Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)
gutzumachen und bedeckte ihren Liebsten mit Küssen.
Dieser wiederum blieb ihr nichts schuldig und erwiderte jede Zärtlichkeit mit gleicher Hingabe. Ja, offenbar fühlte er sich sogar zum Gegenangriff aufgefordert, denn unter der Tarnung heftigen Schmusens war seine rechte Hand selbständig geworden und geschwind unter ihren Rock gefahren.
Judith lachte glockenhell auf und schenkte ihm einen gespielt strengen Blick.
„Aber Liebling, was fällt dir ein“, sagte sie mit verschmitztem Lächeln, „so war das auch wieder nicht gemeint; was soll denn der Herr Baron von uns halten!“
Endlich wusste dieser die Gelegenheit gekommen, anzusprechen, was ihm schon seit einer quälend langen Weile auf der Zunge brannte.
„Aber bitte, gnädigstes Fräulein“, setzte er mit Gönnermiene an, „Sie haben wahrlich keinen Grund, genant zu sein. Sie sehen vor sich einen der glücklichsten Männer auf Erden, denn gerade erst durfte ich ein wahrlich einmaliges Schauspiel erleben, bei dem Sie und Ihre Kameradinnen im allerschönsten aller Kostüme zu sehen waren. Jakob und ich haben Ihnen – beim Baden zugesehen!“
Judith erblasste, um gleich darauf heftig zu erröten.
„Ist das wahr? Sie Ungeheuer!“ Damit verbarg sie ihr Gesicht an Jakobs Brust.
„Das hättest du nicht tun dürfen“, sprach sie schmollend in Jakob hinein. „Wie kannst du mich derart bloßstellen? Verspürst du denn gar keine Eifersucht? Das solltest du nämlich. Und dann auch noch ausgerechnet heute, heute war ich ja ganz besonders – war ich so – lebhaft …“
Sie schluchzte auf, und Tränen begannen über ihr Antlitz zu rinnen. „Ach, Herr Baron, nicht wahr, Sie waren nicht die ganze Zeit zugegen, sie haben Ihren Platz verlassen, bevor die Nonne gegangen ist? Bitte, sagen Sie mir, dass es wahr ist, dass Sie nicht alles gesehen haben was ich tat, ich bitte Sie …“
Judith wand sich vor Verlegenheit und Hermann genoss diesen Anblick in vollen Zügen – ein Mädchen, dem die Schamesröte im Gesicht brennt, das sich entblößt sieht und gezwungen ist, ihre Maske der Tugendhaftigkeit fallen zu lassen und zu bekennen, welch lüsternes Weib sie ist.
„Nun, mein liebes Fräulein“, setzte Hermann behutsam an, ihre letzte Hoffnung zunichte zu machen, nicht ohne sich durch Blicke mit Jakob verständigt zu haben, „zu meinem größten Bedauern kann ich dieser Bitte nicht entsprechen. Denn zu meinem unsäglichen Entzücken bin ich nicht gegangen, als die Nonne den Saal verließ, und habe – alles gesehen, was geschah.“
Judith schluchzte entsetzt und vergrub sich noch tiefer in Jakobs tröstende Umarmung.
„Liebes“, flüsterte dieser zärtlich, „weine doch nicht. Hermann ist doch mein bester Freund und ich habe, wie ich dir schon sagte, keine Geheimnisse vor ihm. Und was die Eifersucht betrifft – dafür gibt es nicht den geringsten Grund. Denn er ist ja selbst ganz verrückt nach einer deiner Freundinnen, seit er sie zum ersten Mal gesehen hat. Rate mal, wer es ist!“
Wie es bei so jungen Frauenzimmern oft geschieht, schlug Judiths Stimmung blitzartig um. Sie sprang auf und augenblicklich fiel jede Schamhaftigkeit von ihr ab; sie war jetzt neugierig, sonst nichts.
„Nun sag schon, Jakob, sag wer es ist, oder Sie, Herr Baron, verraten Sie es mir, welche für Sie die Schönste war!“
Jakob neigte seinen Mund an ihr Ohr und flüsterte ihr leise den Namen zu. Judith jubelte daraufhin auf und klatschte begeistert in die Hände.
„Vesna! Natürlich Vesna, genau wie ich es mir dachte. Sie wird einfach hingerissen sein, wenn sie es erfährt.“
Nun hatte sich die junge Dame erwärmt und plauderte munter drauflos. „Geschätzter Baron, zu dieser Wahl kann ich Sie nur aufrichtig beglückwünschen; Vesna ist die Allerschönste in unserem Jahrgang und überhaupt im ganzen Institut, und überdies ist sie ein so nettes Mädchen. Und wie sie sich verzehrt nach Liebe! Erst unlängst, im vertrauten Gespräch unter Freundinnen, verriet sie mir ihr großes Geheimnis; sie meinte, sie würde wohl sterben vor Glück, wenn sie einmal – aber Grundgütiger, was rede ich nur, ich plaudere hier alles aus, das geht doch nicht – Jakob, Liebster, Jakob!“
„Was hast du nur, geliebtes Kind? Du kannst Hermann nun alles sagen, von dir und auch von Vesna. Erzähle ruhig, was sie dir verraten hat; jetzt, nachdem er dich im Bade bewundern durfte, gibt es wohl keinen Grund mehr, sich zu genieren.“
Judith wandte sich ab, im stillen Kampf mit sich
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