen in dieser Hinsicht und hatte Jack ein wenig Angst eingejagt. Aber vielleicht, dachte er jetzt, hatte sie selbst Angst gehabt.
    Konnte sie so lange mit Jacks Vater zusammengelebt haben, ohne etwas zu erfahren? Jack hielt es nicht für möglich. Vielleicht, dachte er, wusste sie nicht viel – gerade genug, um Angst zu bekommen.
    Durchdrehen. Davon hatte sie gesprochen, Leute, die nicht zwischen Wirklichkeit und Einbildung unterscheiden konnten, drehten durch.
    Aber sein Vater hatte es besser gewusst, oder? Ja. Er und Morgan Sloat.
    Sie haben Magie, wie wir Physik haben, richtig?
    »Dein Vater war oft drüben, ja. Und dieser andere Mann, Groat …«
    »Sloat.«
    »Yeah-bob! Genau der. Er ist drüben gewesen. Nur – dein Dad, Jacky, der ging hinüber, um zu sehen und zu lernen. Dieser andere Kerl, der ging nur, um ein Vermögen herauszuplündern.«
    »Hat Morgan Sloat meinen Onkel Tommy umgebracht?« fragte Jack.
    »Davon weiß ich nichts. Aber du musst jetzt genau zuhören, Travelling Jack. Wir haben nicht viel Zeit. Wenn du wirklich glaubst, dass dieser Sloat hier auftauchen wird …«
    »Er schien mächtig wütend zu sein«, sagte Jack. Schon der Gedanke, dass Onkel Morgan in Arcadia Beach erscheinen könnte, machte ihn nervös.
    »… dann ist die Zeit noch knapper, als ich dachte. Weil es ihm vielleicht sehr gelegen käme, wenn deine Mutter stirbt. Und sein Twinner hofft ganz bestimmt, dass Königin Laura stirbt.«
    »Sein Twinner?«
    »Es gibt Menschen in dieser Welt, die in der Region eine Art Zwilling oder Doppelgänger haben«, sagte Speedy. »Nicht viele, weil da drüben weniger Leute leben – vielleicht einer auf hunderttausend hier. Aber Twinner haben es am leichtesten, hinüber und herüber zu wechseln.«
    »Diese Königin – ist sie – der Twinner meiner Mutter?«
    »Es sieht so aus.«
    »Aber meine Mutter war doch nie …«
    »Nein. Nie. Sie hatte keinen Grund dazu.«
    »Mein Vater – hatte der einen Twinner.«
    »Den hatte er. Einen prachtvollen Mann.«
    Jack befeuchtete seine Lippen – was für ein verrückter Kram! Twinner, die Region! »Als mein Vater hier starb, starb da auch sein Twinner drüben?«
    »Ja. Nicht genau zur gleichen Zeit, aber fast.«
    »Speedy?«
    »Ja?«
    »Habe ich auch einen Twinner? In der Region?«
    Speedy blickte ihn so ernst an, dass ihm ein Schauder über den Rücken lief. »Nein, du nicht, mein Junge. Dich gibt es nur einmal. Du bist was Besonderes. Und dieser Smoat …«
    »Sloat«, sagte Jack mit leichtem Lächeln.
    »… ja, wie auch immer, er weiß es. Und das ist einer der Gründe dafür, dass er bald hier erscheinen wird. Und einer der Gründe dafür, dass du dich aufmachen musst.«
    »Warum?« brach es aus Jack heraus. »Was kann ich denn tun, wenn es Krebs ist? Wenn es Krebs ist und sie ist hier und nicht in irgendeinem Krankenhaus, dann heißt das doch, dass es keinen Ausweg gibt, wenn sie hier ist, dann bedeutet das doch …« Die Tränen stiegen wieder hoch, und er schluckte sie mit einiger Anstrengung hinunter. »Dann bedeutet das doch, dass er durch und durch gedrungen ist.«
    Durch und durch.
    Das war eine weitere Wahrheit, die sein Herz kannte: die Wahrheit über ihr immer schnelleres Abmagern, die Wahrheit über die dunklen Schatten unter ihren Augen. Durch und durch, aber bitte, lieber Gott, bitte, sie ist doch meine Mutter …
    »Ich meine«, fuhr er mit erstickter Stimme fort, »was kann dieses Tagtraumland denn für sie tun?«
    »Ich glaube, fürs erste haben wir genug geredet«, sagte Speedy. »Aber eines musst du mir glauben, Travelling Jack: ich würde nie sagen, dass du gehen musst, wenn du ihr nicht helfen könntest.«
    »Aber …«
    »Ruhig, Travelling Jack. Ich kann nicht mehr sagen, bevor ich dir gezeigt habe, um was es geht. Hätte keinen Sinn. Komm

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