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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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des Verheerten Landes gründlich unterschätzt. Erst als sich die Sonne ihren Weg in die Welt erzwang, begriff Jack, dass er sich in einem ausgedehnten Tal befand, dessen Begrenzung fern im Hintergrund nicht der Rand der Welt war, sondern der raue Kamm einer Hügelkette. Alles und jedes konnte ihn im Auge behalten und hinter den Kuppen der Hügel ringsum in Deckung gehen. Er erinnerte sich an das menschenähnliche Wesen mit dem Krokodilschwanz, das hinter der Ecke des kleinen Schuppens verschwunden war. Konnte es sein, dass es ihm die ganze Nacht gefolgt war und darauf gewartet hatte, dass er einschlief?
    Der Zug rollte durch das grässliche Tal, bewegte sich nervenaufreibend langsam voran.
    Er suchte den gesamten Kamm der Hügelkette ab und sah nichts als das frische Licht der Morgensonne, die die fernen Felskuppen vergoldete. Jack drehte sich im Führerhaus um, und Angst und Spannung ließen ihn vorübergehend seine Müdigkeit vergessen. Richard verbarg sein Gesicht hinter dem Arm und schlief weiter. Alles und jedes konnte mit ihnen Schritt gehalten haben und jetzt auf eine günstige Gelegenheit lauern.
    Eine langsame, fast verstohlene Bewegung zu seiner Linken ließ ihn den Atem anhalten. Eine Bewegung von etwas Großem, Gleitendem -Jack war, als sähe er ein halbes Dutzend der Krokodil-Männer, die über die Hügelkuppe auf ihn zugekrochen kamen, und er schirmte die Augen mit den Händen ab und starrte auf die Stelle, wo er sie gesehen zu haben glaubte. Die Felsen hatten die gleiche rötliche Farbe wie die staubige Erde, und zwischen ihnen führte durch eine Spalte in den hochaufragenden Felsen ein Pfad über den Hügelkamm. Was sich zwischen zwei aufrechten Felsen bewegte, war eine nicht einmal annähernd menschliche Gestalt. Es war eine Schlange – zumindest hielt Jack es dafür. Es war in einen nicht einsehbaren Winkel des Pfades geglitten, und Jack sah nur noch einen glatten, runden Reptilienleib hinter den Felsen verschwinden. Die Haut des Geschöpfes war merkwürdig gefurcht; verbrannt außerdem – unmittelbar bevor es verschwand, bot es den Anblick von ausgefetzten schwarzen Löchern in seiner Flanke … Jack reckte den Hals, um die Stelle zu sehen, an der es wieder zum Vorschein kommen musste, und für Sekunden sah er den Kopf eines Riesenwurms, der, zu einem Viertel in der dicken roten Staubschicht vergraben, in seine Richtung herumschwenkte. Die Lider waren verwachsen und die Augen verschleiert, aber es war der Kopf eines Wurms.
    Ein anderes Tier kam unter einem Felsen hervor, mit schwerem Kopf und nachgeschlepptem Körper, und als der gewaltige Kopf des Wurmes darauf zuschoss, sah Jack, dass das flüchtende Geschöpf eine der Hundemutationen war. Der Wurm öffnete ein Maul, das dem Schlitz eines Straßenbriefkastens glich, und packte das aufheulende Hundewesen. Jack hörte ganz deutlich das Brechen von Knochen. Das Heulen des Hundes verstummte. Der Riesenwurm verschluckte den Hund wie eine Pille. Dann lag unmittelbar vor der massigen Gestalt des Wurms eine der von einem Feuerball hinterlassenen schwarzen Spuren, und Jack sah, wie sich das lange Geschöpf in den Staub hineinbohrte wie ein Schiff, das unter die Meeresoberfläche absinkt. Offensichtlich wusste es, dass ihm die Spuren der Feuerbälle gefährlich werden konnten, und wühlte sich deshalb auf Würmerart darunter durch. Jack beobachtete, wie das widerwärtige Geschöpf völlig in dem roten Pulver verschwand. Dann ließ er den Blick über den gesamten langen, roten, mit vereinzelten Flächen des glänzenden gelben Grases bestandenen Abhang schweifen und fragte sich, wo es wieder zum Vorschein kommen mochte.
    Als er zumindest halbwegs sicher war, dass der Wurm nicht versuchen würde, den Zug zu verschlingen, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kamm der vor ihm liegenden Hügel.
     
    7
     
    Bis Richard spät am Nachmittag aufwachte, sah Jack:
    zumindest einmal und unverkennbar einen Kopf, der über den Hügelkamm spähte;
    zwei weitere tödliche Feuerbälle, die hüpfend auf ihn zurollten;
    das kopflose Skelett von etwas, das er zuerst für ein großes Kaninchen hielt, bis ihm zu seiner Bestürzung klar wurde, dass es sich um ein Kleinkind handelte, dessen sauber abgenagte Knochen dicht neben den Schienen lagen, kurz darauf gefolgt von dem runden, glänzenden Schädel desselben Kindes, halb in der lockeren Erde versunken.
    Und er sah:
    ein Rudel der Hunde mit den großen Köpfen, noch entstellter als die, die er zuvor gesehen hatte,

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