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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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glaube, sie hat geredet. Aber es war wie …« Er dachte angestrengt nach. »In der Schule, in die Richard und ich in L.A. gingen, war ein Junge – Brandon Lewis. Er hatte einen Sprachfehler, und wenn er etwas sagte, konnte man ihn kaum verstehen. Bei dem Vogel war es so ähnlich. Aber ich weiß, was er gesagt hat. Er sagte, meine Mutter stirbt.«
    Speedy legte einen Arm um Jacks Schultern, und sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander auf dem Bordstein. Der Tagesportier des Alhambra, blass, schmal und – wie es schien – voller Argwohn gegenüber jedem Lebewesen im Universum, erschien mit einem großen Packen Post. Speedy und Jack beobachteten, wie er zur Ecke Arcadia und Beach Drive ging und die Hotelpost in den Briefkasten stopfte. Er machte kehrt, bedachte Jack und Speedy mit seinem dünnen Blick und bog dann in die Auffahrt des Alhambra ein. Über der dichten Buchsbaumhecke war gerade noch sein Schädel zu erkennen.
    Das Öffnen und Schließen der großen Eingangstür war deutlich zu hören, und das Gefühl der herbstlichen Verlassenheit dieses Ortes traf Jack wie ein heftiger Schlag. Breite, menschenleere Straßen. Der lange Strand mit seinen leeren Dünen aus Zuckersand. Der leere Vergnügungspark, die Wagen der Achterbahn mit Planen abgedeckt in einem Verschlag, Vorhängeschlösser vor allen Buden. Ihm war, als hätte seine Mutter ihn an einen Ort am Ende der Welt gebracht.
    Speedy legte den Kopf in den Nacken und sang mit seiner klaren, vollen Stimme: Ich habe dagestanden … und habe herumgespielt … zu lang in dieser alten Stadt … der Sommer ist fast vergangen, der Winter steht bevor … der Winter steht bevor, und mir ist … als müsste ich wieder wandern …
    Er brach ab und sah Jack an.
    »Ist dir auch, als müsstest du wandern, Travelling Jack?«
    Er spürte bleierne Angst in den Knochen.
    »Ich denke schon«, sagte er. »Wenn es hilft. Ihr hilft. Kann ich ihr helfen, Speedy?«
    »Du kannst es«, sagte Speedy ernst.
    »Aber …«
    »Es gibt Dutzende von Aber«, sagte Speedy. »Ganze Wagenladungen von Aber, Travelling Jack. Ich verspreche dir keinen Sonntagsspaziergang. Ich verspreche dir keinen Erfolg. Verspreche nicht, dass du lebendig zurückkommst oder dass in deinem Kopf noch alle Schrauben festsitzen, wenn du es schaffst. Du musst einen Teil des Weges in der Region hinter dich bringen, weil die Region wesentlich kleiner ist. Hast du das bemerkt?«
    »Ja.«
    »Dachte ich mir. Schließlich hast du da unten auf der Straße einen tüchtigen Schluck genommen.«
    Jetzt fiel Jack eine Frage wieder ein, und obwohl sie nicht zum Thema gehörte, brauchte er eine Antwort. »Bin ich verschwunden, Speedy? Haben Sie gesehen, wie ich verschwand?«
    »Du warst auf einmal weg«, sagte Speedy und klatschte kurz in die Hände, »einfach so.«
    Jack spürte, wie ein langsames, unwillkürliches Lächeln seinen Mund verzog – und Speedy erwiderte es.
    »Das möchte ich einmal in Mr. Balgos Computer-Unterricht tun«, sagte Jack, und Speedy kicherte wie ein Kind. Jack folgte seinem Beispiel, und das Lachen tat gut, fast so gut, wie die Brombeeren geschmeckt hatten.
    Wenige Sekunden später wurde Speedy wieder ernst und sagte. »Es gibt einen Grund dafür, dass du in die Region musst, Jack. Dort ist etwas, das du holen musst. Etwas sehr Mächtiges.«
    »Und das ist dort drüben?«
    »Yeah-bob.«
    »Es wird meiner Mutter helfen?«
    »Ihr – und der anderen.«
    »Der Königin?«
    Speedy nickte.
    »Was ist es? Wo ist es? Wann werde ich …«
    »Halt! Hör auf!« Speedy hob eine Hand. Seine Lippen lächelten, aber seine Augen waren ernst, fast bekümmert. »Eins nach dem anderen. Und ich kann dir nicht sagen, was ich nicht weiß, Jack – oder was ich nicht sagen darf.«
    »Was Sie nicht sagen dürfen?« fragte Jack bestürzt. »Wer …«
    »Du fängst schon wieder an«, sagte Speedy. »Jetzt hör gut zu, Travelling Jack. Du musst so schnell wie möglich aufbrechen, bevor dieser Bloat hier auftaucht und dich kassiert …«
    »Sloat.«
    »Genau der. Du musst verschwinden, bevor er kommt.«
    »Aber er wird über meine Mutter herfallen«, sagte Jack und fragte sich, warum er das sagte – weil es wahr war oder weil es ihm einen Vorwand lieferte, die Reise zu vermeiden, die Speedy ihm vorsetzte wie eine möglicherweise vergiftete Mahlzeit. »Sie kennen ihn nicht. Er …«
    »Ich kenne ihn«, sagte Speedy leise. »Ich kenne ihn seit langem, Jack. Und er kennt mich. Er trägt mein Zeichen. Es ist verborgen, aber es

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